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Frevelopfer

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Titel: Frevelopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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sich um dieselbe Frau handelte, die er in der besagten Nacht in der Nähe von Runólfurs Wohnung gesehen hatte.
    Nachmittags setzte sich Elínborg in den Raum, in dem Konráð verhört wurde. Die Isolierung, die ständigen Fragen und die Sorgen, die er sich um seine Familie machte, vor allem um Nína, hatten ihn sichtlich mitgenommen. Er fragte Elínborg nach dem Befinden seiner Tochter. Sie versicherte ihm, dass es ihr, gemessen an den Umständen, gut ginge. Allen sei daran gelegen, die Sache möglichst bald zu einem Abschluss zu bringen.
    »Hätte meine Tochter dann nicht voller Blut sein müssen?«, fragte Konráð, als es erneut darum ging, ob Nína an dem Mord beteiligt gewesen war. »Ich habe kein Blut an ihr gesehen. Da war einfach kein Blut.«
    »Du hast früher ausgesagt, du hättest nicht darauf geachtet.«
    »Ich kann mich aber jetzt erinnern.«
    »Und jetzt sollen wir dir Glauben schenken?«
    »Ich weiß, dass es ein Fehler war, mich nicht sofort an die Polizei zu wenden, sie an den Tatort zu holen, ihnen alles zu zeigen, damit sie sehen konnten, dass Nína gar nicht imstande war, diesen Mann zu töten. Es war auch ein Fehler, Nína nicht zur Anlaufstelle für Vergewaltigungsopfer zu bringen, ihr keine psychische Betreuung zukommen zu lassen. Natürlich hätten wir das alles tun müssen. Wir hätten nicht fliehen dürfen. Das war falsch, und das rächt sich jetzt. Nína hätte das niemals tun können, niemals.«
    Elínborg sah den Kriminalbeamten an, der das Verhör leitete. Er gab ihr ein Zeichen, dass sie eingreifen dürfe.
    »Ich glaube, deine Tochter steht kurz davor, ein Geständnis abzulegen«, sagte sie. »Nína hat im Prinzip bereits zugegeben, dass sie Runólfur getötet hat. Sie bedauert nur, dass sie sich nicht daran erinnern kann, wie sie ihm die Kehle durchgeschnitten hat.«
    »Er hat sie vergewaltigt«, sagte Konráð. »Er hat sich an ihr vergangen, die verfluchte Drecksau.«
    Zum ersten Mal hörte sie Konráð fluchen.
    »Umso wahrscheinlicher ist es, dass sie ihm Rohypnol verabreicht hat, als sie aus ihrer Umnebelung erwacht ist, ihn dann auf irgendeine Weise überwältigt und ihm schließlich die Kehle durchgeschnitten hat. Vielleicht hat sie ihn genauso getäuscht wie er sie, als sie ihm das Mittel ins Glas gegeben hat. Es scheint einiges darauf hinzudeuten.«
    »Diese schwachsinnigen Behauptungen widern mich an«, sagte Konráð.
    »Es sei denn, dass du es getan hast«, sagte Elínborg.
    »Wer war dieser Runólfur?«, fragte Konráð. »Was für ein Mensch war er?«
    »Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll«, sagte Elínborg. »Solange er lebte, ist er nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Du siehst, ihr macht es euch selbst unnötig schwer. Deine Tochter behauptet zwar, vergewaltigt worden zu sein, aber in Wirklichkeit wissen wir gar nichts darüber. Wieso sollten wir ihr Glauben schenken? Wieso sollten wir dir Glauben schenken?«
    »Ihr könnt alles glauben, was sie sagt.«
    »Das täte ich gern«, sagte Elínborg. »Doch da gibt es einiges, was dem im Wege steht.«
    »Sie hat noch nie jemanden angelogen. Weder mich noch ihre Mutter noch irgendjemand anderen. Es ist grauenvoll, dass sie in diese Tragödie verwickelt wurde. Es ist ein Albtraum. Es ist einfach entsetzlich. Ich würde alles tun, damit das hier ein Ende hat. Alles.«
    »Du weißt, dass er Nínas T-Shirt anhatte.«
    »Das ist mir erst später klar geworden. Ich hatte eine Jacke an, die ich Nína sofort umgelegt habe, und dann habe ich ihre Sachen zusammengerafft. Dabei hätte ich wohl sorgfältiger vorgehen müssen. Ich wusste, dass du uns auf die Spur gekommen bist, als du nach San Francisco gefragt hast. Das war kein Höflichkeitsbesuch bei einem unschuldigen Zeugen.«
    »Du hast gesagt, du würdest dir wünschen, dass du ihn selbst umgebracht hättest. Nína sagte, sie würde sich zu gern daran erinnern können, wie sie ihm die Kehle durchgeschnitten hat. Wer von euch beiden hat es getan? Bist du bereit, mir das zu sagen?«
    »Sagt Nína, dass sie es getan hat?«
    »So gut wie.«
    »Ich werde hier nichts gestehen, nur weil du es willst«, sagte Konráð. »Wir sind unschuldig. Glaub das doch endlich, und hör mit diesem Schwachsinn auf.«

Siebenundzwanzig
    Den Rest des Tages nutzte Elínborg, um Besorgungen für den Haushalt zu machen. Sie kaufte verschiedene der Gesundheit zuträgliche Dinge in dem schwachen Versuch, die Jungs und ihren Vater dazu zu bewegen, so etwas zu essen. Außerdem kaufte sie

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