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Friesenschnee

Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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weil der Fahrer sich abmühte, auf dem engen und von vielen Fahrzeugen verstellten Gelände zu wenden. Irgendwann hatte er es hinbekommen, und gleich darauf schälte sich eine langhaarige, schmächtige Person vom Fahrersitz, um den Tankrüssel von der Zapfsäule in den Tank zu bugsieren. Der Tankstopp geriet ausgesprochen kurz, und wenig später stürmte der langhaarige Fahrer zielstrebig zur Kasse. Oder war es eine Frau?
    Der Zahlbetrag war einstellig, aber der folgende Zahlvorgang verlief selbst für diesen umtriebigen Ort ungewöhnlich geräuschvoll, weil Hunderte von Münzen auf den Zahlteller prasselten. Da hatte offensichtlich jemand seine letzten Kröten zusammengeklaubt.
    Der Kommissar nutzte die Zeit des langwierigen Nachzählens durch den Tankwart, um den Kleinbus durch das Schaufenster genauer unter die Lupe zu nehmen. Auffällig war der mit einem Finger in den Dreck gezogene Kreis mit den Buchstaben FCS. Vermutlich eine Hommage an einen Fussballclub Soundso.
     
    Der Langhaarige verzog sich nach dem Bezahlen wieder zum Transit. Hansen war sich immer noch nicht sicher, wie echt dessen Haarpracht war, als dieser wieder seinen Platz auf der Fahrerseite einnahm. Dann schien der Langhaarige Probleme mit der Kupplung zu haben, denn er begann, das Gaspedal des alten Transits zu malträtieren. In der Folge schoss sein Fahrzeug wie eine Rakete schlingernd vom Tankstellengelände weg und trotz der roten Ampel direkt über die Kreuzung den Knooper Weg hoch. Die Rückseite des Busses war weniger verschmutzt, und die jetzt selbst aus der Entfernung erkennbaren Buchstaben ließen Hansen das Blut in den Adern gefrieren: ›MischMasch‹.
    Das war das Fahrzeug der Hamburger Theatertruppe. Der Kommissar eilte zur Tür, um dem Bus hinterherzurennen, aber sein Schwung wurde jäh von einer Hand gestoppt, die seinen Arm fest umklammerte.
    »Warum in die Ferne schweifen, Hansen? Das Gute liegt so nah. Die werden uns schon nicht weglaufen, die suchen lediglich nebenan am Schauspielhaus einen Parkplatz. Gibst du einen Kaffee aus?«
    Es war die Stimme von Stuhr. Hansen versuchte zunächst vergeblich, sich dem Griff Stuhrs zu entwinden. »Nur wenn du mich sofort loslässt. Stuhr, so geht das nicht! Du verhinderst polizeiliche Ermittlungen.«
    Das schien Stuhr wenig zu jucken, aber er ließ wenigstens den Arm los.
    Verärgert grantelte Hansen Stuhr an. »Wo kommst du eigentlich her?«
    Der Daumen von Stuhr wies hinter seinen Rücken in die Richtung, in die der Kleinbus entschwunden war. »Aus dem ollen Transit natürlich. Oder denkst du, dass ich vom Himmel gefallen bin?«
    Das Grinsen von Stuhr überging der Kommissar. »Du bist wirklich mit diesem schäbigen Bus gekommen?«, fragte Hansen ungläubig nach.
     
    Stuhr zog mit unbewegter Miene einen Bierdeckel aus der Tasche. »Right, Sir. Direkt von der Insel Föhr. Hier ist der Beweis, ein Bierdeckel der Wyker Hafenkneipe ›Glaube, Liebe, Hoffnung‹. Wo steht mein Kaffee, bitte?«
    Der Bierdeckel wies in der Mitte die gleichen Kürzel FCS auf wie die Schmiererei, die Hansen vorhin beim Betrachten des Busses bemerkt hatte. Am oberen Außenrand war die Langform ›Fides – Caritas – Spes‹ zu lesen, und darunter die deutsche Übersetzung: ›Glaube– Liebe–Hoffnung‹.
    Während der Kommissar an der Kasse einen zweiten Becher Kaffee für Stuhr besorgte, überlegte er, ob diese Übereinstimmung von FCS mit dem Bierdeckel ein Zufall war oder ob das für die Aufklärung des Falles noch von Bedeutung sein könnte. Er konnte sich aber keinen Reim darauf machen, und so wendete er sich wieder mit den auf der Hand liegenden Fragen an Stuhr. »Warum bist du denn nicht mit deinem Golf gefahren?«
    Das Gesicht von Stuhr wies jetzt schmerzhafte Züge auf. »Schrottreif. Nicht so lustig. Jugendliche haben randaliert und die Reifen zerstochen. Neue Reifen werden vermutlich mehr kosten, als die gesamte Kutsche wert ist. Aber das ist eine lange Geschichte.«
    Ja, diesen Schmerz kannte Hansen auch, wenn ein treuer Begleiter das Zeitliche gesegnet hatte. Er lenkte deshalb das Gespräch in eine andere Richtung. »Hast du inzwischen irgendetwas von Olli Heldt gehört? Der ist wie vom Erdboden verschwunden. Soll ich meine Hamburger Kollegen nicht bitten, ihn dort aufzuspüren? Könnte sein, dass vielleicht Gefahr im Verzuge ist. Ich mache mir ernsthaft Sorgen um ihn.«
    Stuhr nahm zunächst vorsichtig einen Schluck von dem heißen Kaffee, bevor er gedehnt antwortete. »Um Olli musst du dir nun

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