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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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beende ich den Satz.
    Das trifft zu und ist für mich eine Quelle wachsender Besorgnis; ich stand heute Nachmittag mehrmals vor der Tür seiner Kammer unter dem Dach, sie war immer verschlossen. Außerdem habe ich Castelnau einige Male unter einem Vorwand in seinem Arbeitszimmer gestört und Dumas’ Schreibtisch jedes Mal leer vorgefunden, bis ich fürchtete, Verdacht zu erregen, wenn ich zu oft dort auftauche. Am späten Nachmittag zeigte sich sogar der Botschafter besorgt über die Abwesenheit seines Sekretärs und sprach davon, Dienstboten auszuschicken, um nach ihm zu suchen; er fürchtete, Dumas könnte, wie ich es vorgegeben habe, einem ausländerfeindlichen Anschlag zum Opfer gefallen sein – meine Befürchtungen gehen indessen in eine andere Richtung. Er befand sich heute Morgen in einem Zustand hochgradiger Aufregung, war von Schuldgefühlen und Furcht wegen seiner Beteiligung am Diebstahl von Maria Stuarts Ring zerfressen – so viel weiß ich. Wovor fürchtete er sich aber genau? Er sagte zwar, er hätte den Ring des Geldes wegen genommen, jedoch habe ich Dumas nie für einen Gelegenheitsdieb gehalten – hat ihn dann jemand bezahlt, um den Ring zu stehlen? Dieselbe Person, die ihn später Cecily Ashe als Liebesgabe schenkte? Was mag Dumas getan haben, nachdem Marie ihn der Chance beraubt hatte, mir alles zu gestehen und mich um Rat zu bitten? Hat er sein Geheimnis jemand anderem anvertraut? Hat er die betreffende Person namentlich genannt, und, wichtiger noch, wusste derjenige das? Ich fürchte um seine Sicherheit, und genauso sehr fürchte ich, dass ein Teil der Lösung des Rätsels mit ihm verschwunden sein könnte.
    »Vielleicht hat er sich abgesetzt«, wirft Courcelles glatt ein. »Was er aus den Briefen des Botschafters erfahren hat, kann einigen Leuten eine Menge Geld wert sein, und Dienstboten lechzen immer nach ein paar zusätzlichen Münzen. Man kann ihnen nicht trauen.« In seiner Stimme schwingt ein provozierender Unterton mit, der mich veranlasst, ihm einen forschenden Blick zuzuwerfen. Kann es sein, dass er etwas über Dumas weiß, oder versucht er nur, mich nervös zu machen? Freilich weiß ich nicht, wie weit die Komplizenschaft zwischen ihm und Marie geht. Wie viel mag sie heute Morgen vor meiner Tür mit angehört haben?
    »Dumas ist ein ehrlicher Mann«, fauche ich zurück, steige vorsichtig aus dem Boot und rutsche fast auf den glitschigen Stufen aus. »Ehrlicher als viele, die ich kenne.« Courcelles macht keine Anstalten, mir behilflich zu sein. Marie fröstelt.
    »Ach, hört auf, euch zu zanken«, mahnt sie ungeduldig. »Er ist nur ein Sekretär. Entweder taucht er wieder auf oder nicht. Und jetzt lasst uns gehen, damit wir aus diesem Wind herauskommen.«
    Ein Haushofmeister führt uns durch die große Halle von Arundel House, vorbei an der kostbaren Wandvertäfelung mit Faltwerk aus Linnen und vorbei an den kunstvoll geschmiedeten Rüstungen, bis wir in einen Gang mit grün und goldfarben bemalten Wänden gelangen. Am Ende sehe ich eine schwere Eichenholztür, die gerade so weit offen steht, dass man Regale voller schön gebundener Bücher erkennen kann.
    »Was ist das für ein Raum?«, frage ich den Haushofmeister, dabei zeige ich zum Ende des Korridors. Er bleibt stehen und dreht sich halb um, sichtlich verdrossen darüber, aufgehalten worden zu sein.
    »Das ist Lord Arundels Privatbibliothek«, erwidert er, fast ohne die Lippen zu bewegen. »Wir müssen uns beeilen. Der Earl und Lord Howard erwarten Euch.« Die Betonung, die er auf das Wort »privat« gelegt hat, ist mir nicht entgangen, aber mein Herz hämmert in meiner Brust, als ich der Tür einen letzten Blick zuwerfe. Ehe wir das Ende des Ganges erreichen, klopft der Haushofmeister formell an eine in die Täfelung eingelassene Tür und tritt mit einer Verneigung in einen warm erleuchteten Raum mit einer hohen, verzierten Decke und zwei fast wandhohen Fenstern. Hier ist ein langer Tisch mit Silbergeschirr und vielarmigen Kerzenleuchtern gedeckt, in denen flackernde Wachskerzen brennen. Erleichtert registriere ich, dass der Steinfußboden dick mit duftenden Binsen bestreut ist. Genau darauf hatte ich gehofft. Wie es aussieht, haben wir uns etwas verspätet, die anderen sind bereits versammelt, und als wir eintreten, erheben sie sich, um uns zu begrüßen. Philip Howard kommt mit ausgetreckter Hand auf uns zu. Neben ihm geht ein zottiger weißer Hund, offenbar ein Talbot Hound, und streckt argwöhnisch die Nase vor. Er reicht

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