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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ins Leben zurückholen -- viel näher kann man dem Gottspielen nicht kommen, nicht wahr?«
    Wieder öffnete Louis den Mund, und wieder schloß er ihn. Was herausgekommen wäre, hätte falsch geklungen, falsch und grausam: Jud, ich habe das alles nicht durchgestanden, nur um den verdammten Kater wieder umzubringen.
    Jud trank sein Bier aus und stellte die Flasche zu den anderen. »Ich glaube, das war's«, sagte er. »Ich bin fertig.«
    »Kann ich noch eine Frage stellen?« sagte Louis.
    »Und die wäre?«
    Louis sagte: »Hat schon jemand einen Menschen dort oben begraben?«
    Juds Arm fuhr unwillkürlich hoch; zwei Bierflaschen kippten vom Tisch, und eine davon zersplitterte.
    »Herrgott im Himmel!« sagte er zu Louis. »Nein! Werkäme auf die Idee? Über so etwas sollte man nicht einmal reden, Louis!«
    »Ich war nur neugierig«, sagte Louis unbehaglich.
    »Es gibt Dinge, bei denen zahlt sich Neugier nicht aus«, sagte Jud Crandall, und zum ersten Mal kam er Louis Creed wirklich alt und schwach vor, als stände er irgendwo in der Nähe seines eigenen, frisch ausgehobenen Grabes.
    Und später, zu Hause, fiel ihm noch etwas dazu ein, wie Jud in diesem Augenblick ausgesehen hatte.
    Er hatte ausgesehen, als löge er.

 27
    Daß er betrunken war, merkte Louis erst richtig, als er seine Garage betrat.
    Draußen hatten Sterne geleuchtet und eine eisige Mondsichel. Nicht genug Licht, um einen Schatten zu werfen, aber genug, um sich zurechtzufinden. Doch als er in der Garage angekommen war, war er blind. Irgendwo mußte ein Lichtschalter sein, aber er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, wo das war. Er ertastete sich seinen Weg, langsam, schlurfend, mit benebeltem Kopf, in Erwartung eines schmerzhaften Schlags gegen das Knie oder eines Spielzeugs, über das er stolpern würde, das ihn erschrecken würde, wenn es umstürzte, über das er vielleicht hinschlagen würde. Ellies kleines Fahrrad mit den Stützrädern. Gages Crawly- Gator.
    Wo war der Kater? Hatte er ihn im Haus gelassen?
    Irgendwie kam er vom Kurs ab und rannte gegen eine Wand. Ein Splitter bohrte sich in seine Hand; er rief der Dunkelheit ein »Scheiße!« zu, aber sobald er es ausgesprochen hatte, erkannte er, daß mehr Angst als Wut darin lag. Die ganze Garage schien sich irgendwie verdreht zu haben. Jetzt war es nicht mehr nur der Lichtschalter; jetzt wußte er nicht mehr, wo irgendein verdammter Scheißdreck war, und das betraf auch die Tür zur Küche.
    Er ging weiter, bewegte sich ganz langsam, seine Hand schmerzte. So etwa muß es sein, wenn man blind ist, dachte er, und das erinnerte ihn an ein Konzert von Stevie Wonder, das er einmal mit Rachel besucht hatte -- wann? Vor sechs Jahren? So unmöglich das schien, es mußte so sein. Sie war damals mit Ellie schwanger gewesen. Zwei Burschen hatten Wonder zu seinem Synthesizer begleitet, ihn so über die Kabel geführt, die sich über die Bühne schlängelten, daß er nicht stolperte. Und später, als er aufgestanden war, um mit einem der Chormädchen zu tanzen, hatte ihn das Mädchen behutsam zu einer freien Stelle der Bühne geführt. Er hatte gut getanzt, erinnerte sich Louis. Er hatte gut getanzt, aber er brauchte eine Hand, die ihn dorthin führte, wo er es konnte.
    Wie wäre es, wenn jetzt eine Hand käme, die mich zur Küchentür führt, dachte er -- und schauderte plötzlich.
    Wenn jetzt eine Hand aus der Dunkelheit käme, um ihn zu führen, dann würde er schreien -- schreien und schreien und schreien.
    Er blieb mit pochendem Herzen stehen. Hör auf, befahl er sich. Hör auf mit diesem Scheiß. Ganz ruhig...
    Wo war dieser Scheißkater?
    Und dann prallte er tatsächlich gegen etwas, die hintere Stoßstange des Kombi, und der Schmerz fuhr von dem angeschlagenen Schienbein durch den ganzen Körper und trieb ihm das Wasser in die Augen. Er packte sein Bein und rieb es, stand auf einem Bein wie ein Storch, aber zumindest wußte er jetzt, wo er war, die Geographie der Garage war ihm wieder gegenwärtig; außerdem hatten sich seine Augen jetzt an die Dunkelheit gewöhnt und er konnte wieder etwas erkennen. Er hatte den Kater im Haus gelassen, jetzt erinnerte er sich, es hatte ihm widerstrebt, ihn zu berühren, ihn hochzuheben und hinauszusetzen und...
    Und das war der Augenblick, in dem Churchs heißer, fellbedeckter Körper um seine Knöchel strich wie ein flacher Wasserstrudel, gefolgt von seinem widerwärtigen Schwanz, der sich wie eine Schlange um seine Wade wand, und da schrie Louis; er riß

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