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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Ofen um die Ränder der Kiste herum und verwischte dabei auch geflissentlich alle Schleifspuren.
    Sie war eben damit fertig geworden, als auf der Kellertreppe Schritte laut wurden. «Herrin, seid Ihr etwa noch immer hier unten?» Franziska streckte den Kopf zur Tür herein. «Wir dachten, Ihr habet Euch inzwischen etwas hingelegt, aber …» Die Magd hielt inne. «Stimmt etwas nicht? Ihr seid ja ganz schmutzig und …»
    «Nein, alles in Ordnung», wehrte Adelina rasch ab. «Ich habe ein wenig in den Truhen gewühlt und die Zeit vergessen.» Erst jetzt fiel ihr der Brief wieder ein, und ihr Herz verkrampfte sich kurz, als sie an Neklas dachte und daran, dass er vielleicht gar nicht zu Unrecht im Gefängnis saß. Ihr wurde immer elender zumute. Sie wischte diese Gedanken beiseite und klopfte sich notdürftig ihr Kleid sauber. «Ich fürchte, ich muss mich umziehen», sagte sie in, wie sie hoffte, ruhigem Ton. «Ist Meister Jupp schon zurück?»
    «Nein.» Franziska schüttelte den Kopf und musterte sieweiterhin mit offensichtlicher Besorgnis. «Aber Magda hat bereits begonnen, das Abendessen vorzubereiten.»
    ***
    «Wir müssen uns wohl bis morgen gedulden», berichtete Jupp am Abend, nachdem er von seiner Suche nach Thomasius zurückgekehrt war. «Anscheinend ist mein Onkel in Gesellschaft dieses Pfaffen – Vater Emilianus – zu Besuch im erzbischöflichen Palast. Ich ließ ihm ausrichten, dass wir ihn zu sehen wünschen. Sollte er bis morgen Mittag nicht hier auftauchen, werde ich ihn persönlich da herausholen. Das fehlt nämlich noch, dass er sich hinter erzbischöflichen Mauern verschanzt. Aber zumindest eines habe ich herausgefunden.» Er verschränkte die Arme vor der Brust. «Thomasius ist gar kein richtiger Inquisitor.»
    «Nicht?», fragte Marie erstaunt. «Was denn dann?»
    Jupp verzog spöttisch die Lippen. «Nur ein Titular-Inquisitor. Das bedeutet, man nennt ihn so, aber er darf selbst keine Gerichtsverhandlung führen, ja, nicht einmal selbst als eigenständiger Ankläger auftreten. Das geht nur, wenn ein richtiger Inquisitor ihn unterstützt.»
    «Also ist seine Aussage hinfällig?»
    «Das leider nicht», schränkte Jupp ein. «Als Zeuge kann er jederzeit aussagen. Und irgendwann wird er wohl auch zum richtigen Inquisitor aufsteigen. Momentan jedoch scheint er sich erst einmal nur in seinem Titel zu sonnen.»
    Adelina starrte nur schweigend vor sich hin. Noch immer hatte sie ihren Fund nicht ganz verkraftet, und es fiel ihr zunehmend schwerer, den anderen gegenüber eine gleichmütige Miene aufzusetzen. Zudem hatte sie seit der Anstrengung mit der Kiste und der Falltür nun wieder leichte Rückenschmerzen, und das Kindchen in ihrem Bauch drehte sich ständig unruhig hin und her.
    Marie, die Jupp begleitet hatte, fasste nach ihrer Hand. «Dir geht es nicht gut, Adelina», stellte sie fest. «Du bist ganz blass, und so still wie heute Abend kenne ich dich auch nicht. Können wir irgendetwas für dich tun?»
    Um Fassung bemüht, schüttelte Adelina den Kopf. «Es ist nichts, Marie. Das ist alles nur ein bisschen viel für mich.» Sie streichelte ihren gewölbten Leib in der Hoffnung, das würde das Kind beruhigen. Stattdessen begann es jedoch zu strampeln und trat irgendwie unglücklich gegen ihre Wirbelsäule. Adelina stieß einen kurzen Schmerzenslaut aus.
    «Adelina!» Besorgt sprang Marie auf, und auch Jupp und die anderen fuhren alarmiert hoch. «Mit dir stimmt doch etwas nicht! Sind es vorzeitige Wehen, Gott behüte?» Marie blickte sich zu ihrem Mann um. «Jupp, wir brauchen eine Hebamme. Das Kind darf doch jetzt noch nicht kommen.»
    «Nein, Marie, das sind keine Wehen», wehrte Adelina ab und rieb sich mit verzerrten Lippen den Rücken. «Das Kind hat mich nur getreten und … Au!» Der erneute Tritt in ihre Rückengegend ließ ihr die Tränen in die Augen steigen.
    «Nichts da, Adelina. Wir holen sofort eine Hebamme», entschied Marie. «Mutter Anne wohnt nicht weit von hier. Ludowig kann …»
    «Nein, Marie, nicht Mutter Anne.» Adelina wischte sich mit dem Ärmel ihres Kleides über die Augen. «Ludmilla ist meine Hebamme.»
    «Aber Ludmilla lebt draußen vor der Stadt. Das wird viel zu lange dauern.»
    «Ludmilla», beharrte Adelina stur. «Wenn es schon sein muss, dann soll sie kommen.»
    «Also gut», sagte Jupp und ging zur Tür. «Ich nehme eines eurer Pferde und reite zu ihr. Und du ruhst dich jetzt sofort aus, Adelina. Was soll ich denn Neklas sagen, wenn er demnächst aus dem

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