Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi
angeblich nicht tödlich, meint der Rechtsmediziner.«
»Aber was war dann die Todesursache?«
»Keine Ahnung.« Thamsen runzelte die Stirn, der Fall war wirklich seltsam. Er konnte verstehen, dass der Kollege nicht so recht wusste, wo er ansetzen sollte.
»Meinen Sie, wir können die Witwe befragen?« Peer Nielsen blickte zweifelnd auf Erika Matzen, die zusammengesackt auf dem Stuhl saß.
»Wir können es versuchen«, schlug Thamsen vor, »aber allzu viel würde ich mir davon nicht versprechen.«
Die Fahrt ins Polizeipräsidium verlief schweigsam. Thamsen war ohnehin zu konzentriert auf den Verkehr und musste aufpassen, den Wagen des Kollegen nicht aus den Augen zu verlieren. Doch als die Witwe nicht reagierte, nachdem er geparkt hatte und ihr die Tür aufhielt, machte er sich Sorgen. Vielleicht hätten sie die Frau besser zu einem Arzt bringen sollen? Als er Erika Matzen darauf ansprach, schüttelte sie allerdings vehement den Kopf. »Geht schon«, flüsterte sie und stieg endlich aus. Das Gebäude war im Vergleich zu seiner Dienststelle in Niebüll riesig. Am Empfang, wo sie sich ausweisen mussten, gab es eine Sicherheitsschleuse, die sie aber dank Peer Nielsen schnell passieren durften. Und auch das Büro des Kollegen war im Vergleich zu seinem viel größer und auch moderner eingerichtet. Für einen kurzen Moment war er beinahe neidisch, musste dann aber an die Kollegen, die ihnen im Flur begegnet waren, denken. Die Stimmung – und dafür hatte Thamsen eine gute Nase – schien ihm nicht die beste zu sein. Wahrscheinlich gönnte die Hälfte der Belegschaft dem jungen Kollegen seinen Posten nicht, und gegen solch ein schlechtes Betriebsklima half auch ein modernes Büro nicht.
»Frau Matzen«, begann Nielsen mit der Befragung, nachdem er für alle einen Kaffee besorgt und sie Platz genommen hatten. »Können Sie mir bitte den genauen Ablauf am Donnerstag schildern?« Erika Matzen hielt sich krampfhaft an dem Becher fest. »Wann ist denn Ihr Mann genau verschwunden?«
»Das weiß ich nicht.«
»Ihr ist bei der Hafenrundfahrt schlecht geworden, deswegen war sie an Deck des Schiffes, während alle anderen unten saßen. Erst im Bus ist ihr aufgefallen, dass ihr Mann nicht mehr da war«, griff Thamsen ein, dem der Ablauf von der Aufnahme der Vermisstenanzeige bekannt war.
Peer Nielsen nickte. »Könnten Sie dann vielleicht die Befragung der Mitreisenden übernehmen?«
Er blickte Thamsen an, der innerlich bei dieser Bitte seufzte. Der Bus war wahrscheinlich voll gewesen, was bedeutete, dass etwa 50 Rentner zum Verbleib von Heinrich Matzen befragt werden mussten. Das würde Stunden dauern und eine Menge Nerven kosten. Trotzdem nickte er, holte aus seiner Tasche sein Merkbuch und begann, sich Notizen zu machen. »Und gab es im Umfeld Ihres Mannes Probleme? Hatte er Streit oder Feinde?« Peer Nielsen benutzte dieses Wort ungern, aber im Fall Erika Matzens musste er deutlich werden, um überhaupt zu ihr durchzudringen. Ihr Gesichtsausdruck verriet ihm, dass die Frau dabei war, sich in eine Art Schneckenhaus zurückzuziehen und er sich beeilen musste, wenn er noch an brauchbare Informationen kommen wollte. Doch zu spät. Erika Matzen schüttelte nur den Kopf und begann unvermittelt, über Hamburg und jegliche Verbrecher zu schimpfen.
»Ich will sofort nach Hause«, schrie die Witwe und sprang auf. »Hier ist man sich seines Lebens nicht mehr sicher. Unbescholtene Bürger werden in dieser Stadt am helllichten Tag erschlagen und die Polizei macht nichts!« Die beiden Kommissare mussten einsehen, dass eine weitere Befragung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts bringen würde.
»Ich rufe Sie an«, sagte Thamsen, als er aufstand und Erika Matzen aus dem Büro führte, »wenn ich mich ein wenig umgehört habe.«
»Ach guck mal, Niklas, der Papa ist schon zu Hause!«, rief Haie, als er mit dem Kleinen das Haus betrat. Sie waren am Nachmittag spontan ins Freibad gefahren, da die Sonne derart heiß geschienen hatte und beide eine Abkühlung gebrauchen konnten. Leider waren sie nicht die Einzigen gewesen, die auf diese Idee gekommen waren. Es hatte kaum noch einen Platz auf der Liegewiese gegeben. Aber Niklas hatte in dem Planschbecken seinen Spaß gehabt, und das war für Haie die Hauptsache. Nun war der Kleine allerdings müde und knäckelte ein wenig herum. Tom saß am Schreibtisch und war über die Störung sichtlich verärgert. Doch Haie kümmerte das wenig und er drückte dem Freund Niklas auf den Schoß. »Ich
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