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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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sitzen«, sagte Folef von und zu Aldenhausen. »Ich habe mir ja schon so etwas gedacht, als Sie neulich im Museum waren.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Nun, die Vermutung liegt nahe, dass Sie sich nach meiner verstorbenen Schwester Thalke erkundigen wollen. Schließlich ist sie mit einem der Mordopfer einige Zeit liiert gewesen. Abgesehen natürlich von meiner Nichte Sophie, die mit viel Glück eine Begegnung mit dem Mörder vermeiden konnte.«
    »Sie treffen den Nagel auf den Kopf«, sagte Greven und versuchte, das charmante Lächeln des Grafen zu erwidern. »Wobei es mir weniger um Sophie, sondern vor allem um Thalke geht.«
    »Meine Schwester ist gewissermaßen das schwarze Schaf in der Familie, wie Sie wahrscheinlich bereits wissen.« Erst jetzt umrundete der Graf den Schreibtisch und nahm ihm gegenüber in seinem Sessel Platz. Greven erwartete eine Entschuldigung für das Chaos, doch das blieb aus. Die Papiereruptionen schienen für ihn so selbstverständlich zu sein, dass ihm eine Erklärung gar nicht in den Sinn kam.
    »Also, wie kann ich Ihnen weiterhelfen? Fragen Sie nur! Ach ja, darf ich Ihnen etwas anbieten? Vielleicht einen Kaffee?«
    »Gerne, einen Kaffee.«
    Der Graf griff zu einem seiner Apparate und orderte den Kaffee bei seiner Sekretärin.
    »Wo waren wir? Ach ja, bei meiner Schwester.«
    »Nach dem Tode Ihres Vaters hat doch Thalke auch einen Teil des Familienvermögens geerbt?«, begann Greven.
    »Aber natürlich. Wobei der Begriff ›Vermögen‹ in diesem Fall eigentlich fehl am Platz ist. Wie Sie wahrscheinlich ebenfalls bereits wissen, hat ja mein Großvater Fokko das Schloss und fast das gesamte Familienerbe in eine Stiftung überführt. Sein Ansinnen war es, das Schloss so vor einem Verkauf durch einen seiner Erben zu bewahren. Ihnen die Hintergründe zu erklären, würde jedoch zu weit führen. Seine Enkel, also wir, genießen immerhin ein testamentarisch verfügtes Wohnrecht und können das Schloss auch anderweitig nutzen. Außerdem steht allen Familienmitgliedern eine bescheidene Apanage aus dem Stiftungsfonds zu. Ein paar andere Annehmlichkeiten gehören gewiss auch noch dazu, aber Vermögen würde ich dies nicht gerade nennen. Wie Sie sehen, muss ich meinen Lebensunterhalt ebenso verdienen wie Sie. Und das gilt natürlich auch für meine Geschwister.«
    »Thalke hat also auch hier gewohnt?«, fragte Greven.
    »Im Westflügel. Aber sie ist keiner Arbeit nachgegangen. Sie hat von dem gelebt, was uns Fokko und unsere Eltern gelassen haben. Später hat sie sich dann aufs Heiraten und auf Männerbekanntschaften verlegt. Ich sage Ihnen auch ganz ehrlich, dass es oft Streit in der Familie gegeben hat. Immerhin stehen die von und zu Aldenhausen ja auch im Fokus der Öffentlichkeit.«
    Es klopfte, und die Sekretärin brachte auf einem Tablett den Kaffee. Der Graf bediente sich umgehend, während Greven sich Zeit ließ.
    »Der Mörder, inzwischen selbst ein Mordopfer, wie Sie bestimmt aus der Zeitung erfahren haben, hat den Erben Thalkes einen mitunter tödlichen Besuch abgestattet. Daraus kann man zwei Schlüsse ziehen. Erstens, er muss gewusst haben, wer im Testament Erwähnung findet. Zweitens, das Objekt seiner Begierde steht in irgendeinem Zusammenhang mit diesem Erbe. Sie haben nicht zufällig eine Idee?«
    Das Gesicht des Grafen nahm mit einem Mal ernstere, nachdenklichere Züge an. Fast nebenbei trank er langsam seinen Kaffee, sah kurz aus dem Fenster und blickte dann wieder Greven an. »Dieser Zusammenhang ist auch mir nicht verborgen geblieben, dazu muss man kein Kommissar sein«, sagte er schließlich. »Und daher habe ich mir exakt diese Frage bereits gestellt.«
    »Und, haben Sie eine Antwort gefunden?«
    »Leider nicht. Nicht einmal im Ansatz. Ich verstehe es einfach nicht. Meine Schwester war am Ende ihres Lebens arm wie eine Kirchenmaus. Ohne ihre Wohnung hier und unsere Unterstützung hätte sie dieses Hartz IV beantragen müssen. Nein, das Interesse an dem lächerlich zu nennenden Erbe meiner Schwester kann ich nicht nachvollziehen. Falls ich dennoch mit einer Erklärung dienen kann, dann wäre es die eines fundamentalen Irrtums von Seiten des Täters. Oder die einer Falschinformation, die ihm wer auch immer zugespielt haben muss.«
    Greven beobachtete sein Gegenüber nicht nur sehr genau, er folgte auch dessen Gedanken, denen er zwar nicht unbedingt zustimmte, die aber auch nicht aus der Luft gegriffen waren. Aus seiner Warte waren sie sogar einer erkennbaren Logik

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