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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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wollte ich mich in ein Gestöber auflösen, als der erste Panzer mich erreichte und vorüberfloß wie ein Nebelstreif – es wurde für einige Augenblicke dunkel.
    Wieder so ein Phantom, eine Fata Morgana, dachte ich und ließ mich ganz unverzagt von den nachfolgenden überfahren. Hinterher kamen in Schützenkette Soldaten, die normalsten der Welt, schlitzäugig, mit kurzläufigen Sturmgewehren und aufgepflanztem Bajonett, mitten unter ihnen ein Offizier, den Degen an der Seite, in der Hand die Fahne, in deren Mitte rund und rot der Sonnenball erglühte. Alles das ging wie Rauch durch mich durch, dann war alles wieder leer.
    In der sich vertiefenden Senke wurde es duster, ich schaltete meine Scheinwerfer oder vielmehr die sogenannten Aufheller ein, die meine Augen umrahmten. In nunmehr viel langsamerem Vorwärtsgang gelangte ich an ein von einem Wall aus Eisenschrott umgebenes Höhlenloch. Seine lichte Höhe war zu gering für meinen Wuchs, ich wollte mir die Mühe ersparen, mich ständig bücken zu müssen, und verwandelte mich in einen Dackelzentauren. Das klingt zwar reichlich blödsinnig, entspricht aber nicht übel der Wahrheit, denn meine Beine schrumpften in der Länge, und mein Bauch schleifte fast über den steinigen Boden, als ich vorwärts kroch, immer tiefer hinein in das Innere des Mondes, einen noch von keines Menschen Fuß betretenen Untergrund. Eines Menschen Füße waren die meinen übrigens eigentlich auch nicht. Immer öfter kam ich ins Straucheln, die Beine rutschten auf dem glatten Kies weg. Eingedenk dessen, wozu ich jetzt in der Lage war, verwandelte ich sie in kissenförmige Pfoten, die sich an den Grund schmiegten wie die Sohlen eines Löwen oder Tigers. Ich fühlte mich in dem neuen Körper immer mehr zu Hause, hatte aber keine Zeit, es zu genießen. Ich leuchtete mich die unregelmäßig behauenen Wände der ebenen Höhle entlang, bis ich auf ein Gitter stieß, das auf der ganzen Breite den Durchgang versperrte. Ich fand, daß diese japanischen Waffen gegen Eindringlinge von ausgesuchter Höflichkeit waren, denn über dem Gitter stand in großer Leuchtschrift: NO ENTERING! DO NOT TRESPASS THIS BARRIER! KEIN DURCHGANG! PROCHODA NJET! NE PAS SE PENCHER EN DEHORS! PERICOLOSO! OPASNO! GEFÄHRLICH!
    Hinter dem Gitter phosphoreszierte ein Totenkopf mit gekreuzten Knochen und der Aufschrift DEATH IS VERY PERMANENT. Ich ließ mich davon nicht aufhalten, löste mich auf, drang durch das Gitter und verkörperte mich wieder auf der anderen Seite. Die natürlichen Wände des Felskorridors gingen in einen ovalen, mit heller Keramik ausgekleideten Tunnel über. Als ich mit dem Finger gegen die Fliesen klopfte, schoß an der Stelle meiner Berührung ein kleiner Trieb hervor, der sich zu einem Schild auswuchs: MENE TEKEL UPHARSIN! So viele Warnungen deuteten darauf hin, daß man hier keinen Spaß verstand, aber ich war nicht so tief herabgestiegen, um wieder umzukehren. Auf meinen Leisetretern schritt ich weiter, hinter mir den schmiegsamen Schweif, der jederzeit bereit war, mir zu Hilfe zu kommen. Daraus, daß ich von der Zentrale nicht mehr zu sehen war, machte ich mir gar nichts. Auch die Kopfhörer sagten nichts mehr, nur manchmal war ein leises, aber seltsam schrilles, furchtsames Geheul zu hören.
    Ich gelangte an eine Stelle, wo der Tunnel sich verbreiterte und gabelte. Über dem linken Abzweig leuchtete in Neonschrift der Satz THIS IS OUR LAST WARNING. Über dem rechten stand nichts, ich betrat also den linken und sah bald etwas vor mir aufschimmern. Es war eine Mauer, die jeden weiteren Durchgang versperrte, darin eine gewaltige Panzertür mit einer Reihe von Schlüssellöchern, ein Tor wie zu einer Schatzkammer, das reine »Sesam, öffne dich!«.
    Ich ließ meine rechte Hand in eine Teilchenwolke zerfallen und in eins der Schlüssellöcher sickern. Drinnen war es finster wie in einem Astloch um Mitternacht. Ich wand mich vergebens nach allen Seiten und kehrte um, probierte auf diese Weise alle Öffnungen durch, bis die oberste mir Durchlaß gewährte. Daraufhin verwandelte ich mich ganz in Nebel oder Schwebestoff und bezwang auch dieses Hindernis, darauf vertrauend, daß nicht einmal die Japaner oder vielmehr ihre Produkte damit rechneten, ein Unberufener könnte durch ein Schlüsselloch einschweben. Es wurde irgendwie stickig, obgleich das nicht wörtlich zu nehmen ist, da ich ja nicht atmete. Das Dunkel erhellten jetzt nicht mehr nur die Einfassungen meiner sämtlichen Augen, ich hatte mich

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