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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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war eine gute Frage. Zumal die Freundin von Ole Lenhardt selbst hochschwanger war. Und ein Motiv wie bei dem toten Gynäkologen konnte man auch ausschließen. Miriam war eine waschechte Nordfriesin, arischer nach der Vorstellung dieser Ideologie ging es ja nun wirklich nicht. Und das galt wohl auch für den Kleinen.
    »Aber wer sollte sonst …?«, überlegte Thamsen laut.
    »Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, wie häufig es überhaupt in Deutschland vorkommt, dass Kinder geklaut werden? Zum Beispiel diese Kinderwagendiebstähle vor Supermärkten und Läden. Jede vernünftige Frau lässt doch heutzutage ihr Kind nirgendwo mehr unbeaufsichtigt stehen.«
    Davon hatte Dirk natürlich gehört. Aber warum taten diese Menschen das überhaupt? Unerfüllter Kinderwunsch? Ja, aber da gab es mittlerweile nun wirklich andere Methoden. Dr. Merizadi selbst war ja Spezialist auf diesem Gebiet gewesen.
    »Aber Wunder kann die Medizin auch nicht vollbringen«, warf der Arzt nun ein. »Es gibt halt immer noch Frauen …«
    Plötzlich klingelte Thamsens Handy. Er zuckte zusammen. Das letzte Mal, als er einen Anruf bekam, war die Leiche des Säuglings gefunden worden. Und auch jetzt schwante ihm nichts Gutes.
    »Thamsen?«, meldete er sich zögernd.
    »Dr. Prust …? Bitte …? Was …?« Er lauschte den Worten am anderen Ende der Leitung. Dann sprang er zum zweiten Mal an diesem Tag auf.
    »Entschuldigen Sie bitte«, er legte einen Fünf-EuroSchein auf den Tisch. »Ein Notfall.«

20.
     
    Die Neuigkeit über den toten Säugling verbreitete sich wie ein Lauffeuer im gesamten Dorf. Schon in den Frühnachrichten im Radio wurde darüber berichtet.
    »Das ist so furchtbar«, flüsterte Marlene unter Tränen und drückte Niklas etwas fester an sich.
    »Ja«, nickte Haie, der noch vor Arbeitsbeginn bei den beiden vorbeigekommen war, um ihnen von dem traurigen Ereignis zu erzählen. »Und dann auch bei der KZ-Gedenkstätte. Also langsam muss da etwas passieren. Diese braunen Typen sind echt die Pest.«
    Tom nickte, gab aber zu bedenken, dass wahrscheinlich wieder keiner gesehen hatte, wer den Leichnam am Dokumentenhaus abgelegt hatte.
    »Und selbst wenn, wer will schon gegen diese Nazis aussagen?«
    Er blickte Haie direkt ins Gesicht. Natürlich konnte er den Freund verstehen und letztlich hätte er wohl ähnlich gehandelt. Doch wenn jeder so dachte, dann würde man diese Kerle nie dingfest machen. Und besonders Jugendliche ließen sich von diesen Parolen stark beeinflussen, sodass sich dieses hässliche Gedankengut immer weiter ausbreitete.
    »Ich war noch nie an der Gedenkstätte«, gab Haie zu. »Vielleicht sollten wir uns da mal umschauen?«
    Tom hatte für heute ohnehin einen freien Nachmittag geplant. Am Morgen hatte er zwar ein paar Dinge bei der Bank zu regeln und anschließend wollten sie Niklas offiziell im Amt Bökingharde anmelden, aber am Nachmittag konnten sie sicherlich einen Ausflug machen. »Wann kannst du denn Feierabend machen?«, fragte er Haie. Der grinste. »So gegen Mittag?«
     
    Thamsen hatte kaum seinen Ohren getraut, als er am Abend den Anruf von Dr. Prust entgegengenommen hatte. Aber was ihn in der Praxis erwartete, hatte all seine Vorstellungen übertroffen.
    Der Arzt, der eigentlich nur die Geschäfte des ermordeten Freundes abwickeln sollte, war von Ole Lenhardt bedroht worden. Wenn er die Geburt der Freundin nicht in der Praxis einleite, blühe ihm dasselbe Schicksal wie seinem Freund.
    »Aber wieso wollen die nicht in eine Klinik?« Thamsen verstand diese Drohung nicht. Immerhin erwartete die Frau ein Kind. Da war man im Krankenhaus am besten aufgehoben. Oder hatten die doch nichts mit der Entführung zu tun und nur Angst, ihr Kind könnte auch geklaut werden?
    »Die waren scheinbar noch nicht mal bei einer Hebamme. Dr. Merizadi hatte alles in Bezug auf die Schwangerschaft selbst betreut. Angefangen von der Befruchtung bis …«
    »Befruchtung?«, Thamsen hatte nicht verstanden.
    »Ja, anscheinend konnte die junge Frau auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen, obwohl«, und das hatte den Arzt stutzig gemacht, »die Werte ganz normal waren.«
    Gut, manchmal gab es unerklärliche Umstände, warum eine Frau nicht schwanger wurde, aber er hatte sich daraufhin sämtliche künstlichen Befruchtungen des letzten Jahres mal genauer angeschaut.
    »Da waren noch mehr Fälle, bei denen die Werte eigentlich nicht gegen eine natürliche Schwangerschaft sprachen und …«
    Thamsen hatte ungeduldig genickt. »Es

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