Friedhof für Verrückte
dieser Figur auf der Leiter?«
»Ja, wieso?«
»Und ich dachte schon«, seufzte Crumley, »als ich dich vor der Tür stehen sah, es würde mich glücklich machen, daß du wieder in mein Leben getreten bist.«
»Bist du’s denn nicht?«
»Nein, verdammt nochmal.« Seine Stimme wurde weich. »Doch, klar. Aber mir wäre wohler, wenn du den Haufen Mist vor der Tür gelassen hättest.«
Er schielte zum Mond, der über seinem Garten aufstieg, und sagte: »Junge, Junge … Du machst mich wirklich neugierig.« Dann fügte er hinzu: »Riecht verdammt nach Erpressung.«
»Erpressung?«
»Warum sollte sich sonst jemand die Mühe machen, Einladungen zu verschicken, Unschuldige wie dich und Roy zu provozieren, Vogelscheuchen auf Leitern zu bugsieren, euch dazu zu bringen, eine Kreatur ins Leben zu rufen, wenn das alles nicht irgendwohin führt? Was für einen Sinn hat es, Panik zu verbreiten, wenn man nicht davon profitiert? Bestimmt hat es noch mehr Nachrichten, noch mehr Briefe gegeben, oder?«
»Ich habe keine gesehen.«
»Klar, aber du warst ein Werkzeug, das Mittel zum Zweck. Du hast nichts an die große Glocke gehängt – aber jemand anderer. Ich könnte wetten, daß heute nacht irgend jemand ein Erpresserbrief zugestellt wird, der besagt: ›Zweihunderttausend in ungezinkten Fünfzigern bewahren Sie vor weiteren wiedergeborenen Leichen auf der Mauer‹. Also … erzähle mir von dem Studio«, endete Crumley.
»Maximus? Die erfolgreichste Filmgesellschaft aller Zeiten. Immer noch. Letzten Monat war ihr Profit in Variety abgedruckt. Vierzig Millionen netto. Da kommt kein anderes Studio ran.«
»Sind das glaubwürdige Zahlen?«
»Ziehe fünf Millionen ab, dann hast du immer noch ein stinkreiches Studio.«
»Gab es kürzlich größere Probleme, Streitigkeiten, Aufstände, sonstigen Ärger? Du weißt schon, wurden andere Leute rausgeschmissen, Filme gestrichen?«
»Nein, alles geht seit Monaten ungestört seinen Gang.«
»Dann muß es daran liegen. Die Profite, meine ich. Alles verläuft glatt und dann passiert etwas; sieht anfangs nicht so wild aus, alle sind aufgeschreckt. Jemand denkt sich, mein Gott, ein Mann auf der Mauer , und schon beginnen die Gerüchte! Da ist etwas faul, da hat einer eine Leiche im Keller …« Crumley lachte. » Leiche haut hin. Arbuthnot? Glaubst du wirklich, jemand hat einen alten, richtig schmutzigen Skandal ausgegraben, von dem niemand etwas ahnte, und erpreßt jetzt das Studio damit, nicht gerade subtil, den Schmutz der Öffentlichkeit zu zeigen?«
»Welcher zwanzig Jahre alte Skandal könnte einem Studio so viel Angst einjagen, daß es befürchtet, vom öffentlichen Gerede in den Abgrund gerissen zu werden?«
»Wenn wir lange genug im Morast herumwaten, wissen wir’s. Bloß daß Moorwanderungen nicht zu meinen Hobbys gehören. War Arbuthnot, als er noch lebte, sauber?«
»Verglichen mit anderen Studiobossen? Sicher. Er war unverheiratet und hatte Freundinnen, wie es sich für einen Junggesellen gehört. Adrette Reiterinnen aus Santa Barbara, wie aus dem Town and Country ausgeschnitten, hübsch und aufgeweckt, die duschten sich zweimal am Tag. Da war nichts Dreckiges dabei.«
Crumley seufzte erneut, als hätte er ein so schlechtes Blatt, daß er am liebsten die Karten hingeschmissen und aufgegeben hätte. »Was ist mit dem Autounfall, an dem Arbuthnot beteiligt war? War es denn ein Unfall?«
»Ich habe die Fotos in den Zeitungen gesehen.«
»Fotos, dummes Zeug!« Crumley ließ den Blick über seinen häuslichen Dschungel schweifen und kontrollierte dabei die Schatten. »Und wenn der Unfall nun kein Unfall war? Angenommen, es war Totschlag ? Angenommen, alle waren sturzbetrunken und dann tot?«
»Sie kamen von einer größeren Sauferei im Studio. Soviel stand in den Zeitungen.«
»Wie wäre es damit?« sinnierte Crumley. »Studio-Großkotz, reich wie Krösus, fährt Topverdienste für Maximus ein, ist bis zum Kragen voll mit Schnaps, spielt Katz und Maus mit dem anderen Wagen, der von Sloane gesteuert wird, er prallt wieder ab, und alle knallen an den Telefonmast. So was liest man nicht gerne in den Schlagzeilen. Schlecht für die Aktien. Investoren ziehen die Schwänze ein. Filme krepieren. Der silberhaarige Bubi fällt vom Sockel, et cetera, et cetera, also wird alles vertuscht. Und nun, besser spät als nie, macht jemand, der dabeiwar, oder der erst in diesem Jahr die Tatsachen entdeckt hat, im Studio Wellen, droht damit, mehr als nur Fotos und Bremsspuren zu liefern.
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