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Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
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verkaufen oder zumindest zu verpachten. Was dann aus ihr werden sollte, wusste sie nicht. Der Hof war ihre Heimat. Den größten Teil ihres Lebens hatte sie hier verbracht. Wohin sollte sie gehen? Sie war verzweifelt, und diese Verzweiflung rührte mehr aus der Sorge um ihre eigene Zukunft als aus dem Verlust ihres Ehemannes.
      Denn die Pläne, welche sie einst für ihr Leben geschmiedet hatte, schienen mittlerweile so weit entfernt. Unerreichbar. Deshalb klammerte sie sich an jeden Grashalm, der sich ihr bot.
      »Und wenn ich vielleicht Friedhelm und Irmtraud frage?«
      »Bist du verrückt?«
      Ulf schaute sie verständnislos an. Nach alledem, was zwischen dem Onkel und seinem Vater vorgefallen war, würde dieser wohl kaum den Hof übernehmen. Gut, seine Mutter hatte sich weitgehend aus dem Streit herausgehalten. Aber ergriff sie allein dadurch nicht bereits Partei für seinen Vater? Sein Onkel könnte das jedenfalls so sehen.
      »Du kannst doch nicht, nach allem, was vorgefallen ist, Friedhelm anbetteln, dass er dir den Hof führt!«
      »Wieso?«, fragte seine Mutter und gab zu bedenken, dass sie mit dem Streit der beiden Männer nichts zu tun gehabt hätte. Sie würde in der Nachlasssache dem Schwager freie Hand lassen, dann würde er sich sicherlich revanchieren.
      »Außerdem ist ihm die Familietradition doch so wichtig.«
      »Ich glaube nicht, dass es in dem Streit nur um Omas Erbe gegangen ist.«
      Sophie Carstensen hob ihren Blick von dem Fotoalbum und blickte ihn an. Er hatte recht. Die Situation war bereits vor dem Tod der Mutter angespannt gewesen. Die Brüder hatten sich schon länger nicht sonderlich gut verstanden, ständig gestritten, wegen jeder Kleinigkeit waren sie aneinandergeraten. Wann das angefangen hatte, wusste sie nicht mehr genau, aber sie konnte den Grund dafür erahnen.
      Als sie Kalli kennenlernte, war das Verhältnis innerhalb der Familie noch in Ordnung. Jedenfalls einigermaßen. Ihr Mann hatte nie verstanden, warum sein Bruder lieber Bäckergeselle geworden war, statt sein eigner Herr zu sein. Er hatte zwar des Öfteren über die kleinen Brötchen gespottet, die dieser bedingt durch seinen Job im Gegensatz zu ihm, einem erfolgreichen Landwirt, backen musste, aber im Großen und Ganzen waren sie miteinander ausgekommen. Erst später nahmen die Zwistigkeiten zwischen den beiden zu, und Friedhelm und Irmtraud waren immer seltener ihre Gäste, bis sie schließlich gar nicht mehr kamen. Anfangs versuchte sie zu vermitteln, fragte, ob sie die Verwandten nicht einmal wieder einladen sollten.
      ›Der soll bleiben, wo er ist und sich um seinen eigenen Kram kümmern‹, lautete Kallis grimmige Antwort, worauf sie sich nicht traute zu fragen, was genau er damit meinte.
      »Hast du etwa mit Friedhelm darüber gesprochen?«
      Sie war beunruhigt und wartete ängstlich auf eine Antwort. Ulfs letzte Äußerung rief ihr ins Gedächtnis, auch ihm war verständlicherweise der Auslöser des heftigen Streits bekannt. Doch zu ihrer Erleichterung schüttelte der Sohn wortlos seinen Kopf.

    »Also ich glaube nicht, dass er etwas mit dem Mord zu tun hat!«
    Marlene legte die Speisekarte zur Seite und blickte
    Tom und Haie über den Tisch hinweg an. Sie saßen in einem kleinen italienischen Restaurant in Wyk.
      Auf ihrem Rückweg zum Fahrradverleih waren sie an dem weißen Haus vorbeigekommen, aus dessen Inneren köstliche Gerüche zu ihnen auf die Straße geströmt waren. Das Wasser war ihnen förmlich im Mund zusammengelaufen, so herrlich hatte es nach aromatischen Kräutern und pikanten Nudelgerichten geduftet. Und so hatten sie schnell die Fahrräder zurück auf den kleinen Vorplatz des Fahrradverleihs gestellt und waren eilig die wenigen Schritte zurück zum Restaurant gelaufen.
      »Wie kannst du dir da so sicher sein? Du kennst Barne doch gar nicht.«
      Tom klappte ebenfalls die Karte zu. Im Gegensatz zu seiner Freundin hatte ihm das Gespräch mit dem ehemaligen Dorfbewohner weniger Klarheit verschafft. Er wusste nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte.
      »Na hör mal«, entgegnete Marlene auf seine anzweifelnde Feststellung, »man merkt doch, ob jemand lügt.«
      Die Tränen, so behauptete sie, seien jedenfalls echt gewesen. So sehr konnte man sich ihrer Ansicht nach nicht verstellen. Nicht, wenn es um den Tod eines geliebten Menschen ging.
      »Das mag ja sein, aber das beweist noch lange nicht, dass er Kalli nicht umgebracht hat. Oder

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