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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Fritz Wong mich zu fassen bekam.
    Ich sah noch, wie Roy in der Herrentoilette verschwand, und fand ihn dort vor dem weißen Porzellanschrein Respighis Brunnen von Rom lauschend. Ich stellte mich neben ihn, doch die alten Röhren gaben nichts her.
    »Schau dir das an. Das habe ich gerade eben in Halle 13 gefunden.«
    Roy schob ein maschinengeschriebenes Blatt auf den gekachelten Absatz vor mir.
     
    DAS MONSTER ENDLICH GEBOREN!
    HEUTE ABEND IM BROWN DERBY!
    VINE STREET. ZEHN UHR.
    ERSCHEINEN SIE! ODER VERLIEREN SIE ALLES!
     
    »Das glaubst du doch nicht etwa?« keuchte ich.
    »Ebenso wie du deiner Nachricht geglaubt hast und auf den verdammten Friedhof gegangen bist.« Roy starrte auf die Mauer direkt vor sich. »Ist das nicht das gleiche Papier und sind es nicht die gleichen Typen wie bei deiner Nachricht? Werde ich heute abend zum Brown Derby gehen? Zum Teufel, warum nicht? Leichen auf Mauerkronen, verschwundene Leitern, verwischte Spuren im Gras, Pappmachétote, plus ein kreischender Manny Leiber. Weißt du, was ich mir vor fünf Minuten überlegt habe? Wenn Manny und die anderen sich so über eine nachgemachte Vogelscheuche aufregen, was würde erst passieren, wenn das Schreckgespenst plötzlich verschwinden würde?«
    »Untersteh dich!«
    »Meinst du?« sagte Roy.
    Er stopfte sich die Mitteilung in die Hosentasche. Dann nahm er von einem kleinen Tisch in der Ecke eine kleine Kiste und drückte sie mir in die Hand. »Jemand benutzt uns. Ich habe mich dazu entschlossen, mich selbst ein bißchen nützlich zu machen. Geh in die Kabine und mach die Schachtel auf.«
    Genau das tat ich.
    Ich machte die Tür hinter mir zu.
    »Du sollst da nicht dumm herumstehen«, rief Roy. »Mach sie auf!«
    »Ja, ich mach’ ja schon.«
    Ich öffnete die Schachtel und schaute hinein.
    »Gütiger Gott!« schrie ich.
    »Was siehst du da?« wollte Roy wissen.
    »Arbuthnot!«
    »Paßt einwandfrei in die Schachtel, was?« meinte Roy.

 

13
     
    »Wie kannst du nur?«
    »Katzen sind nun mal neugierig«, sagte Roy. »Und ich bin eine Katze.« Er hatte es mit einem Mal ziemlich eilig.
    Wir gingen zur Kantine zurück.
    Roy hatte die Kiste unter dem Arm und trug ein triumphierendes Grinsen zur Schau.
    »Paß auf«, sagte er. »Jemand schickt dir eine Nachricht. Du gehst auf einen Friedhof und findest eine Leiche, schlägst jedoch nicht Alarm und durchkreuzt damit geheime Machenschaften. Ein paar Telefonate, das Studio läßt die Leiche abholen und gerät in Panik, sobald es ihrer tatsächlich angesichtig wird. Was soll man da anderes als neugierig werden? Welches Spiel wird hier gespielt? Das kann ich nur herausfinden, wenn ich im Gegenzug eine Schachfigur bewege, oder? Wir haben vor einer Stunde gehört und gesehen, wie Manny und seine Kumpel reagiert haben. Ich habe mich gefragt, wie sie wohl reagieren würden, wenn sie die Leiche, die sie gerade eben erst gefunden haben, gleich wieder verlieren? Das will ich herausfinden. Die drehen glatt durch, wenn sie nicht rauskriegen, wer die Leiche hat. Ich habe sie!«
    Wir blieben vor der Kantinentür stehen.
    »Du willst doch nicht damit hineingehen!« fuhr ich ihn an.
    »Der sicherste Platz auf der ganzen Welt. Niemand wird eine Kiste im Verdacht haben, die ich mitten auf dem Studiogelände spazierentrage. Aber sei vorsichtig, mein Freund, wir werden beobachtet, sogar in diesem Augenblick.«
    »Von wem denn?« rief ich und drehte mich rasch um.
    »Wenn ich das wüßte, wäre die Geschichte schon beendet. Komm schon.«
    »Ich habe keinen Hunger.«
    »Komisch«, sagte Roy. »Wie kommt es nur, ich habe einen riesigen Kohldampf?«
     

14
     
    Auf dem Weg durch die Kantine sah ich, daß Mannys Tisch immer noch verwaist war und auf seinen Gast wartete. Ich starrte auf den leeren Stuhl und mir wurde kalt.
    »Blöder Idiot«, flüsterte ich.
    Hinter mir schüttelte Roy die Kiste. Es klapperte darin.
    »Ich bin’s nur«, sagte er fröhlich. »Geh weiter.«
    Ich steuerte auf meinen Platz zu.
    Roy stellte seine besondere Kiste auf den Fußboden, blinzelte mir zu und setzte sich an das gegenüberliegende Tischende. Auf seinem Gesicht lag das Lächeln der Unschuldigen und der Vollkommenen.
    Fritz warf mir einen Blick zu, als betrachte er meine Abwesenheit als persönliche Beleidigung.
    »Passen Sie auf!« Fritz schnalzte mit den Fingern. »Die Vorstellungsrunde geht weiter!« Er zeigte auf meinen Nachbarn. »Der nächste ist Stanislau Groc, Lenins persönlicher Präparator, der Mann, der Lenins Körper

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