Friedhof der Unschuldigen: Roman (German Edition)
Organist«, sagt Armand mit einer leichten Verbeugung.
»Vom Friedhof, wie?«
»Ja.«
»Ich bin Sagnac. In Ihrem Brief steht, Sie wollen die Kirche abreißen. Sie bräuchten Steinmetze.«
»Einen Meister. Vier oder fünf Gesellen.«
»Und einfache Arbeiter?«
»Arbeiter habe ich.«
»An Höhen gewöhnt?«
»Es sind Bergleute. Oder waren es.«
Sagnac lacht. »Dann bringe ich lieber welche von meinen mit«, sagt er. »Jedenfalls so lange, bis Ihren Männern Flügel gewachsen sind.«
»Wie Sie wünschen.«
»Ich habe gehört, der König selbst steht hinter dem Projekt.«
»Meine Anweisungen kommen vom Minister«, sagt Jean-Baptiste.
Sagnac nickt. »Auf die eine oder andere Weise arbeiten wir alle für sie, oder? Soll ich das grüne Holz für das Gerüst besorgen? Meine Verbindungen sind sicherlich besser als Ihre.«
»Aber alles zu einem günstigen Preis«, sagt Armand rasch. »Mein Freund hier mag wie jemand vom Land reden, aber ich bin aus Paris und habe meine Kniffe im Hôpital des Enfants-Trouvés gelernt.«
»Sie werden feststellen, dass ich durchaus ehrlich bin«, sagt Sagnac. »Ich betrüge keine armen Findelkinder.«
Einer der Lehrlinge des Meisters, ein schlaksiger Junge, staubbedeckt wie sein Meister, stellt drei Hocker vor die Tür, und die drei Männer setzen sich, trinken Weißwein und verhandeln.
»Ich traue ihm beinahe«, sagt Armand, während er und der Ingenieur zusammen zum Friedhof zurückgehen.
»Er wird sein Handwerk verstehen«, sagt Jean-Baptiste. »Und wir werden ihm nur das bezahlen, was er leistet.«
»Sie lernen rasch«, sagt Armand.
»Danke.«
»Und haben Sie schon das Neueste von Jeanne gehört?«
Am Montag den 10. Juni um halb sieben morgens trifft Sagnac mit vier Gesellen ein: Poulet, Jullien, Boilly und Barass. Mit ihnen kommt ein Dutzend Arbeiter in Jacken und kleinen Hüten, einige davon mit Werkzeugen im Gürtel. Der Ingenieur führt Sagnac zur Baustelle. Sie klopfen die Mauern ab, stochern in der Erde, besprechen sich, stochern und klopfen erneut. Sie treffen den Küster und Jeanne. Einer der Gesellen fertigt genaue Zeichnungen von der Kirche. Die anderen betrachten die Beinhäuser, die Knochenmauern, schütteln den Kopf. Betrachten auch die Bergleute – diese zerlumpte Schar von Heiligen – und geben sich keine Mühe, ihre Abneigung zu verhehlen.
»Und?« fragt Jean-Baptiste.
»Wir errichten zuerst das Gerüst an der Südwand hier«, sagt Sagnac. »Was ist das da?«
»Die Werkstatt der Ärzte.«
»Die was?«
»Sie kann woandershin.«
»Gut.«
»Wann kommt das Holz?«
»Die erste Lieferung können Sie morgen haben. Und wenn Ihre Männer wissen, wie man einen Nagel einschlägt, kann ich sie brauchen.«
Rundhölzer aus grünem Holz. Eine einfache, sich wiederholende Geometrie aus Rechtecken und Dreiecken wächst an der Kirchenmauer empor. Sie klettert rasch. Jeden Tag klettert der Ingenieur mit ihr, klettert bald höher als die Beinhäuser, schaut über die Rue de la Ferronnerie hinweg, sieht in die Rue des Lombards hinein, in Fenster im ersten, zweiten, dann dritten Stock.
Die Bergleute sind nicht so gewandt wie die Männer des Steinmetzen; sie hüpfen nicht von Balken zu Balken, lehnen sich nicht unbekümmert in die Sommerluft und halten sich dabei mit einer Hand wie beiläufig an einer Strebe fest, aber sie verraten keine Angst vor Höhen. Sie lüpfen, verbinden, hämmern, übertreffen die anderen an Muskelkraft, an schierer Beharrlichkeit, an der gelassenen Tüchtigkeit, mit der sie schuften. Während der Essenszeiten bleiben die beiden Gruppen für sich. Die Männer des Steinmetzen essen auf dem Gerüst, nehmen ihr Essen mit nach oben und schauen an ihren baumelnden Beinen vorbei auf die Bergleute, die, an ihrer gewohnten Stelle versammelt, demonstrativ niemals hinaufschauen.
Eine Woche Geschrei und Gehämmer, und sie erreichen das Dach der Kirche. Jean-Baptiste klettert zu Sagnac hinauf.
»Hier oben ist die Luft ein bisschen besser, wie?« sagt Sagnac, dessen breiter Rumpf auf der Brüstung am Dachrand thront.
»Wenn Sie es sagen«, meint Jean-Baptiste. Er kann den Fluss sehen. Das Dach des Louvre. Die Getreidemühlen in Montmartre.
»Ich schlage vor, wir machen in der Rinne da einen Durchbruch«, sagt der Steinmetz und zeigt auf die entsprechende Stelle. »Mal sehen, was wir finden.«
»Gut.«
»Wollen Sie die Ziegel aufbewahren?«
»So viele wie möglich.«
»Dann brauchen Sie Flaschenzüge.«
»Wir haben Seil, Kette,
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