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Friesenherz

Friesenherz

Titel: Friesenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janna Hagedorn
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Bier war schnell erledigt: Weil Torge für Gartenfeste gern mal ein Fässchen be sorgte, konnte ich mit einem Zapfhahn umgehen und wusste, wie man das Glas zu halten hatte. Jetzt fehlte noch ein Mitternachts imbiss für Ann. Wir verließen die Bar, schlichen über hässliche Teppichböden an der verwaisten Rezeption vorbei, erschraken beim leisen Quietschen der Schwingtür, die in den Frühstücksraum führte, und kamen schließlich in der Küche an. Der Mond schien fahl durchs Fenster und spiegelte sich in Edelstahlflächen. Ein riesiger Kühlschrank summte monoton vor sich hin.
    Keiner da, der uns zurückhalten konnte.
    Ann öffnete die Kühlschranktür und inspizierte den Inhalt.
    »Aber Käse?«, fragte sie. »Kann ich denn Käse essen?«
    »Solange er nicht aus Rohmilch ist.«
    »Woher weiß ich das?«
    Gemeinsam inspizierten wir den eingeschweißten Fünf-Kilo-Laib, konnten aber keine näheren Informationen über die Inhaltsstoffe finden.
    »Dann such ich mir eben ein Brötchen und esse es so«, sagte sie.
    »Ich glaube, diesen Industriekäse kannst du schon riskieren.«
    »Kommt gar nicht infrage. Wenn man ein Kind hat, muss man eben Opfer bringen.«
    Sie kicherte, dann wurde sie auf einen Schlag wieder ernst. »Ich meine, ich weiß ja noch immer nicht, ob ich es kriege. Aber wenn, dann will ich wenigstens jetzt keinen Fehler machen.«
    Ann öffnete mehrere Türen, die von der Küche abgingen, fand schließlich die Speisekammer und kam mit zwei in Plastik eingeschweißten Scheiben Knäckebrot wieder. Das freute mich. Endlich würdigte mal jemand dieses traurige Paket, das sonst beim Frühstücksbüfett immer unangetastet blieb. Ich lauschte den Geräuschen, die aus dem Hotel zu mir herunterdrangen. Irgendwo Schritte, ein Lachen, draußen vor der Tür ein näher kommendes Auto.
    Ich nahm einen weiteren Schluck aus meinem Pilsglas. Ann war mittlerweile völlig unbekümmert, lehnte an der Küchenspüle und ließ ihr Knäckebrot krachen, als könnte nicht jeden Moment Lisi Schleibinger im Schlafrock vor ihr stehen und mit ihr mehrere verpennte Boldsumer Gesetzeshüter.
    »Ach übrigens«, sagte sie kauend, »du weißt schon, dass der Jan total auf dich steht, nä?«
    Diese Information, mal eben so zwischen zwei Bissen Knäckebrot in einer dunklen Hotelküche gegeben, war zu viel für mich. Ich verschluckte mich heftig, musste husten, und eine schaumige Fontäne spritzte auf mein dunkles Sweatshirt.
    Ann lachte und klopfte mir den Rücken.
    »Ich hab mir ja schon gedacht, dass es nicht ganz einseitig ist.«
    »Wie kommst du drauf, dass Jan auf mich stehen könnte?«, keuchte ich.
    »Na, dass er mich auch in sein Dampfbad eingeladen hat.« Ann sah träumerisch auf ihr angebissenes Knäckebrot. »Ich hab mir das ja schon gedacht, dass das nur war, um mich besser nach dir ausfragen zu können. Das kennt man ja, dass Typen sich nicht gleich an die Frau rantrauen, die sie gut finden, sondern erst mal bei ihrer Freundin vorfühlen, wie die Aktien stehen.«
    Bei der Freundin vorfühlen. Ja, ich erinnerte mich vage. Damals, im Tanzkurs. Da war ich häufig von gut aussehenden Jun gen in puddinggelben Sweatshirtjacken zum Tanzen aufgefordert worden. Die dann alle nur herausfinden wollten, ob meine beste Freundin derzeit mit jemand ging. Oder zu haben war. Aber galten diese Dating-Regeln auch noch in derart fortgeschrittenem Alter?
    »Weiter«, verlangte ich ungeduldig, »was genau hat er gesagt?« Im gleichen Moment erinnerte ich mich daran, dass ich ja eigentlich böse war auf Jan, weil er nach Ronjas Fotoshooting gefragt hatte. Aber dass er sich nach mir erkundigt hatte, warf nun wieder ein ganz neues Licht auf ihn.
    »Na, jedenfalls, kaum hatte ich mir einen Bademantel angezogen, fing das an. Ich glaube, er hielt seine Fragerei für total unauf fällig. War aber das absolute Gegenteil. Wollte wissen, wie ich dich so einschätze, was ich über deine Ehe weiß. Konnte ich natürlich nicht viel dazu sagen. Aber er kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. ›Diese Maike‹, hat er immer wieder gesagt, ›das ist mal ’ne richtige Frau. Eine, die weiß, was sie will und wo es lang geht.‹«
    »Sag mal«, ich blickte Ann misstrauisch an, »kann das sein, dass du mich hier … vergackeierst?«
    »Ich dich verarschen? Mich wundert eher, dass du das nicht längst weißt. Hat man doch gleich gesehen, dass der dich gut findet. Wenn er auf den Wattwanderungen was erzählt, dann schaut er dich doch immer schon so an, mit diesem

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