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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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rief der selige Sebastian, »daß mein Haus voll werde!« Und Gruß und Kuß, Jubel und Tränen mischten sich in eins. Es war wieder einmal wie sonst! Die Tage des Leids sanken ins Vergessen vor den Stunden der Freude, vor dem Hoffen auf glücklichere Tage. Und noch einmal tat sich die Tür auf, und herein trat eine Deputation der Sozietät der musikalischen Wissenschaften und überreichte ihm im Namen der gesamten Musiker das Ehrenmitgliedsdiplom.
    »Weiß Gott, Mutter, wenn einem der Himmel einmal Freude schickt, tut er's auch gleich recht!«
     

Kapitel XVI
     
    Seit diesem glücklichen Weihnachtsabend war ein segensvoller Umschwung im Hause Bachs, besonders aber bei Friedemann, eingetreten. Er begann auf seine künstlerische Schöpfungskraft zu vertrauen und mit Freudigkeit zu arbeiten, hielt jedoch stets dabei den kritischen Argwohn gegen sein Können in sich rege. Von günstigem Einfluß auf seine geistige und seelische Verfassung war auch das allmähliche Vergessen seines Liebeskummers. Antonies Spur blieb ihm vollständig verborgen; er warf ihr grollend, in verwundetem Stolze vor, daß sie nicht den leisesten Versuch gemacht habe, sich ihm, der ihretwegen so schimpflich gelitten, zu nähern und in seine Jammernacht das Licht des liebenden Mitgefühls zu tragen. »Sie ist eine herzlose Komödiantin«, rief er aus, »wie alle Glieder ihrer Familie. Es lohnt sich nicht, ihr eine Sekunde des Lebens zu weihen. Wieviel Gastfreunde mag ihr Herz, während ich um sie ein Narr gewesen bin, wohl beherbergt haben? Zum Kuckuck mit allen Weibern! Die Kunst sei meine Geliebte!«
    Auch der übrigen Welt schien der vergangene Christabend Segen spenden zu wollen. August III. und seine Alliierten, denen die Affäre von Kesselsdorf mächtig in die Glieder gefahren war, hatten sich beeilt, mit Friedrich Frieden zu schließen. Der König und Brühl kehrten nach Dresden zurück, und die preußischen Truppen sollten, sobald die Kriegsentschädigung von einer Million Taler beigetrieben war, Sachsen verlassen.
    Brühls Stellung blieb unerschüttert, obwohl die begangenen Fehler offenkundig vor aller Augen lagen. Aber der König, der auf seinen Minister angewiesen war, stellte sich blind, und der Königin lag leidenschaftlicher Haß gegen Friedrich, diesen Ketzerfürsten, der nicht nur ihr Land erobert, sondern auch die Herzen ihrer Untertanen gewonnen hatte, näher als der Zorn über Brühls Treulosigkeit. Sie versöhnte sich mit ihm, und zum Dank für ihre Gnade räumte er ihr das ganze Gebiet der äußeren Politik ein, wohl wissend, daß damit der Kampf gegen Preußen nie in Vergessenheit geriet ...
    Der neue Bund zwischen Josepha und Brühl hob auch zwei Personen, die solches zu hoffen niemals mehr gewagt hätten, aus der Verschollenheit empor: Hennicke und Siepmann. Jenen wünschte die Königin als Dritten im Bunde und war gern bereit, dem Minister als Gegengabe zur Würde eines »Ministerregenten« zu verhelfen und eine geheime Kabinettsorder zu erwirken, nach der Brühls Testament unantastbar, sein Vermögen steuerfrei und keinerlei Kontrolle unterworfen war, -- Siepmann aber brauchte Brühl, um ihn als geheimen Unterhändler nach Wien zu schicken, wo sich neue Konspirationen gegen Friedrich II. vorbereiteten.
    Rasch war nach dem Dresdener Frieden die erlittene Not vergessen, und das alte Leben kehrte zusamt dem alten Leichtsinn und der alten Frivolität in die Residenzstadt zurück. Mit dem Wiedererscheinen des Hofes und des Adels waren auch die kostspieligen und prunktvollen Feste, die Brühl so geschickt zu veranstalten wußte, von neuem aufgelebt. Besonders bei der dreifachen Vermählung der Prinzessin Maria Josepha, Maria Anna und des Kurprinzen, durch die sich Sachsen mit Österreich, Frankreich und Bayern für immer zu verketten hoffte, entfaltete man die verschwenderischste Pracht, wartete man mit jeder nur denkbaren Schwelgerei raffiniertester Überfeinerung auf. Drei Monate lang wechselten Illuminationen mit Sarabanden, Tanzlustbarkeiten mit Maskenspielen und Karussells ab, und selbst das Volk wurde in den Taumel von Frohsinn und Vergnügen hineingerissen und entschädigte sich gründlich für die Trübsal vergangener Tage.
    Ob aber Feste rauschten oder der graue Alltag herrschte: niemals wurden die zarten Hände der Königin, niemals die gewissenlosen des Ministerregenten müde, an dem Netz zu knüpfen, das sich zwischen Österreich, Rußland und Sachsen spann und dazu bestimmt war, den preußischen Monarchen in den

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