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Friesenherz

Friesenherz

Titel: Friesenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janna Hagedorn
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sah mich an, mit einer Mischung aus Ängstlichkeit und Stolz, und ich wunderte mich. Offensichtlich war er so ergriffen von seinem eigenen Heldenmut, dass er eine Kleinigkeit übersah.
    Betrug blieb Betrug.
    Außerdem konnte ich die Geschichte nicht mehr hören. Abgesehen davon, dass ich meinen Schwiegervater ganz gut verstehen konnte. Meine Schwiegermutter war wirklich speziell.
    Ann nickte angemessen beeindruckt und sagte nichts.
    Ich stand jetzt auch auf und stellte mich breitbeinig zu den beiden in den Sand. Manche Dinge besprach man doch besser auf Augenhöhe.
    »Wollt ihr das Haus haben?«, fragte ich leichthin.
    »Das Haus?« Torge blickte mich entgeistert an.
    »Weißt du, ich wollte eigentlich nie eine Immobilie kaufen. Ich wäre immer gerne mit leichtem Gepäck gereist. Aber du hast mich ja nie gefragt«, fuhr ich fort.
    »Was gibt es denn da zu fragen? Ich wollte dir ein Zuhause schaf fen! Und das habe ich auch getan!«, blökte er mich empört an.
    Ich hörte gar nicht richtig hin, denn meine Gedanken galoppierten voraus. Im Geiste war ich schon dabei, unseren Haushalt aufzulösen, und mit jedem Gegenstand, der verschwand, fühlte ich mich leichter, auf eine unwirkliche und etwas ungesunde Art und Weise. »Übrigens, das Tandem«, hörte ich mich sagen, »ich würde das nicht auf eBay stellen, da bekommen wir nichts mehr dafür. Lieber über den Händler versuchen, vielleicht kann man es in Zahlung geben.«
    Torge schüttelte den Kopf und sah mich dann mit einem bewusst milden Blick an. Zuletzt hatte ich diesen Blick an ihm gesehen, als sich die dreijährige Ronja am Boden eines Einkaufszentrums wälzte, weil sie sich keine Kunststoffelfe im Spielwarenladen aussuchen durfte.
    »Jetzt lass uns mal realistisch bleiben«, sagte er.
    »Ich finde das sogar sehr realistisch«, antwortete ich und versuchte, mir meine plötzliche Aufregung nicht zu sehr anmerken zu lassen. »Du wärst nicht der erste Mann, der auf seine alten Tage eine neue Familie gründen will. Erinnerst du dich an Thomas und Sabine aus dem Veilchenstieg? Die hat sich auch ausbezahlen lassen. Und hat jetzt eine Kinderboutique in Eppendorf und sieht jünger aus denn je.«
    Torge überhörte meine Bemerkung mit den alten Tagen geflissent lich und schüttelte stur den Kopf. »Ich will ja keine neue Familie.«
    Er blickte erst mich, dann Ann durchdringend an, als müssten wir uns gleich beide die Hände vor die Stirn schlagen und »Na, logisch!« rufen. Aber zur Abwechslung hatten Ann und ich mal wieder etwas gemeinsam: Offensichtlich verstand sie genauso wenig wie ich, auf was er hinauswollte.
    Torge spielte an dem Lederkettchen mit dem Ehering um den Hals, dann holte er tief Luft. »Es gibt zwei Varianten, die ich euch vorschlagen möchte«, sagte er dann. »Ich habe das schon mal durch gerechnet, praktikabel ist beides.«
    Ann und ich warfen uns einen flüchtigen Blick zu. Wir verstan den immer noch Bahnhof. Offensichtlich war Torge ganz in seinem Element, so als würde er eine Powerpoint-Präsentation für einen neuen Windpark vor einem finanzkräftigen Investor abhalten. Bloß ohne Powerpoint und ohne Laptop.
    »Also, Möglichkeit A wäre die Donnerstag-Freitag-Lösung. An diesen beiden Tagen könnte ich meine Stundenzahl reduzieren, denn die wichtigsten Meetings und Kundenbesuche finden ja meis tens in der ersten Wochenhälfte statt. An den Nachmittagen könnte ich das Kind nehmen und in der ersten Zeit auch mal über Nacht bleiben. Natürlich rein freundschaftlich«, fügte er rasch hinzu, »ich weiß ja, wie das ist, wenn die Babys noch nicht durchschlafen.«
    Ich dachte daran, was Ann mir erzählt hatte. Dieser sogenannte Freund, der zwischen Kindsmutter und Geliebter mit älteren Rech ten hin- und herpendelte.
    »Das müsste dir ja eigentlich bekannt vorkommen«, sagte ich zu Ann. Aber sie starrte Torge nur unverwandt an, als hätte er plötz lich Suaheli gesprochen.
    »Eine Lösung, bei der man mit verschiedenen Seiten der eigenen Person in Kontakt sein kann«, zitierte ich sie in gespreiztem Tonfall.
    Jetzt blickte sie mich an, als hätte ich nicht nur Suaheli gesprochen, sondern den speziellen Suaheli-Dialekt eines abgeschotteten Bergvolkes. Langsam schwante mir etwas. Ann hatte nur meine Reaktion testen wollen. Wissen wollen, was ich von solchen Lebens modellen hielt. Wahrscheinlich gab es weder den Mann noch die beiden Frauen, geschweige denn ein Kind.
    »Sag mal, dieser Freund, der Vater geworden ist …«, begann ich, aber Torge

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