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Frevelopfer

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Titel: Frevelopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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zu dir gekommen ist, vor etwa einem halben Jahr. Du hast ausgesagt, dass du ihn nicht kennst, ihn nie zuvor gesehen hast. Angeblich hat ein Verwandter von ihm ihn an dich verwiesen. Bleibst du dabei?«
    »Ja.«
    »Es ist außerordentlich wichtig, dass du in diesem Fall die Wahrheit sagst.«
    »Lass mich in Ruhe. Ich habe nichts mehr dazu zu sagen. Es interessiert mich nicht, was für einen Fall ihr da untersucht. Mir ist es ehrlich gesagt scheißegal, was wichtig für dich ist und was nicht. Fahr mich nach Hause.«
    Sie schwiegen den Rest des Weges, und als sie an seinem Wohnblock angekommen waren, stieg Valur grußlos aus und schlug die Wagentür zu. Gedankenverloren fuhr Elínborg nach Hause. Ein ausländischer Schlager mit einer Sängerin, die Elínborg früher sehr bewundert hatte, erklang aus dem Radio. Ich flüstre deinen Namen, doch die Antwort bleibt aus. Sie dachte an Eðvarð und das junge Mädchen aus Akranes. Gab es da tatsächlich eine Verbindung, wusste er etwas über ihr Verschwinden vor sechs Jahren? Eðvarð war nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, das hatte sie eigens recherchiert. Seine Verbindung zu Runólfur konnte ein Schlüssel sein zu dem, was in Runólfurs Wohnung geschehen war. Vielleicht durfte man aber auch nicht allzu viel darauf geben, dass Eðvarð vor einem halben Jahr Rohypnol unter dem Namen seines Freundes gekauft hatte. Es war denkbar, dass Eðvarð seinen Freund mit Narkotika versorgt hatte. Wann hatte das begonnen? Zu welchem Zweck? Setzte Eðvarð die Droge auch selbst ein? Wer war der Mann, den Petrína beobachtet hatte? Elínborg nahm Petrínas Aussage ernst, auch wenn einiges daran neue Fragen aufwarf. Weshalb war er so in Eile gewesen? Hatte er etwas gesehen? Stand er in Verbindung zu der Frau mit dem Tuch, das nach Tandoori geduftet hatte? Die Wahrscheinlichkeit war sehr groß, dass sie in der Mordnacht in Runólfurs Wohnung gewesen war. War dieser Mann mehr als nur ein Zeuge? War er derjenige, der Runólfur die Kehle durchgeschnitten hatte?
    Sie parkte das Auto vor ihrem Haus, stieg aber nicht gleich aus. Ihr gingen alle möglichen Fragen durch den Kopf, auf die sie keine Antworten fand. Sie hatte ein schlechtes Gewissen ihrer Familie gegenüber, denn sie hatte sie in den letzten Tagen vernachlässigt. Sie war kaum noch zu Hause, und in den wenigen Stunden, in denen die Familie zusammenkam, war sie in Gedanken immer noch bei der Arbeit. Sie fand es schlimm, aber sie konnte nichts dagegen tun. So waren die schwierigen Fälle. Sie ließen einen nicht los. Mit den Jahren steigerte sich ihr Bedürfnis nach der Ruhe, die mit ihrem und Teddis Familienleben verbunden war. Sie hätte sich gerne mit Theodóra zusammengesetzt und ihr beim Stricken geholfen. Sie hätte gerne mehr Zugang zu Valþór gehabt, um zu verstehen, wie es war, sich in einen jungen Erwachsenen zu verwandeln, der in absehbarer Zeit von zu Hause ausziehen würde. Vermutlich würde sich der Kontakt dann auf das ein oder andere Telefongespräch reduzieren, in dem sie sich nichts zu sagen haben würden. Sporadische Besuche. Vielleicht hatte sie ihn in den schwierigen Jahren der Pubertät vernachlässigt, weil sie trotz allem die Arbeit immer hatte vorgehen lassen, sie hatte von früh bis spät Vorrang gehabt, sogar vor der eigenen Familie. Sie wusste, dass das nicht rückgängig zu machen war, aber sie konnte versuchen, etwas wiedergutzumachen. Vielleicht war es aber auch zu spät. Vielleicht würde sie nur noch über seinen Blog etwas von ihm erfahren. Sie wusste nicht mehr, wie sie sich ihm nähern sollte.
    Im Büro hatte sie ganz kurz auf seine Blogseite geschaut, wo er sich über ein Fußballspiel ausgelassen hatte, das er im Fernsehen gesehen hatte, sowie über eine politische Diskussion in einer populären Talkshow über Umweltschutz. Er stellte sich eindeutig auf die Seite des Kapitals, soweit Elínborg verstand. Er äußerte sich über einen Lehrer an der Schule, auf den er sauer war, und schließlich über seine Mutter, die ihn nie in Ruhe lassen konnte, genauso wenig wie seinen Bruder, der zu seinem richtigen Vater in Schweden geflüchtet war. »Ich beneide ihn wahnsinnig«, hatte Valþór geschrieben. »Ich würde am liebsten auch von zu Hause ausziehen. Ich habe keinen Bock mehr.«
    Auf was, hatte Elínborg gedacht, wir haben seit Wochen nicht mehr miteinander gesprochen.
    Elínborg klickte »Kommentieren (1)« an, und drei Worte sprangen ihr entgegen:
    »Mütter sind ätzend.«

Achtzehn
    Der Mann

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