Frevel im Beinhaus
um Euch zu warnen. Eure unbedachten und unverschämten Worte gegenüber Vater Emilianus könnten schlimme Folgen fürEuch haben.» Er drehte sich zu Greverode um. «Für Euch ebenfalls, Herr Hauptmann.»
Mit zwei Schritten war Greverode neben ihm und starrte ihn erbost an. «Ist es nicht genau das, was Ihr herausgefordert habt? Was sollen wir denn Eurer Meinung nach tun? Wollt Ihr ein falsches Geständnis von Meisterin Burka erpressen?»
Thomasius machte ein empörtes Gesicht. «Bei allen Heiligen; nichts liegt mir ferner! O nein, wie ich schon sagte: Ich will Euch warnen. Kehrt umgehend auf den rechten Weg zurück, denn sonst besteht die Gefahr, dass Ihr in den Kreis der teuflischen Dämonenbeschwörer hineingezogen werdet!»
«Was für einen Kreis meint Ihr?», wollte Adelina verärgert wissen. «Ihr habt doch Euren Schuldigen längst ins Gefängnis gebracht und schert Euch nicht im mindesten darum, dass der wahre Mörder noch frei herumläuft.»
Thomasius blickte mit überlegener Miene auf sie herab. «Meine Tochter, Ihr seid wohl noch nicht lange genug auf dieser Welt, um zu begreifen, dass das Böse – und in seiner schlimmsten Ausformung sind es jene, die unheilige Künste anwenden, um sich höllischen Beistand zu erheischen – niemals nur eine einzelne Person in seinen Bann zieht. Wie Vater Emilianus bereits sagte, seid auch Ihr selbst, die dem unseligen Einfluss tagtäglich ausgesetzt wart, in größter Gefahr, Euch dem Gottseibeiuns zu verschreiben. Deshalb tut, was getan werden muss, um Eure Seele – und vielleicht auch die Eures Gemahls – vor den Qualen des ewigen Fegefeuers zu erretten!»
Adelina starrte ihn erzürnt an. «Ihr seid ja verrückt geworden, Bruder Thomasius! Verlasst sofort mein Haus, sonst lasse ich Euch hinauswerfen. Ihr widert mich an! Wie kann ein einzelner Mann derart niederträchtig sein? Reicht es Euch wirklich nicht, dass Neklas in einer kalten Gefängniszellesitzt und auf eine Verurteilung für etwas wartet, das er niemals getan hat? Wollt Ihr nun auch noch mich vernichten und obendrein meine Familie?» Sie holte zitternd Luft. «Ich sage Euch etwas, Bruder Thomasius: Ihr seid zehnmal schlimmer als der schlimmste Ketzer, denn Ihr seid erst glücklich, wenn Ihr das Glück und Leben anderer zerstört habt. Verschwindet von hier und kommt mir nie wieder unter die Augen!»
Thomasius ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. In seinem altbekannten salbungsvollen Ton sagte er: «Ich füge mich Eurem Wunsch und werde nun wieder gehen. Aber denkt an meine Worte: Wer die Dämonen ruft, ist damit selten allein. Gebt auf Euch acht und und wendet Euch gegen das Böse.»
Adelina fuhr auf und packte den Dominikaner an seinem Habit, das wie immer in makellosem Weiß erstrahlte. «Hört auf damit! Ich sage es Euch zum letzten Mal, Bruder Thomasius. In unserem Hause hat niemals das Böse geherrscht. Und wenn Ihr noch so sehr auf Neklas’ Vergangenheit herumhackt und sie als Vorwand für Eure Anschuldigungen benutzt: Er hat weder die Knochen aus dem Beinhaus gestohlen, noch die Schustersfrau umgebracht. Und ich schwöre Euch, ich werde es beweisen. Sollte Vater Emilianus ihn dennoch verurteilen lassen, werde ich dafür sorgen, dass Ihr Eures Lebens nicht mehr froh werdet.»
«Was ist denn hier los? Adelina, warum schreist du so?», erklang in diesem Moment von der Tür her Ludmillas Stimme. Neugierig trat sie ein. «Ach, mein geliebter Bruder Thomas», sagte sie eisig, als sie den Besucher erkannte. «Das hätte ich mir ja denken können. Setzt du der armen Adelina schon wieder zu? Was denkst du dir bloß dabei? Hast du sie und ihre Familie nicht schon in genug Schwierigkeiten gebracht? Musst du es tatsächlich bis auf die Spitze treiben?»
«Ludmilla.» Mehr sagte Thomasius nicht, doch seiner Stimme war die Abneigung gegen seine Schwester mehr als deutlich anzumerken. Er wandte sich sogleich wieder Adelina zu. «Geht in Euch», empfahl er mit einem fast schon sardonischen Lächeln. «Und denkt über meine Worte nach. Bisher ist Euer Gemahl nicht verurteilt, denn es fehlt ja noch der letzte Beweis, das Werkzeug des Teufels, mit der die Frau des Schusters getötet wurde. Aber es wird hoffentlich nicht mehr lange dauern, bis es gefunden ist. Ich bin sicher, Ihr werdet ebenfalls darauf hoffen, dass es alsbald wieder auftaucht, da Ihr ja nur das Beste für Euren Gemahl wollt.»
«Das Beste?» Nun war es offenbar auch um Greverodes Geduld geschehen. Grob packte er Thomasius am Arm und schob
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