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Frevelopfer

Frevelopfer

Titel: Frevelopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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angerufen«, sagte Nína. Das Aufnahmegerät im Verhörzimmer summte. Elínborg blickte sie an. Was sie sagte, war zum Schluss zwar unzusammenhängend geworden, klang aber glaubwürdig. Sie geriet erst ins Stocken, als sie beschrieb, was geschehen war, nachdem sie in einer unbekannten Wohnung aufgewacht war und Runólfurs Leiche gefunden hatte.
    »Du hast nicht die Polizei anrufen wollen?«, fragte Elínborg.
    »Ich war total in Panik«, sagte Nína. »Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich konnte nicht logisch denken. Mir ging es entsetzlich. Vielleicht lag es daran, dass die Wirkung der Droge nachließ, ich weiß es nicht. Ich war … Ich war mir sicher, dass ich das getan haben musste. Ich war mir ganz sicher. Und ich hatte furchtbare Angst. Mir fiel gar nichts anderes ein, als zu Hause anzurufen und dann zu versuchen, alles geheim zu halten. Das Widerwärtige zu verschleiern. Ich wollte nicht, dass irgendjemand davon erfuhr, dass ich dort gewesen war. Dass ich das getan hatte. Mir … Ich konnte das einfach nicht zu Ende denken, das ging einfach nicht. Papa stellte sich auf meine Seite. Ich habe ihn dazu gebracht, alles zu verheimlichen. Ihm ging es nur um mich, das müsst ihr mir glauben. Er ist kein schlechter Mensch. Er hat es für mich getan.«
    »Du bist überzeugt, dass Runólfur dir eine Droge ins Bier getan hat?«
    »Ja.«
    »Hast du ihn dabei beobachtet?«
    »Nein, sonst hätte ich das Glas ja wohl kaum angerührt.«
    »Nein, sicher nicht.«
    »Ich habe noch nie Drogen genommen, und ich nehme auch keine Medikamente. Und ich war nicht betrunken. Das war etwas ganz anderes.«
    »Wenn du dich gleich mit uns in Verbindung gesetzt hättest, wäre es wahrscheinlich möglich gewesen, das Rohypnol nachzuweisen. Aber das geht jetzt nicht mehr. Verstehst du das?«
    »Ja«, sagte Nína, »ich weiß.«
    »Hast du vielleicht noch jemand Dritten in der Wohnung bemerkt?«
    »Nein.«
    »Oder hast du jemanden bemerkt, der in dem Lokal mit Runólfur zusammen war?«
    »Nein.«
    »Bist du dir sicher? Da war kein anderer Mann?«
    »Ich kann mich nicht an einen anderen Mann erinnern«, sagte Nína.
    »Es war niemand mit Runólfur in dem Lokal?«
    »Nein. Wer hätte denn noch da sein sollen?«
    »Das spielt im Augenblick keine Rolle«, sagte Elínborg. »Weißt du, was du mit dem Messer gemacht hast, das du verwendet hast?«
    »Nein. Ich weiß nichts über das Messer. Ich bin die Sache im Geiste immer wieder durchgegangen, und ich kann mich einfach nicht daran erinnern, dass ich auf diesen … diesen Runólfur losgegangen bin.«
    »In seiner Küche gibt es eine Magnetleiste mit mehreren Messern. Weißt du noch, ob du in die Küche gegangen bist?«
    »Nein, ich erinnere mich nur daran, dass ich in einer wildfremden Wohnung bei einem Mann aufgewacht, den ich so gut wie gar nicht kannte, und er lag mit durchgeschnittener Kehle im Wohnzimmer. Ich weiß, dass es so aussieht, als hätte ich das getan, aber ich kann mich einfach nicht erinnern. Ich gehe davon aus, dass niemand anderes in Frage kommt und dass die Umstände äußerst ungünstig für mich sind, aber ich kann mich einfach an nichts erinnern.«
    »Hattest du Geschlechtsverkehr mit Runólfur?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher? Das ist auch etwas, was wir im Nachhinein nicht mehr feststellen können.«
    »Da bin ich mir ganz sicher«, erklärte Nína. »Du drückst dich sehr merkwürdig aus. Diese Frage ist absurd.«
    »Wieso?«
    »Ich hatte keinen Geschlechtsverkehr mit Runólfur. Er hat mich vergewaltigt.«
    »Er hat dir Gewalt angetan?«
    »Davon gehe ich aus. Aber das war kein Geschlechtsverkehr.«
    »Kannst du dich daran erinnern?«
    »Nein, aber ich weiß es. Ich möchte nicht näher darauf eingehen. Ich weiß, dass er mich vergewaltigt hat.«
    »Das passt zu dem, was wir wissen. Runólfur hatte Geschlechtsverkehr vor seinem Tod.«
    »Verwende bitte nicht dieses Wort. Es war kein Geschlechtsverkehr, es war Vergewaltigung.«
    »Und was geschah danach?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Elínborg machte eine kurze Pause. Sie war sich nicht sicher, wie viel sie Nína im Augenblick zumuten konnte. Eine Menge Fragen drängten sich ihr auf, die ihrer Meinung nach keinen Aufschub duldeten. Im Grunde genommen durfte sie auch keine Rücksicht darauf nehmen, ob sie die Frau damit vielleicht unter Druck setzte.
    »Deckst du vielleicht jemanden?«, fragte sie.
    »Decken?«
    »Hast du deinen Vater vielleicht schon viel früher angerufen, als du angibst? Als du herausgefunden hast,

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