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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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unverständlich.
    Zufällig hatte ihn Greven in einem riesigen neuen Betonklotz in einem Auricher Gewerbegebiet getroffen und ihn gefragt, warum er denn an diesen Ort gehe, wo er doch den Turm so vehement ablehne. Oldewurtel aber hatte ihn nicht verstanden. Auch als Greven nachhakte und ihn mit der Frage konfrontierte, warum er einem derartigen Gewerbegebiet eine ästhetische Chance gäbe, nicht aber dem Turm, erntete er nur ein Kopfschütteln. Das könne man doch nicht vergleichen, hatte sein Nachbar gemeint.
    Greven wiederum war als Vergleich immer der Eiffelturm eingefallen. Denn das Wahrzeichen der Pariser Weltausstellung sollte nur zwanzig Jahre stehen bleiben und 1909 wieder abgerissen werden. Was die Pariser sehr begrüßten, denn sie sahen in dem Turm eine Art technisches Monster und befürchteten die nachhaltige Zerstörung ihres Stadtbildes. »Schornstein« oder »Laternenpfahl« wurde der Pariser Turm genannt, »Weltraumpenis« oder »Schrotthaufen« der Auricher. Doch je näher der Tag des Abrisses rückte, umso mehr Pariser Bürger wollten ihren Turm behalten, der längst das Wahrzeichen ihrer Stadt geworden war.
    Greven gefiel der Sous-Turm. Er passte gerade in die Stadt, gerade in die Provinz, die es im Zeitalter des Internets und der Globalisierung eigentlich nicht mehr gab. Er zeigte ein anderes Aurich, eines, das nicht nur in der Gegenwart von Fastfood-Restaurants, Baumärkten und Gewerbegebieten angekommen war.
    Ein letztes Mal ging Greven die verschiedenen Segmente des Turms durch, dann kehrte sein Blick auf den Markplatz zurück. Das gute Wetter hatte mehr Menschen als sonst in die Innenstadt gelockt. Viele waren mit Einkaufstüten bestückt. Schließlich stand Weihnachten vor der Tür. Grevens Ziel aber war keines der vielen Geschäfte, sondern die Marktpassage. Gerade hatte er den Kurs festgelegt, als er drei schwarz gekleidete Jugendliche aus der Passage kommen sah. Annalinde und zwei ihrer Anhänger. Wie gewohnt mit finsteren Gesichtern, entschlossen, aber desinteressiert, alles ablehnend, aber dennoch äußerst präsent. Sie bemerkten ihn nicht und bogen zielstrebig in die Burgstraße ein. Greven sah ihnen noch kurz nach und steuerte dann auf die Marktpassage zu. Fast am Ende lag etwas versteckt die kleine Goldschmiede.
    Greven kramte in aller Ruhe den Schlüssel aus seiner Hosentasche und steckte ihn in das Sicherheitsschloss. Der Schlüssel passte, aber das Schloss verweigerte die Drehung des Schlüssels. Er versuchte es ein zweites Mal, aber der Schließzylinder streikte. Selbst auf sanften Druck reagierte er nicht. Also zog er den Schlüssel wieder heraus und besah sich die Tür. Die auf den Türspalt aufgeklebten Siegel waren mit einer scharfen Klinge durchschnitten, aber derart wieder arrangiert worden, dass die Beschädigung auf den ersten Blick nicht zu sehen war. Auf der Höhe des Schlosses klemmte ein Stück Pappe oder Filz in dem Türfalz. Damit war das Türblatt in der Zarge festgeklemmt worden. Ob von innen oder außen, war nicht zu erkennen.
    Richtung Marktplatz war die Passage menschenleer, aber von links vom Georgswall her näherte sich eine Frau mit Kinderwagen. Greven zückte seinen Ausweis, ging auf die Frau zu und forderte sie auf, umzukehren. Doch als er wieder vor der Tür stand, war sie ihm gefolgt.
    »Ich muss aber zum Marktplatz!«
    »Seien Sie bitte still und bringen sich in Sicherheit«, flüsterte Greven und hielt ihr nochmals seinen Ausweis unter die Nase. »Gehen Sie! Bitte! Dies ist ein Polizeieinsatz!«
    Die Frau schüttelte den Kopf und marschierte einfach an ihm vorbei Richtung Marktplatz. Greven zog seine Dienstwaffe, die er seit Onkens Ermordung nicht mehr in seinem Büro zurückließ, wie er es sonst fast immer tat. Er drehte sich kurz um und lud sie so leise wie möglich durch. Von links näherte sich eine Passantin, aber sie war noch weit genug weg. Mit seinem ganzen Körpergewicht lehnte er sich gegen die Tür, die ihren Widerstand schnell aufgab und sich willig öffnete. Das Sicherheitsschloss war nicht mehr intakt, Falle und Riegel waren beschädigt.
    Greven schlüpfte durch die Tür, die Waffe im Anschlag, und schloss sie sofort wieder vorsichtig und leise durch eine gefühlvolle Bewegung seines Körpers. Das Schloss konnte zwar nicht mehr einschnappen, das Türblatt aber war träge genug, um ungefähr seine Position zu halten.
    Die Goldschmiede schien so leer wie sein Konto, alles schien in jenem Zustand zu sein, den er von seiner letzten

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