Friesenwut - Kriminalroman
seine Masche, schlichte
Sturheit: Ich weiß nichts, und die können mir nichts beweisen. Gut, da irrt er
sich. Sein Motiv: Eifersucht. Vielleicht das stärkste, oft stärker als Geld.«
»Sommer hätte durchaus die
Veranlassung, Aldenhoff an die Gurgel zu gehen. Und Reemts. So ein stilles
Wasser … Der sagt nicht alles, was er weiß. Und seine Frau traut ihm ebenfalls
nicht, das spürt man, wenn man mit ihr spricht. Aber nichts, keine
Anhaltspunkte dafür, dass er an der Unfallstelle hätte sein können. Ich bin
fast sicher, dass er dort war, nur nachweisen kann man es nicht.«
»Meinst du wirklich, ein
unbescholtener Bauer mitten in Ostfriesland ist in der Lage, mal eben jemanden
umzubringen?«
»Er war nicht gerade begeistert
von seinem zukünftigen Schwiegersohn. Und dann verwehrt der ihm auch noch das
Geld, das er braucht, um die Ernte ordentlich einzufahren und neue Kälberställe
zu bauen. Das ist reichlich starker Tobak!«
»Na ja, Tobak vielleicht, aber
reichlich stark? Tja, magst wohl recht haben. Im Moment spricht die Beweislage
jedenfalls eindeutig für Manninga.«
»Ich meine ja nur. Wahrscheinlich
war es eine Affekthandlung. Er war vorher völlig unbescholten, ein ordentlicher
Bundesbürger, Schule, Abi, Studium, Referendariat, dann eine feste Stelle …
Immer seinen Dienst geschoben, fast nie krank, und das als Lehrer …«
»Frau Kommissarin, keine
Vorurteile bitte gegenüber unseren Kollegen des Staatsdienstes!«
»Nein, natürlich nicht! Also,
Manninga hat das mit Sicherheit nie geplant, er hätte sich nicht vorstellen
können, niemals, so etwas zu tun. Das kam aus heiterem Himmel, wie der ganze
Unfall selbst. Ein paar Sekunden, die die Welt verändern. Es passiert einfach.
Vielleicht wollte Manninga wirklich helfen. Läuft zur Unfallstelle, dann entdeckt
er, dass es Aldenhoff ist. Sieht das Auto, den Verletzten, und denkt: So eine
einmalige Chance, das kann dir keiner nachweisen, so wie der jetzt schon
aussieht, und dann ist Freya …«
»… wieder frei wie ein Vogel.
Wieder zu haben, um es mal so zu sagen. Ist doch eine Erklärung, die Hand und
Fuß hat – und die Fakten sprechen dafür. Außerdem muss man
berücksichtigen, dass er stark alkoholisiert war! Das macht so einen
Gedankengang noch einfacher.«
»Das macht was aus, klar. Armer
Kerl, irgendwie tut er mir leid. Ist doch gar nicht verkehrt; die Schule hat
bestätigt, dass er ein prima Lehrer ist, die Schüler sind begeistert. Und
gegenüber den Kollegen nett, loyal, hilfsbereit.«
»Den Job kann er jetzt an den
Nagel hängen. Das ist einer der wenigen, die es schaffen, aus dem deutschen
Beamtendasein gekündigt zu werden.«
»Stolze Leistung! Mann, Mann,
Mann, was auf dem platten Land so alles passiert!«
»Nicht besser als in der Stadt,
was?«
»Holl mi up, nee.«
Die Kommissare Ulferts und Itzenga
sahen einen Moment nachdenklich aus dem Fenster auf die blätterlosen Bäume im
Innenhof, die sich im grauen Nieselregen auf die Winterpause vorbereiteten.
»Und nun?«, Ulferts nahm den
Gesprächsfaden wieder auf.
»Wir brauchen ein Geständnis von
Manninga.«
»Foltern?«
»Blödmann!«, die Hauptkommissarin
stand auf und stellte den Wasserkocher an. Sie wollte ihren Gedanken mit einem
ordentlich aufgebrühten Tee auf die Sprünge helfen.
39
»Und hier hatten wir
dies Jahr Stangenbohnen, herrlich, Frau Itzenga, herrlich. Einen Teil haben wir
immer ganz frisch aus dem Garten geholt, den anderen Teil habe ich aufgehängt.«
»Aufgehängt?«, fragte
Tanja Itzenga leicht irritiert, als sie mit Rehna Reemts durch deren
Gemüsegarten schlenderte. Sie hatte eigentlich ihren Mann befragen wollen, doch
der war auf dem Acker, und Frau Reemts war ihr sehr aufgeweckt begegnet, lud
sie zum Tee ein und forderte die Hauptkommissarin auf, als diese ablehnte,
wenigstens einmal den Garten anzusehen und dabei noch über etwas zu sprechen,
was ihr auf dem Herzen lag. Itzenga nahm das Angebot gern an, da dies einer
dieser Hinweise sein könnte, die zur Aufklärung eines undurchsichtigen Falles
Entscheidendes beitragen konnte. Die Herbstsonne schien, es war für die
Jahreszeit sehr warm. Es war wunderbar, wenn man bedachte, dass man sich mitten
im Herbst befand und dennoch ohne Jacke im Garten arbeiten konnte. Tanja
Itzenga war gerade dabei, einen Gemüsegarten bei sich zu Hause in Aurich
anzulegen, einen kleinen nur, und so gab es eine weitere Motivation, einer
erfahrenen ostfriesischen Marschbäurin beim Rundgang zu
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