Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Kalli Carstensen ein Schulfreund gewesen, da war es nur verständlich, dem Verstorbenen eine letzte Ehre zu erweisen. Außerdem bestand die Möglichkeit, sich ein Bild über die anwesenden Trauergäste zu machen. Eine Beerdigung gab manchmal mehr Aufschluss über die Art der Beziehungen, welche andere zu dem Verstorbenen gehabt hatten, als Befragungen. Vielleicht würde sogar der Mörder am Grab auftauchen. Wer konnte das schon vorhersagen?
      Aufgrund des starken Regens beschlossen sie, mit dem Auto zum Friedhof zu fahren. Es war zwar nicht besonders weit, aber aus dem wolkenverhangenen Himmel goss es wie aus Kübeln. Die Scheibenwischer kämpften gegen die Fluten auf der Windschutzscheibe an. Angestrengt starrte Tom zwischen dem Auf und Ab der Wischblätter auf die Straße.
      Sie parkten auf dem kleinen Vorplatz zum Friedhof. Der Boden war durch den Regen stark aufgeweicht. Haie trat beim Aussteigen direkt in eine der zahlreichen Pfützen, die sich auf dem matschigen Untergrund gebildet hatten.
      »Mist!«, schimpfte er und betrachtete ausgiebig seinen nassen Fuß. Der neue schwarze Lederschuh war beinahe komplett ruiniert.
      »Nu komm«, trieb Tom ihn an, der inzwischen ebenfalls ausgestiegen war, »oder willst du da Wurzeln schlagen?«
      Das Tor zum Friedhof war weit geöffnet. Am Ende des Kieswegs, der zur Kirche führte, stand der Leichenwagen, aus dem einige Männer gerade den dunklen Eichensarg hoben. Ein mulmiges Gefühl ergriff Tom. Es war nicht so sehr der Gedanke an den Leichnam, der sich in dem schweren Holzkasten befand, sondern vielmehr die Vorstellung, einmal selbst in solch einer dunklen Kiste zu liegen. Sie folgten den Trägern in einigem Abstand ins Innere des Backsteingebäudes.
      Wider Erwarten war die Kirche gut besucht. Nur hier und da gab es noch vereinzelt freie Plätze.
      »Hätt' nicht gedacht, dass so viele kommen würden«, flüsterte Haie ihm zu. Tom nickte. Auch er war überrascht, so viele Trauergäste in der kleinen Dorfkirche versammelt zu sehen. Er vermutete jedoch, dass die meisten nicht gekommen waren, um dem ermordeten Landwirt einen letzten Gruß mit auf seinen Weg in die Ewigkeit zu geben, sondern weil Sensationslust sie hierher getrieben hatte.
      Jeder wollte dabei sein, wenn das Opfer des Gewaltverbrechens, welches sich vor wenigen Tagen vor ihren eigenen Haustüren ereignet hatte, der Erde übergeben wurde. Würde der Pastor in seiner Trauerrede ein Wort über die ungeklärten Todesumstände verlieren? Würde die Polizei vor Ort sein? Und der Mörder? War er vielleicht unter den Trauergästen?
      Und selbstverständlich wollte man nicht verpassen, wenn sich eventuell eine Tragödie am Grab des Ermordeten abspielte. Würde die Familie überhaupt kommen? All dies waren Gründe, warum die Menschen in Scharen zu dieser Trauerfeier strömten.
      Der Sarg wurde im vorderen Bereich des Kirchenschiffs, gesäumt von Kerzen und Blumenkränzen, aufgebaut. Tom und Haie hatten jeweils einen Platz in einer der hinteren Reihen ergattern können. Sie blickten sich interessiert um.
      In der vordersten Reihe saßen Sophie Carstensen und ihr Sohn Ulf, daneben die Schwägerin Irmtraud. Kallis Bruder war nicht gekommen. Haie hatte es nicht anders erwartet. Die Carstensens waren bekannt für ihren Sturkopf und Starrsinn.
      Die meisten anderen Gäste kannte er ebenfalls. Nur eine Reihe vor ihnen saß Thamsen, der sich anscheinend von der Beerdigung neue Ermittlungsansätze versprach. Wahrscheinlich tritt auch er auf der Stelle, mutmaßte Haie über die Gründe für die Anwesenheit des Kommissars und dachte an seine eigenen Nachforschungen, die in den letzten Tagen immer mehr ins Stocken geraten waren.
      Er hatte aufgrund des verdächtigen weißen Wagens auf eigene Faust sämtliche Autovermietungen im Umkreis angerufen. Doch entweder erhielt er als Privatperson keine Auskunft, oder aber man teilte ihm mit, dass es in den letzten Tagen keinerlei Schäden an den vermieteten Autos gab. Der Wagen, dem Kalli Carstensen jedoch zum Opfer gefallen war, musste erhebliche Blessuren aufgewiesen haben. Das jedenfalls hatte Kommissar Thamsen behauptet, als er ihnen von der Todesursache berichtete. Der Aufprall musste derart heftig gewesen sein; unter Garantie waren auch Schäden am Fahrzeug entstanden.
      Vielleicht hatte der Fahrer des Wagens, den Ole Jessen und Manni Thiele des Nachts durch Risum-Lindholm hatten rasen sehen, aber auch gar nichts mit dem Tod des Landwirts

Weitere Kostenlose Bücher