Friesenschnee
Pension.«
Stuhr entschied sich, darauf schlicht nichts zu sagen und trotzig zu blicken. So einfach würde ihn dieser Winkeladvokat nicht zu fassen bekommen.
Trutz schien einzusehen, dass hier nichts mehr zu bewegen war. Er blickte kurz auf die Uhr, hob noch einmal kurz grüßend die Hand und begab sich zurück zu seinem Fahrzeug. Mit aufheulendem Motor jagte er davon.
Stuhrs Mobiltelefon vibrierte. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wer das sein konnte. Nein, er würde Jennys Anruf jetzt nicht annehmen. Wie paralysiert blickte er den kleiner werdenden Rücklichtern der Limousine von Trutz hinterher.
Es war zum Kotzen. Kaum hatte er die Sache mit Jenny halbwegs wieder auf die Reihe bekommen, da hatte dieser habgierige Geier alles wieder zerstört. Es war kein schöner Gedanke, sich auf das Wiedersehen mit Jenny zu freuen. Nachdenklich hob Stuhr vorsichtig sein Rennrad über die Mauer zurück auf die Straße. Er stieg aber nicht auf den Sattel, sondern schob den Drahtesel am Lenker in Richtung Forstbaumschule.
Wieder vibrierte es in seiner Hosentasche, dieses Mal allerdings in einem anderen Rhythmus. Es musste sich um eine Textnachricht handeln. Hatte ihm Jenny die Freundschaft auf diesem Wege schriftlich aufgekündigt oder ihm bereits ein Foto von seiner brennenden Wohnung gesendet?
Stuhr beschloss, das Vibrieren einfach zu ignorieren. In dieser Situation galt es, standhaft zu bleiben und optimistisch nach vorne zu blicken, wenngleich seine Gedanken ähnlich finster waren wie die dunklen Schatten der Bäume und Sträucher, welche die Parklaternen auf die Rasenfläche warfen.
Frostbaumschule hatten sie früher immer aus Spaß zu dieser alten, gepflegten Parkanlage gesagt, wenn sich bei Ostwindlagen die kalte Fördeluft abends auf das Gartenlokal senkte.
Endlich schälte sich aus dem Dunkel seiner Gedanken der einladend bunte Biergarten der Forsti heraus, von dem Gelächter drang. Offensichtlich wurde hier kräftig gebechert. Kurz entschlossen kettete Stuhr sein Rennrad am Geländer der Gastwirtschaft an und betrat den Biergarten. Auf einer kleinen Bühne am Rande begann eine Band, Oldies zu spielen. Wenigstens einmal wollte er seine Sorgen vergessen. Anscheinend arbeiteten alle gegen ihn.
Heute Abend würde er sich in der Forstbaumschule die Kante geben.
Vollzug
Die ganze Nacht hatte sich Kommissar Hansen unruhig hin und her gewälzt. Selbst jetzt im Büro fühlte er sich immer noch wie gerädert. Warum hatte sich Stuhr gestern Abend nicht mehr gemeldet? Wo trieb sich Olli nur herum? Dazu kam eben der Anruf von seinem verhassten Büroleiter Zeise.
»Moin, KoHa, kleiner Weckruf. Der Chef hat wieder einmal Sehnsucht nach Ihnen. Große Lagebesprechung in seinem Amtszimmer. Sofort, hat er gesagt. Also besser hopp, hopp.« Seitdem Zeise Oberwasser beim Chef gewonnen hatte, war er kaum noch zu genießen.
Bedient legte Hansen den Hörer auf. Keine Sekunde hatte er mit dem Hintern auf seinem Stuhl gesessen, und schon musste er zum Vorsingen zum Chef. Das liebte er überhaupt nicht.
Sein Büroleiter schien es dagegen zu genießen, den Überbringer schlechter Botschaften zu spielen.
Die Nummer von Fingerloos tauchte jetzt auf dem Display des Telefons auf, aber Hansen hatte nicht den Nerv abzunehmen. Laut fluchend schlug er mit der Faust auf seinen Schreibtisch, bevor er aufstand und sich auf den Weg zu seinem Chef machte. Mürrisch grüßte er die Kollegen, die auf ein Käffchen der Kantine entgegenstrebten.
Auf der Chefetage erkannte er schon von Weitem die donnernde Stimme des Polizeidirektors. »Verdammt, lauert denn hier unter jedem Vorgang eine Zeitbombe? Fräulein Schönerstedt, wo bleibt Hansen?«
Magnussen schien sich bereits warmgeschossen zu haben, und so durchschritt Hansen mit steinerner Miene die Tür und grüßte Magnussens Sekretärin, die ihn, ihm freundlich zunickend, mit spitzem Zeigefinger ins Chefbüro weiterleitete. Genervt legte er den Rest des Weges zurück. »Hauptkommissar Hansen meldet sich zur Stelle. Stets zu Diensten.«
Der Polizeidirektor musterte ihn von oben bis unten. »Ah, Hansen. Da sind Sie ja endlich. Immerhin haben Sie es in diesem Tollhaus vor meiner Zeit bis zum Hauptkommissar geschafft. Gibt es neue Erkenntnisse bei Ihnen im Fall Halbedel/Kramer?«
Hansen musste zerknirscht verneinen, denn neue belegbare Fakten gab es nicht.
»Kommissar Hansen, die kann es auch nicht geben, weil Sie viel zu oft Dienst nach Vorschrift schieben. Wenn man einen
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