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Friesenwut - Kriminalroman

Friesenwut - Kriminalroman

Titel: Friesenwut - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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wohl am besten, den Sturm
abzuwarten und dann bei aufkommendem Wasser wieder zurückzusegeln – oder
nach Juist? In der Ferne konnte er das neue weiße Bauwerk, das ein Segel darstellen
sollte und als Aussichtspunkt gut geeignet war, sehen. Er blieb.

     
    Es
begann zu tröpfeln. Regen setzte ein, der Wind hatte schon merklich zugenommen,
und jetzt schlug ihm die erste Bö ins Gesicht. Marten wusste – da kam
etwas auf ihn zu. Vielleicht nichts Langanhaltendes, doch auf jeden Fall etwas
Heftiges. Typisch, erst das schönste Wetter und kurze Zeit später brodelte es
in der unteren Schicht der Atmosphäre, als sei die Hölle los. Und abends konnte
man dann wieder einen besinnlichen Sonnenuntergang erleben, wie er schöner
nicht sein konnte. Früher hatte er bei derartigem Wettergeschehen einige Male
mit Tiene am Deich gesessen. Eine Flasche Rotwein dabei … Das war lange her.

     
    Er riss sich wieder
los, seine Gedanken fuhren Karussell mit ihm. Was wäre jetzt das Beste? Er
musste das Segel einziehen, das er im Wind hatte wehen lassen, um besser von
Weitem gesehen zu werden. Jetzt musste es runter, sonst würde es zerreißen.
Niemand würde ihn hier vermuten. Wie lang würde es überhaupt noch hell sein?

     
    Der Regen nahm zu.
Schnell war Martens T-Shirt durchnässt. Er ließ das Segel noch ein wenig oben.
Das war unseemännisch, aber der Dunst über der Wasseroberfläche war immer noch
da, er selbst war nicht gerade ein Hüne und sein Boot zu klein. So war das
Segel die einzige Chance, überhaupt auf sich aufmerksam zu machen. Jeder, der
sich auskannte, würde sehen, dass etwas nicht in Ordnung war. Wild schlug das
Tuch im Wind, selbst ein halbwegs erfahrener Skipper würde sehen, dass hier
einer festlag, Grundsitzer. Marten dachte daran, dass er sich noch heute
Vormittag als erfahrenen Skipper bezeichnet hätte, der zwar längere Zeit nicht
mehr gesegelt war, aber doch Bescheid wusste.

     
    Jetzt
setzte ein starker Schauer ein. Marten bemerkte Blitze am Horizont. Es
grummelte. Im Nu verwandelte sich die friedliche See in wild tosendes Wasser.
Die Temperatur fiel im Minutentakt. Es war plötzlich kalt. Der Sturm nahm zu.
Er musste das Segel einholen, es drückte zu sehr, zumal der Wind sehr beständig
aus einer Richtung kam. Ohne das Boot zu betreten, versuchte er, die Großschot
zu lösen. Er bohrte die Zehen in den Sand und streckte sich, so gut er konnte.
In diesem Moment schlug eine kräftige Bö über das Watt, Marten rutschte weg,
schlug auf die Bootskante auf. Das Boot kippte auf die Seite, so groß war der
Druck auf das Segel. Marten lag noch im Sand, rappelte sich gerade auf, als es
knackte. Er sprang auf und sah noch, wie der Mast sich plötzlich auf ihn
zubewegte, mitsamt Segel. Er wollte ausweichen, es gelang ihm nicht. Als der Mast
endgültig aus seiner Halterung herausbrach, streifte er im Fall Martens Kopf,
knallte auf die Reling und brach. Die Bö legte sich, Regen und starker Wind
blieben. Marten lag neben dem Boot im Sand. Er hatte fürchterliche
Kopfschmerzen, während er sich aus dem Wattmodder aufrichtete. Der Fall auf die
Reling hatte die rechte Seite erwischt, der brechende Mast die linke.
Irgendetwas rann seine linke Wange herunter. Marten tastete danach. Überall
Blut. Sein Kopf dröhnte, die Schläfen pochten. Doch er war sich über seine
missliche Situation im Klaren und schleppte sich über die Reling, ließ sich in
den Bootsrumpf fallen. Jetzt sah er die Schraubzwingen an der Querleiste in der
Mitte des vorderen Teiles des Bootes. Offenbar war Peer dabei gewesen, die
Halterung zu reparieren. Hier war geklebt worden und Marten erkannte, dass die
Halterung nicht richtig verschraubt gewesen und die längs zum Kiel verlaufende
Leiste, in welcher der Mast befestigt wurde, noch gar nicht wieder voll
belastungsfähig war. Und mit diesem Behelf war er losgesegelt. Hatte die
Persenning nach vorne geworfen und damit die nicht beendeten Reparaturarbeiten
wunderbar kaschiert. Das machte sein Versagen unentschuldbar. Eine wässrig-rote
Flüssigkeit rann an ihm vorbei. Der Schnitt im Fuß, die Kopfwunden …
Fassungslos, durstig, voller Wut und mit einem erstmals aufkeimenden Hauch von
Angst blieb er liegen. Er fasste sich erneut an den Kopf, erst links, dann
rechts. Es tat weh. Er sah seine blutverschmierten Finger. Der Regen prasselte
in sein Gesicht, wusch das Blut aus den Haaren und verteilte es im Boot.
Rosarot. Der Mast lag halb im, halb außerhalb des Bootes, nur noch
zusammengehalten

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