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Friesenschnee

Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Frau, aber glaubte sie denn wirklich, dass er ein Fingerchen für sie krümmen würde, nur weil er einmal etwas mit ihr gehabt hatte? Dazu Anrufversuche von Hansen und natürlich von Patrick Immel.
    Mist. Vielleicht hätte sich Olli gestern besser doch noch in die Erika-Stuben begeben sollen, dann wäre der Spuk vielleicht heute schon ausgestanden gewesen. Den ganzen Morgen grübelte er darüber nach, ob Immel nicht nach seinem Fernbleiben Nachforschungen über ihn angestellt haben würde. Wenn dabei herauskommen würde, dass er Halbedel überhaupt nicht gekannt hatte, dann drohte für seine edlen Körperteile der Ganges.
    Nein, Olli musste aus der Schusslinie verschwinden. Schließlich kam ihm die rettende Idee. Er würde sich für ein paar Tage einfach in irgendeinem Hotel in St. Georg einnisten. Jetzt konnte es nur noch darum gehen, am helllichten Tag unbemerkt dorthin zu gelangen. Er bestellte sich ein Taxi.
    Ängstlich blickte er sich im Treppenhaus um, bevor er– getarnt mit seinem ältesten Kapuzenpullover– leise seine Wohnungstür verschloss. Das letzte Mal hatte er das immer noch leicht verschwitzte Teil beim letzten Schanzenfest getragen, bei dem er fast unter die Räder gekommen wäre. Dieses Mal war jedoch alles viel schlimmer, denn vor Immel musste man Angst haben.
    Das Treppenhaus war glücklicherweise frei, und so stürmte er in Zickzacklinien wie ein Soldat auf der Flucht in der Angst vor einem Hinterhalt zur Haustür. Als er heraustrat, musste er zunächst kurzzeitig vor der Helligkeit des Tages die Augen verschließen. Verdammt, warum konnte es an solchen Tagen wie heute nicht einfach regnen?
    Vergeblich fischte er in der Hosentasche nach seiner Sonnenbrille. Seine Rettung war das tiefe Herunterziehen der Kapuze, und vorsichtig öffnete er wieder seine Augenlider. Vor der Tür stand zwar der ersehnte Mercedes, aber es war nicht der Taxifahrer, der ihn entspannt vom Fahrersitz durch die geöffnete Beifahrertür begrüßte, sondern Patrick Immel. »Moin, Olli. Wohin des Weges? Auf dem Weg zum Rot-Kreuz-Laden?«
    Diese Bemerkung von Pimmel spielte natürlich auf sein schäbiges Outfit an. Wieso wusste Immel, wo er wohnte? Olli stand jetzt mit dem Rücken an der Wand, einen Fluchtweg sah er nicht. Vermutlich war es am vernünftigsten, sich eine faule Ausrede auszudenken.
    »Moin, Patrick. Tut mir echt leid wegen gestern Abend, aber es ging mir nach dem Telefonat schlagartig grottenschlecht. Ich musste die ganze Nacht durchreihern, und dann wieder Flitzkacke. Das habe ich oft, weißt du doch auch von Lollo. Ich wollte mich gerade auf den Weg zu den Erika-Stuben machen.«
    Das freundliche Nicken von Patrick Immel kam unerwartet. Er wirkte ein wenig nervös, weil er ständig seine dunkle Sonnenbrille in den Händen rotieren ließ. Seine Stimme war jedoch in Samt und Seide gehüllt. »Komm, Olli. Steig einfach zu mir ein und lass uns über alles Weitere verhandeln. Oder verabscheust du etwa die Marke mit dem Stern? Hinter mir drängelt bereits der Nächste.«
    Die ruhige Ansprache bestärkte Olli, sich besser neben Immel auf den Beifahrersitz zu begeben. Aus den Augenwinkeln heraus registrierte Olli beim Hinsetzen sein bestelltes Taxi, das von Immels Mercedes geblockt wurde. Der dunkelhäutige Fahrer fuchtelte aufgeregt mit den Armen.
    Ärgerlicherweise zerstörte der wütende Zuruf des radebrechenden Taxifahrers hinter ihm die friedliche Situation. »Taxi zu St. Georg! Du nicht Herr Heldt?«
    Glücklicherweise ging Immel darauf nicht weiter ein, sondern begann weltmännisch mit einem herzlichen Händeschütteln den Beginn einer großen Freundschaft einzuleiten. »St. Georg? Das Taxi wird ja kaum von dir bestellt sein, oder? Er wird schon noch seinen Fahrgast finden, glaube mir. Und richtig, in meiner weisen Voraussicht habe ich geahnt, dass du den Weg zu mir finden wolltest. Deswegen stehe ich vor deiner Tür.«
    Seine Überraschung konnte Olli nicht verbergen. »Du weißt, dass ich hier wohne, Patrick?«
    Immel antwortete lächelnd. »Sicherlich. Das ist doch nichts Verbotenes, dein Name steht schließlich an der Tür.«
    Olli nickte. Immel rückte jetzt ein wenig näher. »Ach so, noch eins. Nicht Patrick, den Namen mag ich nicht besonders. Sag einfach Pimmel zu mir. Machen alle Freunde von mir so.«
    Olli nickte zwar, aber ihn überkam ein mulmiges Gefühl. Freunde.
    Unerwartet drehte sich Pimmel jetzt um und reckte drohend die Faust. In vulgärstem Tonfall zählte er den Taxifahrer aus.

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