Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
erinnerte. »Täume!« Er riß so kräftig an Louis' Haaren, daß ihm das Wasser in die Augen trat.
    »Kommt, ihr Bande«, sagte Louis, und sie machten sich auf den Weg zur Gepäckausgabe.
    Sie hatten gerade den Kombi auf dem Parkplatz erreicht, als Gage mit seltsam glucksender Stimme »Schön, schön« sagte. Diesmal erbrach er sich über Louis, der zur Feier des Tages eine brandneue Jerseyhose angezogen hatte. Wie es schien, glaubte Gage, schön wäre das Codewort für Tut mir leid, ich muß jetzt spucken, also geht beiseite.
    Wie sich herausstellte, war es doch ein Virus.
     
     
    Noch bevor sie die knapp dreißig Kilometer vom Flugplatz in Bangor zu ihrem Haus in Ludlow zurückgelegt hatten, hatte Gage zu fiebern begonnen und benommen vor sich hingedöst. Louis setzte rückwärts in die Garage und sah aus einem Augenwinkel heraus, wie Church mit hochgestelltem Schwanz an einer Wand entlangschlich, die trüben Augen auf den Wagen geheftet. Er verschwand im letzten Dämmerlicht des Tages, und einen Augenblick später entdeckte Louis eine ausgeweidete Maus neben einem Stapel von vier Sommerreifen -- Louis hatte die Winterreifen montiert, während Rachel und die Kinder fort waren. Die Maus hatte keinen Kopf mehr. Ihre Eingeweide glänzten blutig rosa im Dämmer der Garage.
    Louis stieg schnell aus und stieß mit voller Absicht gegen die Reifen, die wie schwarze Damesteine aufeinanderlagen. Die beiden obersten rutschten herunter und verdeckten die Maus. »Hoppla«, sagte er.
    »Du bist ein Tolpatsch, Daddy«, sagte Ellie nicht unfreundlich.
    »Recht hast du«, sagte Louis mit einer Art erzwungener Heiterkeit. Ihm war fast danach, auch seinerseits Schön, schön zu sagen und seinen Mageninhalt von sich zu geben. »Dein Daddy ist ein Tolpatsch.« Soweit er sich erinnerte, hatte Church vor seiner merkwürdigen Wiederauferstehung nur einmal eine Ratte getötet; gelegentlich hatte er Mäuse erwischt und auf die typische Katzenart, die unweigerlich mit ihrem Tod endete, mit ihnen gespielt; aber bevor es so weit war, hatten er oder Rachel immer eingegriffen. Und er wußte: wenn Kater einmal kastriert waren, hatten die wenigsten von ihnen für eine Maus mehr als einen müden Blick übrig, zumindest solange sie gut gefüttert wurden.
    »Willst du hier stehenbleiben und träumen, oder hilfst du mir mit dem Jungen?« fragte Rachel. »Kommen Sie zurück vom Planeten Mongo, Dr. Creed. Die Erdenbewohner brauchen Sie.« Ihre Stimme klang gereizt und abgespannt.
    »Entschuldige«, sagte Louis. Er kam um den Wagen herum und nahm Gage, der jetzt so heiß war wie glühende Kohle in einem Ofen, auf den Arm.
    So waren sie nur zu dritt bei Louis' berühmten, nach einem Rezept der Chicagoer South Side zubereitetem Chili; Gage lag fiebernd und apathisch auf der Couch im Wohnzimmer, trank aus einer Flasche mit lauwarmer Hühnerbrühe und sah sich einen Zeichentrickfilm im Fernsehen an.
    Nach dem Essen ging Ellie zur Garagentür und rief Church. Louis, der das Geschirr abwusch, während Rachel oben auspackte, hoffte, der Kater käme nicht, aber er kam -- kam mit seinem neuen, langsamen Torkelschritt herein, und er kam fast auf der Stelle, als hätte er draußen gelauert. Gelauert. Das war das Wort, das sich ihm aufdrängte.
    »Church!« rief Ellie. »Hi, Church!« Sie hob den Kater auf und drückte ihn an sich. Louis beobachtete sie aus einem Augenwinkel heraus; seine Hände, die auf dem Boden der Spüle nach liegengebliebenem Besteck getastet hatten, bewegten sich nicht. Er sah, wie der glückliche Ausdruck auf Ellies Gesicht langsam in Verwunderung umschlug. Der Kater lag reglos in ihren Armen, die Ohren zurückgelegt, die Augen auf die von Ellie gerichtet.
    Nach einem langen Augenblick -- Louis kam er sehr lang vor -- setzte sie Church auf den Boden. Der Kater trottete ins Eßzimmer, ohne sich noch einmal umzusehen. Henker kleiner Mäuse, dachte Louis beiläufig. Mein Gott, was haben wir getan an jenem Abend?
    Er versuchte ernsthaft, sich daran zu erinnern, aber es schien bereits in weite Ferne gerückt, ebenso verschwommen und halb vergessen wie Victor Pascows häßlicher Tod auf dem Fußboden im Wartezimmer der Krankenstation. Er erinnerte sich an Wolken, die der Wind am Himmel vor sich hertrieb, und an das weiße Schimmern des Schnees auf dem Feld hinter dem Haus, das zu den Wäldern hin anstieg. Das war alles.
    »Daddy?« sagte Ellie mit leiser, gedämpfter Stimme.
    »Was ist, Ellie?«
    »Church riecht so komisch.«
    »Wirklich?« fragt

Weitere Kostenlose Bücher