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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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Handbewegung, als habe er gerade ein Geschäft abgeschlossen und einen Vertrag unterzeichnet. Es ist diese Art, über das Leben anderer Menschen bestimmen zu wollen, die mich so gegen ihn einnimmt. Ich könnte darauf wetten, dass er sich schon neben Maria Stuart auf dem Thron sieht.
    Marie beugt sich vor, als wollte sie erneut das Wort ergreifen, doch in diesem Augenblick gibt der Hund unter dem Tisch ein unverkennbares Rülpsen von sich, und alle drehen sich zu mir um.
    »Doktor Bruno.« Howard setzt erneut sein falsches Lächeln auf. »Das Papier, wenn ich bitten darf.« Er streckt die Hand nach der Karte aus, die ich noch immer studiere. Widerstrebend schiebe ich sie ihm hin.
    »Wir haben Euch noch gar keine Gelegenheit gegeben, Eure Pflicht zu erfüllen und uns die Ansichten des Botschafters vorzutragen«, fährt Howard fort. »Bitte tut Euch keinen Zwang an – wenn Ihr Euch dazu in der Lage fühlt.« Seine eisige Höflichkeit könnte die Trauben an den Reben verdorren lassen, als er den Blick viel sagend auf mein Weinglas heftet. Mein Pulsschlag beschleunigt sich. Mein Plan hängt jetzt von der Vorstellung ab, die ich in den nächsten Minuten abliefere. Ich kann Mendozas beißende Verachtung förmlich spüren, als er mich vom anderen Ende des Tisches her finster anfunkelt.
    Also zähle ich, das Glas in der Hand, Castelnaus inzwischen abgedroschen klingende Argumente gegen eine überstürzte Ausführung der Invasionspläne auf – dass der Herzog von Guise ohne die Erlaubnis und Billigung von König Henri handelt, dass immer noch die Chance besteht, einen Vertrag zwischen Elisabeth und Maria zustande zu bringen, dass die diplomatischen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft sind und Rom zu viel Macht in die Hände gegeben werden würde und so weiter – doch ich leiere die einzelnen Punkte so trunken nuschelnd herunter, dass Howard angewidert das Gesicht abwendet. Courcelles scheint, wie ich aus dem Augenwinkel heraus bemerke, meine Vorstellung erfreut zu verfolgen; ich sehe ihn schon vor mir, wie er triumphierend zu Castelnau läuft, um zu berichten, was passiert, wenn man seine Privatangelegenheiten einem abtrünnigen Italiener überträgt und nicht seinem Sekretär, wie es das Protokoll verlangt. Normalerweise hätte ich eine solche Verletzung meiner Würde nicht hingenommen, aber es steht zu viel auf dem Spiel, um auf solche Empfindlichkeiten Rücksicht zu nehmen, außerdem ist es äußerst unwahrscheinlich, dass ich in nächster Zukunft noch einmal nach Arundel House eingeladen werde. Fowler betrachtet mich nur mit seiner unbewegten, besorgten Miene und presst die Finger gegen die Lippen.
    Ich beende meinen Auftritt mit einer alles umfassenden Handbewegung, die mein Weinglas durch die Luft fliegen und wie beabsichtigt neben mir auf dem Boden zerschellen lässt, was den in die Binsen vergossenen Wein erklären soll. Der Hund zieht sich winselnd in eine Ecke des Raums zurück. Er sieht aus, als ginge es ihm nicht gut. Henry Howard kann seinen Zorn kaum noch zügeln; sein Schnurrbart zuckt Unheil verkündend.
    »Keine Sorge, Doktor Bruno, die Diener werden sich morgen um dieses … Malheur kümmern«, beruhigt mich Philip Howard mit formvollendeter Höflichkeit und winkt mit der Hand ab.
    »Und danke, dass Ihr Lord Castelnaus Ansichten in Eurer eigenen unvergleichlichen Weise Ausdruck verliehen habt«, fügt Henry Howard hinzu. Mendoza lacht nur und schiebt seinen Stuhl zurück.
    Ich bemerke, dass meine kleine Vorstellung die Spannung im Raum gelockert hat; die Leute werden unruhig, als würden sie ungeduldig zum Aufbruch drängen. Die Kerzen sind fast zu Stummeln heruntergebrannt, und ich habe keine Ahnung, wie spät es ist. Gleichwohl, es wird Zeit für mein Finale. Ich drücke eine Hand an mein Gesicht, sacke dann auf meinem Arm über dem Tisch zusammen und lasse den Mund leicht offen stehen.
    »Ist alles in Ordnung mit ihm?«, fragt Philip Howard nach einer Schrecksekunde. Eine Hand stößt mich zaghaft an.
    »Ach, um Himmels willen«, explodiert Henry Howard. »Sie haben keinerlei Selbstbeherrschung, wie Ihr seht. Genau wie ich es immer gesagt habe. Schwelgen in den Freuden des Fleisches.« Bei den letzten Worten verzieht er voller Abscheu den Mund.
    Mit einer gequälten Miene schließe ich die Augenlider und frage mich, wen er mit »sie« meint. Dominikaner? Ketzer? Italiener? Jetzt erklingt Maries scharfe, ungeduldige Stimme:
    »Wie sollen wir ihn in diesem Zustand nach Salisbury Court

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