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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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gleichzeitig eines plötzlichen Anflugs von Sympathie nicht erwehren.
    Der Regen wurde immer stärker, sodass sie sich in dem Gewirr kleiner Gässchen hinter dem Dominikanerkonvent nach einem Hauseingang umsahen, in dem sie sich unterstellen konnten.
    «Hier», rief Reese und winkte ihr, ihm unter das Vordach einer kleinen Schänke zu folgen. Hineingehen konnten sie nicht, denn durch die geöffnete Tür sah man, dass der Regen bereits so viele Männer in die Gaststube getrieben hatte, dass kaum noch ein Stehplatz frei war. Eine dicke Magd quetschte sich, die Arme voller Bierkrüge, durch diesen sicher höchst willkommenen Ansturm von Kunden.
    In Sturzbächen leerten die Wolken ihre Last über Köln aus. Der Schauer war glücklicherweise so schnell vorüber, wie er begonnen hatte. Als es nur noch leicht nieselte, machte Reese Adelina ein Zeichen weiterzugehen. Nach wenigen Schritten blieb sie jedoch an der Auslage eines Eisenschmieds stehen, dessen Werkstatt gleich an die Schankstube angrenzte. Er hatte die Fensterläden zur Gasse hin weit geöffnet und einige seiner Arbeiten auf einer Lade ausgestellt. Eine dürre grauhaarige Frau – sein Eheweib vermutlich – saß daneben und hielt Ausschau nach Kundschaft. Um sich dabei die Zeit zu vertreiben, hatte sie eine Schüssel mit Erbsen auf dem Schoß, die sie ohne hinzusehen aus den Schoten pulte.
    Da sie in der augenscheinlich gut betuchten Adelina Interesse an ihren Waren witterte, stellte sie die Schüssel rasch beiseite und erhob sich.
    «Erstklassige Nägel, gute Frau», begann sie in schmeichlerischemTonfall. «Werkzeug, Schürhaken … Vielleicht benötigt Ihr eine neue Schöpfkelle?» Sie deutete auf einige solide gearbeitete Küchenutensilien. «Mein Mann fertigt auch sehr schöne Töpfe und Pfannen, die sogar in patrizischen Küchen benutzt werden.»
    Adelina nickte abwesend. «Sehr schön», murmelte sie. Ihre Aufmerksamkeit galt jedoch etwas anderem. «Was sind das dort hinten für Klingen?», wollte sie wissen und deutete auf einen Korb im Inneren der Werkstatt, der seitlich auf einem Schemel abgestellt worden war.
    Über die dünnen Lippen der Frau ging ein feines Lächeln. «Oh, das, liebe Frau, sind Messer. Köbes!», keifte sie schrill, woraufhin ein kahlköpfiger kleiner Mann von kräftiger Statur ans Fenster trat. «Gib mir mal den Korb heraus. Die wohledle Frau will unsere Messer sehen.»
    Der Schmied nickte und reichte ihr den Korb.
    Seine Frau wandte sich wieder an Adelina. «Seht her, gute Frau. Dies sind Klingen von bester Qualität. Solide und scharf. Nicht wahr, Herr, auch Ihr seht, wie kunstvoll sie gearbeitet sind.» Nun trat Reese gezwungenermaßen näher, gab jedoch keine Antwort. Auch Adelina schwieg, denn so zweckmäßig die dargebotenen Messer sein mochten – ihre Verarbeitung kunstfertig zu nennen, war weit übertrieben. Sie hatte aber eine Idee gehabt, die ihr nicht mehr aus dem Sinn ging. Sie befanden sich hier in einer ärmlichen Gegend. Einige Straßen weiter war der Berlich und die Schwalbengasse – eines der übel beleumdeten Viertel Kölns. Wo, wenn nicht hier, würde man besser an Informationen über jene Spießgesellen gelangen, von denen Endres gesprochen hatte? Und wo sonst könnte man in Erfahrung bringen, ob ein gewisses, möglicherweise gestohlenes Messer irgendwo aufgetaucht war?
    Adelina war sich bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs sehr gering war, dennoch beschloss sie, es zu versuchen.Reese neben ihr räusperte sich deutlich hörbar. «Frau Adelina, wir müssen weiter. Sicher könnt Ihr ein andermal …»
    «Einen Moment noch, Herr Reese», unterbrach sie ihn mit einem bittenden Lächeln. «Ich habe eine Frage an die gute Frau hier.» Sie blickte dem Weib des Schmieds freundlich ins Gesicht und senkte etwas die Stimme. «Diese Messer sind gewiss nicht schlecht, aber ich bin auf der Suche nach etwas …» Sie hielt bedeutsam inne. «Etwas noch Kunstfertigerem, Ihr versteht, was ich meine? Es muss nicht neu sein. Ein gebrauchtes Messer täte es auch, wenn es geschärft wurde und wenigstens ein paar Verzierungen am Griff aufwiese. Ich möchte es nämlich gern verschenken …»
    Das Weib des Schmieds verstand und erwiderte ihr Lächeln mit einem verschwörerischen Zwinkern. «Aber ja, gewiss. So etwas haben wir zufällig vorrätig. Köbes!», schrie sie erneut, und wieder erschien der Schmied am Fenster. «Den anderen Korb. Du weißt schon, der unter dem Regal …»
    «Ja, ja, schon gut, Else. Plärr nich

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