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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Er ergriff sanft die Hand seiner Frau und lächelte sie an. »Ist es nicht so, meine Liebe?«
    »Ganze Horden von ihnen«, sagte Norma Crandall. »Wir haben Kinder gern.«
    »Manche von ihnen stehen auf dem Tierfriedhof dem Tod zum ersten Mal Auge in Auge gegenüber«, sagte Jud. »Sie sehen Leute im Fernsehen sterben, aber sie wissen, daß das nur gespielt ist, wie in den alten Westernfilmen, die es früher am Samstagnachmittag im Kino gab. Im Fernsehen und im Western fassen sie sich einfach an die Brust oder an den Bauch und kippen vornüber. Ich glaube, der Platz da oben auf dem Hügel kommt den meisten von ihnen viel wirklicher vor als all diese Fernsehspiele und Filme zusammengenommen.«
    Louis nickte und dachte: Das sollten Sie meiner Frau erzählen.
    »Manchen Kindern macht es überhaupt nichts aus. Zumindest lassen sie es sich nicht anmerken, obwohl ich annehme, daß die meisten von ihnen es sozusagen... sozusagen in ihren Taschen mit nach Hause nehmen, um sich später damit zu beschäftigen, wie mit all dem anderen Kram, den sie auflesen. Die meisten kommen schnell darüber hinweg. Aber einige -- erinnerst du dich an den kleinen Holloway, Norma?«
    Sie nickte. Eis klapperte leise in dem Glas in ihrer Hand. Die Brille hing ihr auf der Brust, und die Scheinwerfer eines vorüberfahrenden Wagens ließen die Kette kurz aufblitzen. »Er hatte fürchterliche Alpträume«, sagte sie. »Träumte von Leichen, die aus der Erde kamen, und was nicht noch. Und dann starb sein Hund -- fraß einen vergifteten Köder, jedenfalls war das die allgemeine Meinung in der Stadt, stimmt's, Jud?«
    »Ein vergifteter Köder«, sagte Jud und nickte. »Ja, das glaubten die meisten Leute. 1925 war das. Billy Holloway war damals ungefähr zehn. Wurde Senator von Maine; später kandidierte er für das Repräsentantenhaus, fiel aber durch. Das war kurz vor dem Koreakrieg.«
    »Er und seine Freunde wollten einrichtiges Begräbnis veranstalten«, erinnerte sich Norma. »Er war nur ein Mischling, aber Billy hatte sehr an ihm gehangen. Ich weiß noch, seine Eltern waren nicht recht glücklich über das Begräbnis -- wegen seiner schlechten Träume und alledem, aber alles ging gut. Zwei der größeren Jungen bauten einen Sarg, stimmt's, Jud?«
    Jud nickte und trank seinen Eistee. »Dean und Dana Hall«, sagte er. »Sie und der andere Junge, der viel mit Billy zusammen war -- ich kann mich nicht an seinen Vornamen erinnern, aber ich bin sicher, es war einer von den Bowie-Jungen. Du erinnerst dich doch an die Bowies, Norma, die in dem alten Brochette-Haus am Middle Drive wohnten?«
    »Ja!« sagte Norma, so aufgeregt, als wäre es erst gestern geschehen (und in ihren Gedanken war es das vielleicht auch). »Es war ein Bowie! Alan oder Burt...«
    »Vielleicht war es auch Kendall«, pflichtete Jud ihr bei. »Aber einerlei -- ich weiß noch gut, daß sie sich darüber in die Haare gerieten, wer die Sargträger sein sollten. Der Hund war nicht sehr groß, und deshalb war nur Platz für zwei. Die Hall-Jungen sagten, sie müßten es sein, weil sie den Sarg gemacht hätten und außerdem Zwillinge wären -- ein regelrechtes Paar also. Billy meinte, sie hätten Bowser -- so hieß der Hund -- nicht gut genug gekannt, um Sargträger zu sein. ›Mein Dad hat gesagt, nur die engsten Freunde dürfen Sargträger sein‹, argumentierte er, ›aber nicht irgendwelche Zimmerleute.‹« Darüber müßten Jud und Norma lachen, und Louis lächelte.
    »Sie waren gerade soweit, sich deswegen in die Haare zu kriegen, als Mandy Holloway, Billys Schwester, den vierten Band der Encyclopedia Britannica holte«, sagte Jud. »Ihr Vater, Stephen Holloway, war damals der einzige Arzt zwischen Bangor und Bucksport, Louis, und sie waren die einzige Familie in Ludlow, die sich ein großes Lexikon leisten konnte.«
    »Sie waren auch die ersten, die elektrisches Licht hatten«, warf Norma ein.
    »Jedenfalls«, fuhr Jud fort, »kam Mandy hoch erhobenen Hauptes hereingestürmt, daß die Zöpfe und die Unterröcke flogen, ganze acht Jahre alt, das große Buch unter dem Arm. Billy und der Bowie-Junge -- ich glaube, es war Kendall, der dann in Pensacola abstürzte und verbrannte, als er Anfang 1942 dort Piloten ausbildete --, sie wollten sich gerade mit den Hall-Zwillingen um das Vorrecht prügeln, den armen, alten, vergifteten Köter zum Friedhof hinaufzutragen.«
    Louis begann zu kichern. Kurz darauf lachte er laut heraus. Er spürte, wie der zwei Tage alte Rest von Anspannung, der von

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