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Friesenschnee

Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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verrennen sich in diesem Fall. Ich benötige Ihre Kraft ganz woanders.«
    Ja, sicher benötigte Magnussen seine Kraft ganz woanders, nämlich für seine Partei bei der neuen Personalpolitik in der Polizeidirektion. Doch seine Mitarbeit konnte sich der Direktor in den Wind schreiben, denn die Hinweise von Fingerloos hatten ihn mehr als nachdenklich gestimmt.
    Um ihn zu ärgern, hatte Hansen den Polizeidirektor mit der Bester aufgezogen. Doch Magnussen hatte ihm daraufhin eine harsche Abfuhr erteilt. »Bester, Bester, Bester. Wenn ich diesen Namen nur höre, dann geht mir schon der Hut hoch. Die nehmen Sie mal nicht so ernst. Mir ist nicht bekannt, dass die Dame irgendwann eine polizeitaktische Ausbildung genossen hätte, denn dann würde sie nicht einen solchen Stuss verbreiten. Was ist denn schon großartig passiert? Ein drogensüchtiger Schauspieler ist vom Dach gestürzt. Na und? Schlucken die nicht alle beim Theater irgendetwas? Gut, eine Studentin ist zusammengeschlagen worden. Aber wer weiß, vielleicht hat das Luder auch provoziert. Man weiß doch, wie die jungen Dinger heutzutage sind. Kommissar Hansen, vertrauen Sie mir. Ein toter Vierbeiner allein rechtfertigt den ganzen Aufwand nicht, den Sie da treiben.«
     
    Diese unqualifizierte, gewaltverniedlichende Einschätzung ließ Hansen fast ausrasten. Schließlich lebten sie in einem Rechtsstaat. Doch was konnte er schon gegen diesen Blödmann ausrichten?
    Magnussens Stimme wurde bissig. »Hören Sie mir gut zu, Hansen. Ich bin erst frisch ins Amt gesetzt, und die neue Regierung kann sich zu diesem frühen Zeitpunkt keine Hängepartien leisten. Für die Bester werden wir ein paar Nebelkerzen werfen, damit sie ihre Windmaschine anstellen kann. Sie lassen jetzt mit großem Tamtam die Wohnungen von Vater und Tochter Kramer durchsuchen. Irgendetwas werden Sie schon finden, buddeln Sie nur lange genug in den privaten Dingen herum. Jeder Mensch hat schließlich mehr oder weniger Dreck am Stecken, und dann haben wir vor der Öffentlichkeit unsere Pflicht und Schuldigkeit getan. Ich will den Fall unbedingt vom Tisch gekommen. Haben Sie mich verstanden?«
    Laut und deutlich. Hansen wollte sich aus dem Telefonat herausziehen, doch sein Direktor war noch längst nicht fertig mit seiner Standpauke.
    »Schluss mit lustig, Hansen. Ab nächster Woche habe ich neue Aufgaben für Sie. Kommen Sie Montagmorgen zu mir, Ort und Zeit dürften Ihnen ja noch von letzter Woche bekannt sein.«
    Der nächste Spaßtermin. Doch es sollte noch schlimmer kommen.
    »Ach so, Oberkommissar Stüber werde ich übrigens demnächst von Ihnen abziehen. Nicht, dass Sie sich darüber wundern. Das ist ein interessanter Mann mit guten Beziehungen in die Kieler Hotellerie hinein. Sie scheinen sich ja leider für meine Partei zu schade zu sein.«
    Mitten im Abschiedsgruß wurde die Verbindung unterbrochen. Es war Magnussen, der aufgelegt hatte. Nichts gegen Stüber, aber ob dessen Beziehung zu der Witwe Eilenstein Magnussens Partei zu Durchbrüchen in der Wählerquote verhelfen konnte, das erschien Hansen mehr als zweifelhaft.
    Hansen wurde vom Tankwart aufgeschreckt, der ihm jetzt den Kaffeebecher entgegenhielt. Hansen nahm ihn dankend entgegen und verzog sich zu einem kleinen Stehtisch in der Ecke des Verkaufsraumes, von dem aus er das Tankstellengelände und die Kreuzung am Knooper Weg gut einsehen konnte. Vorsichtig führte er das Heißgetränk an seine Lippen.
    Diese stark frequentierte Tankstelle war ein wundersamer Ort an einem Nabel der Welt, an dem quirliges, noch nicht gänzlich von Zeitautomaten erfasstes studentisches Leben von dem stumpfen, hastigen Dienstleistungsstreben biederer Geschäftsleute gedämpft wurde, die vermutlich auf der Jagd zur nächsten Provision waren. Abgerundet wurde das Bild durch zur Kasse hastende Banker in dunklen Anzügen, die in krassem Kontrast zu den bierholenden Schluckspechten standen.
    Zur Verärgerung von Hansen wurde seine Sicht jedoch unvermittelt durch einen verschmutzten, schäbigen Kleinbus versperrt. Soweit er es einschätzen konnte, musste es sich um einen alten Ford Transit handeln. Die verdreckten Scheiben ließen keine Durchsicht zu, nicht nur wegen der dahinter zugezogenen Vorhänge. Es war zu vermuten, dass die Grundfarbe des betagten Transits weiß sein konnte, doch die dicke Staubschicht auf dem Lack ließ keine weiteren Schlüsse zu.
    Der Tankdeckel schien sich für die örtlichen Gegebenheiten offensichtlich auf der falschen Seite zu befinden,

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