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Friedliche Zeiten - Erzählung

Friedliche Zeiten - Erzählung

Titel: Friedliche Zeiten - Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rotbuch-Verlag
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Weltmacht einmischt, naht der Augenblick, wo die andere Weltmacht sich auch einmischt, weil eben Kalter Krieg wäre und jeder nur darauf wartete, sich einmischen und den Kalten Krieg in einen dritten Weltkrieg umwandeln zu können, sie lauern genau darauf, und vorher geben sie keine Ruhe; deswegen ist das eine höchst gefährliche Angelegenheit, sagte der Vater, was die Amis da machen, diese Idioten mit ihrem verdammten Krieg. Da kann es verflucht leicht passieren, daß jemand aus Versehen mal auf den Knopf drückt.
    Wir wußten, daß die Russen, die Amis und die Chinesen seit Jahren nur darauf lauerten, auf den Knopf zu drücken, und der Vater sagte manchmal, wer weiß, was für einen Irren sie da an den Knopf gesetzt haben, am Ende macht sich so einer einen Spaß draus, mal kurz auf den Knopf zu drücken, einfach so, und dann ist es nämlich aus. Dann könnten wir von diesen gemütlichen technisch veralteten Kriegen aus dem letzten Jahrhundert nur sehnsüchtig träumen, wo sie sich noch persönlich erschießen durften und einer dem anderen eigenhändig die Arme und Beine abhacken mußte. Die Mühe macht sich heutzutage kein Krieg mehr, sagte der Vater, das geht per Knopfdruck. Ich sagte, woher willst du wissen, daß an den Knöpfen ein Irrer sitzt, und der Vater sagte, denk doch mal nach: würdest du dich etwa an einen Knopf setzen, wenn du da draufdrückst, löst du den dritten Weltkrieg aus, und davon geht dann die Welt unter. Nein, sagte ich, und der Vater sagte, na siehst du, da können sie nur einen Irren ransetzen, weil ein Mensch mit halbwegs Verstand sich freiwillig nicht an so einen Knopf setzen würde, und am Ende kommt er versehentlich dran, vielleicht ist ihm auch eine Laus über die Leber gelaufen, Krach mit der Frau, keine Gehaltserhöhung, was weiß doch ich, er hat die Faxen dicke, da kannst du schon manchmal Lust haben, auf den Knopf zu drücken. Ich begriff mit einem Schlag, was der Vater meinte, wenn er sagte, daß sie alle Idioten sind. Ich hatte es mir nicht so einfach vorgestellt, die Welt untergehen zu lassen, und wollte es lieber nicht glauben, ich sagte, aber er geht doch dann mit unter, dieser Irre, wenn er auf den Knopf drückt, weil ich hoffte, daß der Irre sich das klarmachen und dann lieber ohne Gehaltserhöhung weiterleben würde, als uns alle untergehen zu lassen, und ich hoffte, der Vater würde mich beruhigen und sagen, daß kein noch so Irrer so irre wäre, auf den Knopf zu drücken und dann mit der Welt unterzugehen, aber der Vater beruhigte mich nicht, er sagte nur, das denkst du dir so, aber schau dir doch bloß die Japaner an; und ich wußte, daß die Japaner Kamikaze flogen, weil die Jungen in der Siedlung gelegentlich darüber sprachen, daß die Japse alle Kamikazeflieger sind, aber ich versuchte normalerweise, nicht so oft daran denken zu müssen, daß Menschen Kamikazeflieger sein können, und jetzt fiel es mir natürlich ein, und es fiel mir keine Hoffnung mehr ein, mit der ich den dritten Weltkrieg verhindern könnte. Es war Wasa, die nach einer Weile Nachdenken sagte, haben eigentlich die Japaner auch eine Atombombe, und als der Vater sagte, sie dürfen keine haben, weil sie Nazis waren, und wer Nazi war, darf keine Atombombe haben, dachte ich, solche Idioten scheinen sie immerhin nicht zu sein, die Amis und die Russen; wenn sie den Nazis immerhin verbieten Atombomben zu haben, sind sie vielleicht auch sonst manchmal bei Verstand und kommen vielleicht darauf, nicht nur einen Irren an den Knopf für den dritten Weltkrieg zu lassen, und der läßt uns alle wegen seiner Gehaltserhöhung untergehen; wenn sie so gescheit sind, den Nazis keine Atombombe zu erlauben, dachte ich, werden sie doch hoffentlich auch auf die Idee gekommen sein, keinen einzelnen, sondern mindestens zwei Irre an den Knopf zu setzen, und der eine Irre kann dem anderen Irren auf die Finger hauen, bevor der draufdrückt, bloß weil er die Faxen dicke hat, und daß beide gleichzeitig die Faxen dicke haben, ist nur noch halb so wahrscheinlich. Ich sagte aber nichts davon mehr im Auto laut, damit der Vater mir nicht sagen konnte, daß sie es so nicht machen, diese Idioten, und dann hätte ich nichts mehr zu hoffen. Ich sagte mir, es ist schließlich bis heute ohne Knopfdruck gegangen, vielleicht geht es auch weiter, und damit hatte ich den dritten Weltkrieg fürs erste aus dem Kopf, aber sobald ich ihn aus dem Kopf hatte, kamen die Filmstellen wieder, bei denen ich nicht schnell genug die Augen hatte

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