Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi
piepste wie verrückt, als er einen Endspurt hinlegte. Er war früh am Morgen aufgestanden und hatte beschlossen, laufen zu gehen. Die Sonne schien seit Tagen von einem strahlend blauen Himmel, sodass man sich ohnehin nur bei Tagesanbruch sportlich betätigen konnte. Ansonsten war es viel zu heiß. Er verringerte sein Tempo kurz vor dem Eingang zur Badewehle. Gern wäre er zur Abkühlung kurz hineingesprungen, aber er wollte rechtzeitig wieder zu Hause sein. Wenngleich er nicht jedes Wochenende komplett mit seinen Kindern verbrachte, das gemeinsame Frühstück war heilig.
»Da hat eine Frau für dich angerufen«, empfing Anne ihn. Sie lief im Nachthemd und verwuschelten Haaren herum, war wahrscheinlich gerade erst aufgestanden.
»Und?« Aus den wenigen Informationen konnte er keine Schlüsse ziehen.
»Sie hat was von einer Versammlung gesagt.« Thamsen dämmerte es. Gleich nachdem er aus Hamburg zurück gewesen war, hatte er die Vorsitzende des Seniorenvereins kontaktiert.
»Und wann?«
»Drei Uhr.«
»Und wo?«
»Weiß ich doch nicht. Bin doch nicht deine Sekretärin.« Typisch Teenager. Hatten ihre Gedanken überall, nur nicht da, wo man sie gebrauchen konnte. Und dann diese Launen. Er rollte mit den Augen, als Anne sich umdrehte und in ihr Zimmer verschwand.
»Aber aufstehen jetzt!«, ermahnte er sie. »Gibt gleich Frühstück.«
»Ja, ja.«
Er zog sich das verschwitzte T-Shirt aus und rieb sich mit einem Handtuch ab. Duschen hatte momentan keinen Zweck. Er schwitzte viel zu sehr nach. Dann griff er zum Telefon. Zum Glück hatte er die Nummer, denn Anne hatte mit Sicherheit nichts notiert.
»Das ging aber schnell mit der Versammlung«, lobte er Erna Hansen. »Wie haben Sie es nur geschafft, in so kurzer Zeit alle Mitglieder zu verständigen?«
»Na, wir haben da eine Telefonkette. Für Notfälle. Und das ist schließlich einer, oder?« Thamsen ließ sich die Uhrzeit bestätigen und erklären, wo die Versammlung stattfinden sollte. »Ich habe Kuchen bestellt. Ist ja Kaffeezeit, näch?« Er seufzte leise. Na, das konnte ja heiter werden. 50 schnatternde, aufgeregte nordfriesische Rentner sollten von ihm während eines Kaffeeklatsches verhört werden. Prost Mahlzeit.
Peer Nielsen wälzte sich im Bett herum, aber er konnte nicht mehr schlafen. Dabei war er erst wenige Stunden im Bett und hatte im Prinzip kein Auge zu getan. Er war gestern Abend mit seinem Freund Sören als Wiedergutmachung für die geplatzte Verabredung auf dem Kiez um die Häuser gezogen und dabei in einer Kellerkneipe versackt. Der kleine Laden war vor lauter Gästen fast aus allen Nähten geplatzt, aber die Stimmung war gigantisch gewesen. Sie hatten nicht gemerkt, wie spät es war – oder besser wie früh, denn als sie über die schmale Treppe wieder an der Oberfläche Hamburgs aufgetaucht waren, wurde es schon hell. Der Fischmarkt war im vollen Gange gewesen. So hatten sie sich zum Abschluss ihrer durchzechten Nacht zwischen Horden von Touristen und anderen Nachtjacken ein Matjesbrötchen gegönnt. Todmüde war er anschließend ins Bett gefallen und hatte doch keinen Schlaf finden können. Er schlug die leichte Sommerdecke zurück und setzte sich auf. Sein Schädel brummte, und schwindelig war ihm auch. Langsam schlurfte er in die Küche und stellte die Kaffeemaschine an. Anschließend holte er sich aus dem kleinen Spiegelschrank über dem Waschbecken im Badezimmer ein Aspirin und löste die Brausetablette in einem Glas Wasser auf. Während er die sprudelnde Flüssigkeit Schluck für Schluck trank, blickte er auf den Alsenplatz hinunter. Dort, wo man ansonsten nur mit viel Glück einen Parkplatz fand, waren etliche Lücken frei. Die Menschen nutzten das gute Wetter und waren wahrscheinlich aus der Stadt an die Nord- oder Ostseeküsten geflüchtet. Seine Vermutung bestätigte sich, als er das Radio anstellte.
»A 1 Hamburg Richtung Lübeck zwischen Kreuz Bargteheide und Reinfeld sechs Kilometer Stau. A 23 Hamburg Richtung Heide zwischen Pinneberg und Elmshorn zähfließender Verkehr auf einer Länge von circa zehn Kilometern.« Peer Nielsen goss sich einen Kaffee ein und ging zurück ins Schlafzimmer, das gleichzeitig auch als Wohnzimmer diente. »Und was machen wir heute, Fritzchen?«, fragte er seinen Leguan, während er ihm ein Stück Apfel reichte. Das Tier vertilgte das Obst mit großem Appetit, obwohl das Fruchtfleisch bereits braun war. Aber der Leguan war die sehr unregelmäßigen Fütterungszeiten gewohnt und nahm daher
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