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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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erlebt, und so war das alles vielleicht Wirklichkeit? Wie konnte man dann aber wissen, ob sich dahinter nicht eine Falle verbarg?
    »Die Größe spielt im Dunkeln keine Rolle. Komm endlich aus der Knete! Zieh dich an und schnapp dir dein Scheckheft!«
    »Aber warum soll ich abhauen, und wer bist du eigentlich?« fragte ich, begann mich aber anzuziehen, nicht weil ich mich tatsächlich in dieses unvermutete Unternehmen einzulassen gedachte, sondern weil ich mich bekleidet sicherer fühlte.
    »Ich bin niemand, das siehst du doch«, sagte sie. Die Stimme klang dennoch weiblich, tief und sympathisch, ein bißchen dumpf. Sie kam mir bekannt vor, aber ich wußte nicht, woher. Auf dem Saum des zerknüllten Bettlakens sitzend, schnürte ich mir die Schuhe und fragte: »Wer hat dich dann also hergeschickt, Frau Niemand?«
    Ich sah zu ihr auf, sie aber fiel, ehe ich mich besinnen konnte, über mich her, umschlang mich, nicht mit den Armen, sondern dem ganzen Körper, sie nahm mich in sich auf, und das ging ganz schnell: Eben hatte ich noch im Pullover und ohne Schlips auf der Bettkante gesessen und gespürt, daß ich den linken Schuh zu fest geschnürt hatte, und plötzlich steckte ich in diesem leeren Geschöpf, dessen Inneres mich eng umschloß, als habe mich eine Pythonschlange verschluckt. Ich kann das nicht besser beschreiben, weil ich es zum ersten Mal erlebte. Es war da drinnen eigentlich ganz mollig, durch die Augenöffnungen sah ich das Zimmer, nur bewegen konnte ich mich nicht frei, sondern mußte mitmachen, wie sie wollte. Sie oder was auch immer diesen Sendling steuerte, um mich dorthin zu kriegen, wo alles sehnlichst auf Ijon Tichy wartete. Vergebens spannte ich die Muskeln an, um mich der Vogelscheuche zu widersetzen, meine Glieder gehorchten nicht mir, sondern einem fremden Willen, der sie beugte und streckte und meine Hand die Türklinke niederdrücken hieß. Ich sträubte mich aus Leibeskräften, aber das half gar nichts.
    Der Flur lag menschenleer im schwachen grünlichen Licht der Nachtbeleuchtung, ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, WER hinter dieser Sache stecken mochte, ich wollte nur aus dieser Klemme heraus, aber die Nichtperson, die mich geschluckt hatte, ein mit mir farcierter Frankenstein, schritt ohne Eile vorwärts, eine blödsinnigere Lage ist kaum vorstellbar. Mir fiel Gramers Ring ein, aber was konnte er mir nützen? Selbst wenn ich gewußt hätte, ob ich ihn zwischen die Zähne oder an den Finger stecken sollte, um den rettenden Dschinn herbeizurufen – ich konnte es nicht tun. Schon zeigte sich die Tür des Krankenpavillons, dahinter, im Schatten einer alten Palme, schimmerte, ferne Lichter spiegelnd, die lackschwarze Karosserie eines großen Wagens. Von meiner mir nicht mehr willfährigen Hand angestoßen, flog die Pendeltür auf, zugleich öffnete sich die Tür zum Fond des Autos, in dem niemand saß, jedenfalls bemerkte ich niemanden darin, ich stieg schon ein, das heißt, ich »wurde eingestiegen«, denn ich leistete immer noch mit allen Kräften Widerstand. Plötzlich erkannte ich meinen Fehler. Ich durfte mich nicht wehren, denn darauf war der Lenker des Sendlings vorbereitet. Ich mußte der mir aufgezwungenen Bewegung solchen Schwung geben, daß sie übers Ziel hinausschoß. Schon in die Tür des Autos gebückt, warf ich mich nach vorn, knallte hart mit dem Schädel auf, daß mir die Sinne schwanden, und öffnete die Augen.
    Ich lag neben dem Bett auf dem Fußboden, durch den Fenstervorhang sickerte grau der Morgen, ich hob die Hand vor die Augen – der Ring war weg. Also war es doch ein böser Traum gewesen, nur konnte ich nicht ausmachen, an welchem Punkt des Abends er angefangen hatte. Der Besuch Gramers war bestimmt wahr gewesen, ich sprang auf und sah im Schrank nach, meine Klamotten waren beiseite geschoben, er hatte also tatsächlich dort gesteckt. Auf dem Boden lag etwas Weißes, ein Brief. Ich hob ihn auf, der Umschlag trug keine Anschrift und enthielt nur ein maschinebeschriebenes Blatt, ohne Datum und ohne Briefkopf. Im Zimmer war es zu dunkel, die Vorhänge wollte ich nicht beiseite ziehen, ich vergewisserte mich, daß die Tür abgeschlossen war, knipste die Nachttischlampe an und sah auf das Papier.
    »Wenn Du von Entführung, Folter oder welcher Quälerei auch immer träumst, und das deutlich und in Farbe , so bedeutet das, daß man Dich einem Test mit Rauschmitteln unterzogen hat. Es geht darum, erste Aufschlüsse zu erhalten, wie Du auf bestimmte –

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