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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Wahrscheinlich hatte er sich auch nicht allzu große Mühe gegeben, sie zu verstecken, da er nicht davon ausgegangen war, dass sie die geheime Falltür finden würde.
    Der Eispanzer, der sich nun noch fester um ihr Herz schloss, ließ sie heftig nach Atem ringen. Sie wollte nicht an diese Dinge denken. Wollte nicht glauben, was doch bei näherer Betrachtung so offensichtlich schien. Neklas hatte sie hintergangen und vielleicht tatsächlich all die schlimmen Dinge getan, die man ihm vorwarf. Doch wie sollte sie sich nun verhalten? Wenn sie Reese die Knochen übergab, war das Neklas’ Todesurteil. Aber was, wenn sie es nicht tat? Konnte sie seine Taten decken und einfach weiterleben mit dem Wissen, was er – wahrscheinlich – getan hatte?
    Nein, sie konnte Reese nichts über die Knochen sagen. Das brachte sie nicht über sich. Aber falls Neklas wirklich schuldig war, würde sie auch nicht mehr mit ihm leben können.
    Wie sollte es nun weitergehen? Sie hätte Neklas gerneauf ihren entsetzlichen Fund angesprochen, war sich aber sicher, dass man sie nicht noch einmal zu ihm lassen würde. Wohl oder übel würde sie morgen Jupp und Marie einweihen müssen. Vielleicht wussten die beiden einen Rat. Außerdem war es wichtig, dass Jupp Bescheid wusste, wenn er mit Thomasius sprach.
    Adelina zog sich ihre Decke bis zum Kinn hinauf. Das alles kam ihr mit einem Mal so sinnlos vor. Dennoch, sie würde alles versuchen, um Neklas aus dem Gefängnis freizubekommen. Wie es danach mit ihnen weitergehen würde, darüber konnte und wollte sie einfach nicht nachdenken. Ihr Herz schmerzte, und so zog sie, ohne darüber nachzudenken, Neklas’ Kissen zu sich heran und presste ihr Gesicht hinein. Es verströmte noch immer leicht seinen Geruch, und das war – trotz allem – irgendwie tröstlich. Sie umschlang das Kissen mit beiden Armen, schloss die Augen und lauschte auf den Nachtvogel, doch der hatte sein Lied inzwischen beendet.

17
    «Aha, wachst du also doch noch vor dem Frühstück auf», hörte Adelina die vertraute, leicht krächzende Stimme Ludmillas, als sie die Augen aufschlug. Die alte Frau saß auf einem Schemel neben dem Fenster, durch das bereits Licht und Sonnenschein des neuen Morgens hereinstrahlten. «Da hätt sich mein lieber Neffe ja gar nicht so eilen brauchen gestern Nacht», meinte sie und lachte keckernd. «Ich dacht schon, dein letztes Stündchen hätte geschlagen, als er so plötzlich vor meiner Tür stand. Aber ganz so schlimm scheint es ja wohl doch nicht zu sein, wie? Hast ja schon wieder ein bisschen Farbe. Hunger?»
    Adelina lauschte in sich hinein und nickte dann. «Guten Morgen, Ludmilla. Ich habe gar nicht gehört, wann du angekommen bist.»
    «Kein Wunder. Hast ja auch geschlafen wie ein Stein», antwortete die Alte. «Hast du dich gestern zu sehr angestrengt? Du müsstest es doch eigentlich besser wissen. In deinem Zustand solltest du ruhen, wann immer es geht. Hast doch genug Mägde, die die schwere Arbeit für dich verrichten können.»
    «Ich habe nicht schwer gearbeitet», widersprach Adelina, doch dann fiel ihr der gestrige Tag wieder ein, und sie verstummte. «Mir hat nur der Rücken wehgetan, und das Kind hat mich so hart getreten», fügte sie schließlich leise hinzu. «Ich wollte nicht, dass sie dich deshalb herholen.» Dann fiel ihr etwas ein. «Was ist mit deiner Hütte? Haben sie sie durchsucht? Ich meine …»
    «Ja, ja, sicher.» Ludmilla winkte ab. «Sie haben aber nix gefunden, wie ich vorausgesagt habe. Und wegen nichtskönnen sie mich ja nicht einsperren, also haben sie mich in Ruhe gelassen. Vorläufig jedenfalls. Dem Hauptmann da unten in deiner Küche war es allerdings wohl nicht sehr recht, dass ich hergekommen bin. Er hat zwar nichts gesagt, aber sein finsterer Blick hätte mich fast durchbohrt.» Wieder lachte Ludmilla. «Einen derart verbiesterten Mann habe ich in meinem Leben noch nicht getroffen. Na ja, mal abgesehen von meinem Bruder, aber das ist etwas anderes. Wie kommt es überhaupt, dass Greverode hier persönlich Wachdienst verrichtet? Ist das nicht unter seiner Würde?»
    Adelina zuckte mit den Schultern. «Er wollte es so», antwortete sie und weckte damit ganz offensichtlich Ludmillas Interesse, deshalb erklärte sie: «Reese sagt, Greverode habe sich vor den Schöffen dafür eingesetzt. Angeblich, um mir möglichen Ärger mit fremden Soldaten zu ersparen.»
    «Wegen dessen, was damals mit deiner Magd passiert ist?»
    «Und mit meinem Vater.»
    Nachdenklich tippte

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