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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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würden zeigen, was eventuell verändert worden war.
    Nachdem er seine Waffe gesichert und wieder ins Halfter gesteckt hatte, zog er einen Kugelschreiber aus seiner Jacke und hob nacheinander beide Revers des Dreiviertelmantels an, um den Inhalt der Innentaschen feststellen zu können. Aber der Tote hatte keine Papiere dabei. Auch seine Seitentaschen waren leer. Dafür trug er ein Halfter, das aber ebenfalls leer war. Weiter wollte Greven der Spusi nicht vorgreifen, war sich aber ziemlich sicher, dass sie nicht wesentlich erfolgreicher sein würde als er.
    Die Kollegen. Fast hätte er sie im Eifer des Gefechts vergessen. Er zückte sein Handy und ließ es die gespeicherte Nummer wählen. Der Neue meldete sich, den er sofort anwies, das Team in Marsch zu setzen und Häring zu verständigen. Dann machte er einen Schritt zurück und besah sich die gesamte Szene. Wieder eilte er den Experten voraus und sah in der Küche auch den Tatort. So, wie der Mann auf dem Stuhl saß, war er hier erschossen worden. Eventuell sogar mit seiner eigenen Waffe, die nach einer russischen oder tschechischen Armeepistole aussah.
    Je länger Greven den wie versteinert auf dem Stuhl Sitzenden betrachtete, umso mehr verdichtete sich die Überzeugung, den gesuchten Mörder und Einbrecher gefunden zu haben. Leider fehlte Pütthus, um mit ihm eine Wette abzuschließen. Aber dieser Mann hatte Onken und Wichmann brutal ermordet und war bei Sophie von Reeten und Grönmann eingebrochen. Einerseits war Greven nun fast erleichtert, dass Aurich von dieser Bedrohung befreit war. Andererseits zeigte diese Tat unmissverständlich, dass der Gesuchte nicht der einzige Mitspieler in dieser ungewöhnlichen und anspruchsvollen Partie war.
    Der Tatort war gut gewählt, denn nach einer Versiegelung wurde im Allgemeinen der Ort nicht so schnell wieder betreten. Die Untersuchungen waren abgeschlossen, die Fahnder und Spurensicherer saßen über ihren Berichten. Es konnte Wochen dauern, bevor neue Ermittlungen stattfanden oder Erben eine Wohnung für sich beanspruchten. Außerdem war die Goldschmiede unbeheizt. So schlecht der Winter zum Verstecken oder Vergraben von Leichen geeignet war, in einer kalten Wohnung verhinderten die niedrigen Temperaturen lange Zeit eine verräterische Geruchsbildung. Wurde eine Leiche schließlich gefunden, taten sich die Forensiker schwer, den genauen Todeszeitpunkt zu ermitteln. Der große Unbekannte hatte die Siegel also bewusst so schön drapiert und wahrscheinlich darauf gehofft, dass die Leiche an diesem Ort gut aufgehoben sein würde.
    Grevens Blick wanderte ein weiteres Mal über den Toten, dem der Mörder offenbar alles abgenommen hatte. Identifizieren würden sie ihn trotzdem schnell. Der Fall war komplizierter geworden, aber er hatte auch an Dynamik gewonnen. Wussten sie erst mal, wer das tödliche Interesse an Onken und Wichmann gezeigt hatte, würden sie einen großen Schritt weiter sein. Das hoffte er jedenfalls.
    Gerade wollte Greven sich wieder abwenden, um in der Goldschmiede Licht für die Kollegen zu machen, als ihm im Gegenlicht des winzigen Küchenfensters etwas ins Auge fiel. Ein schwacher Schimmer auf der rechten Wange des Toten. Greven beugte sich, doch viel war nicht zu erkennen. Ein kleiner Fleck, ein Farbschimmer, der ganz schwach zu glänzen schien. Der Farbton war schwer zu bestimmen. Zunächst tendierte er zu schwarz, doch dann revidierte er sein Urteil und entschied sich für ein dunkles Violett.

 
     
     
     
    17
     
    Das Klopfen war nicht zu überhören. Vier Schläge, die an das Anfangsmotiv von Beethovens 5. Sinfonie erinnerten, drei Achtelnoten, gefolgt von einer halben Note. Greven, Häring, Ackermann und Peters, die sich zu einer kleinen Lagebesprechung eingefunden hatten, Jaspers war mit der Staatanwältin zum Gericht gefahren, wussten also, wer gleich in der Tür erscheinen würde. Ein kleiner Mann mit langen Haaren, der sich ab und zu die Frage gefallen lassen musste, wie er bei seiner Größe überhaupt hatte Polizist werden können. Gefolgt von der Frage, inwieweit die Länge seiner Haare mit den Dienstvorschriften kompatibel war. Ihn mit diesen Fragen zu konfrontieren, barg jedoch gewisse Risiken, deren geringstes aus einer bösen, ironischen Replik bestand. Wer den Leiter des Raubdezernats kannte, hielt sich also mit bestimmten Fragen und Anspielungen besser zurück.
    »Jetzt komm schon rein!«
    Herbert Pütthus hatte ein hintersinniges Lächeln aufgesetzt und hielt eine dünne Aktenmappe

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