Friedhof der Kuscheltiere
hochzukommen versuchte, und streckte ihr die Hand hin. Sie erhob sich mit schmerzverzerrtem Gesicht.
»Schlimm heute abend?« fragte Louis.
»Es geht«, sagte sie.
»Legen Sie etwas Warmes auf, wenn Sie zu Bett gehen.«
»Das tue ich«, sagte Norma. »Das tue ich immer. Und, Louis... machen Sie sich wegen Ellie keine Sorgen. Sie ist viel zu sehr damit beschäftigt, all ihre neuen Freunde kennenzulernen, um sich wegen dem alten Ort da oben den Kopf zu zerbrechen. Vielleicht gehen sie eines Tages alle zusammen hinauf, malen ein paar Tafeln nach, jäten Unkraut oder pflanzen Blumen. Das tun sie manchmal, wenn es ihnen gerade in den Kopf kommt. Und es wird ihr gut tun. Es wird dazu führen, daß sich diese lockere Bekanntschaft entwickelt.«
Nicht, wenn es nach meiner Frau geht.
»Wenn Sie morgen abend Zeit haben, kommen Sie herüber und erzählen Sie mir, wie es Ihnen in der Universität ergangen ist«, sagte Jud. »Wir spielen Cribbage, und ich knöpfe Ihnen Ihr Geld ab.«
»Nun, vielleicht mache ich Sie erst betrunken«, sagte Louis, »und lege Sie dann aufs Kreuz.«
»Doktor«, erklärte Jud nachdrücklich, »der Tag, an dem ich mich beim Cribbage aufs Kreuz legen lasse, ist der Tag, an dem ich mich von einem Quacksalber wie Ihnen behandeln lasse.«
Er ging, während sie noch lachten, und überquerte in der spätsommerlichen Dunkelheit die Straße.
Rachel schlief mit Gage, auf ihrer Seite des Bettes zusammengerollt. Wahrscheinlich würde sie darüber hinwegkommen; es hatte in ihrer Ehe schon früher Streit und frostige Zeiten gegeben, aber nie so schlimm wie diesmal. Er war traurig, wütend und unglücklich zugleich, wollte es wieder gutmachen, wußte aber nicht wie, war nicht einmal sicher, ob er es war, der den ersten Schritt tun mußte. Es war alles so sinnlos -- eine Mütze voll Wind, die durch irgendwelche Gedankenverbindungen die Ausmaße eines Hurrikans angenommen hatte. Andere Diskussionen und Auseinandersetzungen, gewiß, natürlich, aber nur wenige so heftig wie diese über Ellies Tränen und Fragen. Vermutlich brauchte es nicht viele solcher heftigen Schläge, um einer Ehe bleibenden Schaden zuzufügen -- und eines Tages war es dann so weit, daß man davon nicht in einem Brief von einem Freund (›Ich sollte es Ihnen sagen, bevor Sie es von sonstwem hören: Maggie und ich gehen auseinander...‹) oder aus der Zeitung davon erfuhr, sondern selbst betroffen war.
Er zog sich leise bis auf die Shorts aus und stellte den Wecker auf sechs Uhr. Dann duschte er, wusch sich die Haare, rasierte sich und zerkaute ein Rolaid, bevor er sich die Zähne putzte -- Normas Eistee ließ ihn sauer aufstoßen. Vielleicht war es auch die Tatsache, daß er nach Hause kam und Rachel auf ihrer Seite des Bettes fand. Ausschlaggebend ist immer der Territorialbesitz -- hatte er das nicht in einer Geschichtsvorlesung gehört?
Alles war erledigt, der Abend säuberlich beiseitegeräumt, und er ging zu Bett -- aber schlafen konnte er nicht. Da war noch etwas, das ihm keine Ruhe ließ. Seine Gedanken kreisten immer wieder um die letzten beiden Tage, während er zuhörte, wie Rachel und Gage neben ihm im Gleichtakt atmeten. GEN. PATTON... HANNAH DIE BESTE HÜNDIN DIE ES JE GAB... Ellie, außer sich: Ich will nicht, daß Church einmal tot ist! Er ist nicht Gottes Kater! Gott kann seinen eigenen Kater haben. Rachel, ebenso außer sich: Als Arzt solltest du das wissen... Norma Crandall, die sagte: Es scheint fast so, als wollten die Leute es vergessen... Und Jud, eine entsetzlich sichere, entsetzlich gewisse Stimme, eine Stimme aus einer anderen Zeit: Manchmal aß er mit einem zu Abend, und manchmal konnte man spüren, wie er einen in den Arsch biß.
Und in diese Stimme blendete die seiner Mutter ein, die Louis Creed mit vier über Sex angelogen hatte, ihm aber mit zwölf die Wahrheit über den Tod gesagt hatte, als seine Cousine Ruthie bei einem blödsinnigen Autounfall ums Leben kam Sie war im Wagen ihres Vaters von einem Jungen zerquetscht worden, der einen Laster der Stadtverwaltung gefunden hatte, in dem der Schlüssel steckte, der die Gelegenheit zu einer Spazierfahrt nutzte und dann nicht wußte, wie er den Wagen wieder zum Stehen bringen sollte. Der Junge trug nur leichte Schnittwunden und Prellungen davon; Onkel Carls Fairlane war Schrott. Sie kann nicht tot sein -- das war seine Reaktion auf die nüchterne Feststellung seiner Mutter gewesen. Er hatte die Worte gehört, aber es gelang ihm nicht, sich etwas
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