Frieden auf Erden
MOLECULES sind dortgeblieben«, sprach mein Gast wie zu sich selbst. »Hoffentlich so zerstört, daß sie nicht zu rekonstruieren sind! Sie selbst haben sie zerstört, obwohl Sie es nicht wußten, als Sie in den Laderaum stiegen, um den Raumanzug zu holen. Damit lösten Sie die AUDEMO aus, die ›autodemolition‹. Jetzt kann ich es ja sagen, es spielt keine Rolle mehr.«
»Für einen Berater für Probleme der Neurologie sind Sie glänzend informiert«, sagte ich, weiter den Mond betrachtend, der sich eben hinter einem Wölkchen verbarg. »Vielleicht wissen Sie sogar, wer mit mir zurückgekommen ist? Mikropen von dort oben? Ein kristalliner Staub, gewöhnlichem Sand ganz unähnlich?«
»Soviel ich weiß, sind es Polymere auf Siliziumbasis, irgendwelche Silicoidea …«
»Aber keine Krankheitserreger?«
»Nein.«
»Warum ist das so wichtig?«
»Weil sie Ihnen gefolgt sind.«
»Das kann nicht sein, denn …«
»Es konnte sein, denn es war so.«
»Ist der Behälter undicht geworden?«
»Nein, wahrscheinlich haben Sie eine Portion dieser Teilchen eingeatmet, als Sie in der Rakete den Raumanzug ablegten.«
»Und nun schleppe ich sie mit mir herum?«
»Das weiß ich nicht. Gewöhnlicher Mondstaub ist es nicht, das hat man entdeckt, als Sie nach Australien geflogen sind.«
»Ach ja? Dann hat man hinterher also jeden Ort, den ich aufgesucht habe, unters Mikroskop genommen?«
»So ungefähr.«
»Und? Hat man sie gefunden, diese …«
Er nickte. Wir standen immer noch am Fenster, der Mond trieb durch die Wolken.
»Wissen es alle?«
»Wen meinen Sie mit ›alle‹?«
»Die interessierten Seiten.«
»Wohl noch nicht. In der Agentur wissen es nur einige, vom Gesundheitsdienst ich allein.«
»Warum haben Sie es mir gesagt?«
»Weil Sie selbst schon auf der Spur waren, und ich wünsche, daß Sie über die ganze Lage Bescheid wissen.«
»Die meine?«
»Die Ihre und die allgemeine.«
»Ich stehe also tatsächlich unter dem Schutz dieser Dinger?«
»Sie haben es vorhin selbst zu verstehen gegeben.«
»Ich habe nur auf den Busch geklopft. Ist es wirklich so?«
»Ich weiß es nicht, aber das bedeutet nicht, daß niemand etwas weiß. Das Ganze hat verschiedene Geheimhaltungsstufen. Wie ich ganz privat von einigen Freunden hörte, sind Untersuchungen im Gange, und vorläufig ist nicht auszuschließen, daß diese Teilchen Verbindung mit dem Monde halten.«
»Merkwürdig, was Sie da sagen. Was für eine Verbindung? Über Funk?«
»Sicher nicht.«
»Gibt es eine andere?«
»Ich bin hergekommen, um Ihnen einige Fragen zu stellen, und statt dessen nehmen Sie mich ins Verhör.«
»Mir schien, Sie wollten mir ausgiebig die Lage beschreiben, in der ich mich befinde.«
»Ich kann aber keine Fragen beantworten, auf die ich keine Antwort weiß.«
»Also hat mich bisher allein die Vermutung geschützt, der Mond sei fähig und willens, sich meines Schicksals anzunehmen?«
Shapiro gab keine Antwort. Das Zimmer versank im Dämmer. Mein Gast sah sich nach einem Lichtschalter um, betätigte ihn, und der grelle Schein der Deckenlampe blendete und ernüchterte mich. Ich zog die Vorhänge zu, nahm aus der Bar eine angerissene Flasche Sherry, verteilte den Inhalt auf zwei Gläser, setzte mich und wies dem Professor einen Sessel.
»Chi va piano, va sano«, sagte er unvermutet, netzte mit dem Sherry aber nur die Lippen, setzte das Glas auf den Schreibtisch und seufzte.
»Der Mensch handelt stets nach bestimmten Mustern«, sagte er. »Nur gibt es keine solchen für eine Lage wie die vorliegende. Dennoch muß gehandelt werden, weil Zaudern nichts Gutes bringt. Mit Mutmaßungen gewinnen wir nichts. Als Neurologe kann ich nur soviel sagen: Es gibt ein Kurz- und ein Langzeitgedächtnis. Das erstere wird zum letzteren, wenn keine plötzlichen Störungen eintreten. An solchen ist aber kaum eine ernsthaftere vorstellbar als die Durchtrennung des Balkens im Gehirn! Was kurz vorher und kurz nachher geschah, kann sich nicht in Ihrem Gedächtnis befinden. Wie ich bereits anmerkte, haben Sie diese Lücken durch Konfabulation ausgefüllt, und im übrigen wissen wir nicht einmal, WER sich in der Offensive und WER sich in der Defensive befindet. Unter keinen Umständen wird eine Regierung zugeben, daß ihre Programmierer die vom Genfer Abkommen festgelegte Aufgabe nicht so ausgeführt haben, wie sie nach allgemeinem Einvernehmen lautete. Auch wenn einer dieser Programmierer auspacken würde, wäre das ohne Bedeutung, denn weder er noch
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