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Frevelopfer

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Titel: Frevelopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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häufigsten angerufen hatte.
    »Ich habe ihm vorgeschlagen, in die Sportbar zu gehen, um die englischen Fußballübertragungen anzuschauen. Wir gehen … Wir gingen manchmal samstags dorthin. Daraufhin hat er gesagt, er hätte etwas vor, aber er hat nicht gesagt, was.«
    »Und er hörte sich ganz normal an?«
    »Ja, wie immer«, sagte Eðvarð.
    »Seid ihr manchmal zusammen ins Fitnessstudio gegangen?«
    »Ja, ich bin das ein oder andere Mal mit ihm hingegangen. Ich habe aber nur Kaffee getrunken, ich mache kein Fitnesstraining.«
    »Hat er dir gegenüber jemals seine Eltern erwähnt?«, fragte Elínborg.
    »Nein, nie.«
    »Hat er jemals etwas über seine Kindheit gesagt oder über den Ort, in dem er aufgewachsen ist?«
    »Nein.«
    »Worüber habt ihr euch unterhalten?«
    »Fußball und so etwas. Filme. Ganz normale Sachen. Nichts Besonderes.«
    »Frauen?«
    »Manchmal.«
    »Wie war so ganz allgemein seine Einstellung zu Frauen?«
    »Die war in keiner Weise besonders oder unnormal. Er war kein Frauenhasser, er war einfach ganz normal. Wenn er ein hübsches Mädchen sah, hat er das auch kommentiert. Wie wir es alle machen.«
    »Er interessierte sich für Kino.«
    »Ja, vor allem für amerikanische Actionfilme.«
    »Mit Superhelden?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Er fand sie klasse. Ich auch. Das hatten wir eben auch gemeinsam.«
    »Hast du auch welche bei dir an der Wand hängen?«
    »Nein.«
    »Leben die nicht alle ein Doppelleben?«
    »Wer?«
    »Diese Superhelden.«
    »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    »Sind das nicht meist gewöhnliche Menschen, die sich in jemand anderen verwandeln? In einer Telefonzelle eine andere Gestalt annehmen? Ich kenne mich da nicht so aus.«
    »Ja, vielleicht.«
    »Hat dein Freund ein Doppelleben geführt?«
    »Darüber weiß ich nichts.«

Zehn
    Es gab einige wenige Restaurants in Reykjavík mit indischer Küche, und Elínborg kannte sie alle genau. Auf der Suche nach der Besitzerin des Tuchs klapperte sie diese Restaurants der Reihe nach ab. Sie hatte das Tuch dabei und zeigte es den Angestellten in den Restaurants. Der fernöstliche Gewürzgeruch hatte sich inzwischen verflüchtigt. Niemand konnte sich daran erinnern, es je gesehen zu haben. Elínborg konnte die Belegschaft der eher kleinen Restaurants, die meist in Familienbesitz waren, ohne große Mühe ausschließen. Alle konnten genau sagen, wo sie gewesen waren, als Runólfur ermordet worden war. In den meisten Lokalen gab es Stammgäste, und die Polizei befragte sie, aber auch dabei kam nichts heraus. Das Gleiche galt für die wenigen Inder, die in Island lebten. Die Polizei stellte bald fest, dass niemand von ihnen etwas mit dem Fall zu tun haben konnte.
    Elínborg kannte nur ein Geschäft, das Tandoori-Töpfe und anderes Zubehör für die indische Küche führte, ebenso wie Gewürzmischungen und diverse Öle. Sie kaufte selbst dort ein und kannte die Inhaberin, die auch die einzige Angestellte war, eine Isländerin, die Jóhanna hieß und etwa in Elínborgs Alter war. Jóhanna hatte ein sehr offenes Wesen und erzählte ihren Kunden gern etwas über sich selbst. Deshalb wusste Elínborg, dass Jóhanna in jungen Jahren lange durch Asien gereist war. Indien war ihr Traumland. Sie hatte zwei Jahre dort gelebt, bevor sie wieder nach Island zurückgekehrt war und ihren kleinen Asien-Shop eröffnet hatte.
    »Ich verkaufe nicht viele Tandoori-Töpfe«, erklärte Jóhanna. »Höchstens einen oder zwei pro Jahr. Einige verwenden sie auch gar nicht zum Kochen, sondern nur als Dekoration.«
    Sie wusste von Elínborgs Arbeit bei der Kriminalpolizei und auch von ihrer Kochleidenschaft. Sie lobte noch einmal ihr Kochbuch. Elínborg hatte ihr gesagt, dass sie nach einer jungen Frau um die dreißig suchte, die sich für indische Küche interessierte. Mehr hatte sie ihr nicht gesagt und auch nicht erwähnt, in welchem Zusammenhang sie nach der jungen Frau suchte. Jóhanna war aber viel zu neugierig, um sich damit zufriedenzugeben.
    »Was willst du von dieser Frau?«, fragte sie.
    »Es hängt mit einer Rauschgiftermittlung zusammen«, antwortete Elínborg und fand, dass sie damit ziemlich nah an der Wahrheit geblieben war. »Vielleicht geht es ja auch gar nicht so sehr um die Töpfe, sondern ganz allgemein um die Gewürze. Safran, Koriander, Annatto, Garam Masala, Muskat. Gibt es jemanden, der diese Gewürze regelmäßig bei dir kauft, eine dunkelhaarige Frau, wahrscheinlich um die dreißig?«
    »Eine Rauschgiftermittlung?«
    Elínborg

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