Friesenwut - Kriminalroman
schlafen kann. Soll er auch tun.
Aber – er muss etwas mitbekommen haben, meine ich. Es war ungefähr die
Zeit, als alles passierte. Und er war länger weg als sonst … Ich möchte
einfach, dass Sie das wissen, weil …«
»… Ihr Mann gesagt hat, er habe
nichts gehört.«
»Ja, genau. Falls also …«
»Falls?«
Rehna Reemts schien sich sehr
unwohl zu fühlen und sie sah ein wenig verzweifelt aus. Es war mehr als
offensichtlich, dass sie sich lieber über Gartenarbeit und ostfriesische
Gerichte unterhielt. Sie antwortete längere Zeit nicht, bevor sie den Satz
fortsetzte: »… falls Menno doch zur Unfallstelle gelaufen sein sollte.«
»Sie meinen, er war dort?«
»Keine Ahnung, er sagt nichts. Ich
weiß es nicht. Das ist es ja, was mich so … bekümmert. Wenn es so war, dann
finden sie es früher oder später eh heraus. Man kennt das doch, ein Haar, ein
bisschen Stoff von einem Kleidungsstück, und schon ist man überführt …«
»Stoff von einer Jacke,
allerdings. Oder ein Fußabdruck!«
Rehna sah die Hauptkommissarin
entgeistert an.
»Stoff? Fußabdruck?«
Die Hauptkommissarin erklärte ihr
den Grund der Ermittlungen und die Vermutungen, die die Polizei anstellte,
seitdem die Fußabdrücke, die sich am Unfallort befanden, identifiziert worden
waren.
»Die Stiefel von Menno habe ich
Ihnen doch gezeigt, neulich, oder Ihrem Kollegen!«, wunderte sich Reemts.
»Zwei Paar. Vielleicht hat er
mehr?«
»Das wüsste ich, allerdings …«
»Allerdings?«
»Er hat ein Paar aus Pewsum
mitgebracht, Sonderangebot, im Supermarkt, da bei …«
»Und wo ist es? Das Paar Stiefel,
meine ich?« Sie wusste es, wollte es aber nochmals bestätigt haben, allerdings
tat ihr die Frau den Gefallen nicht. Oder wusste sie es wirklich nicht?
»Er sagte, er habe sie vergessen,
nach der letzten Treibjagd, bei … bei wem denn noch?«
»Frau Reemts, das ist jetzt nicht
ganz unwichtig. Den Namen brauchen wir.«
»Ich werde Menno fragen. Frau
Itzenga, ich will eigentlich nur sagen, dass, ja, also dass Menno, wenn er dort
war, bestimmt nicht, nein, mit Sicherheit nicht Alex Aldenhoff erwürgt hat.
Menno kann schon wütend werden, ja, aber so etwas würde er niemals tun!« Rehna
sah seit der Wende im Gespräch der beiden Frauen – von updrögt Bohnen über
Speckfetten-Grau-Arten zum Würgemord – zunehmend elender aus.
»Sie trauen es ihm nicht zu?«
»Um Gottes willen, nein!«, rief
Rehna.
»Hatte er nicht allen Grund dazu?«
»Er konnte Alex nicht ausstehen.
Aber so etwas, nein, niemals!«
»Wussten Sie …«, einen
Moment überlegte Tanja Itzenga, was sie Freya Reemts Mutter von den
Ermittlungen gegen Alex Aldenhoff sagen durfte oder sollte und was nicht. Sie
beschloss, nur einen Aspekt zu erwähnen: »Wussten Sie, dass Aldenhoff nicht
gerade einen guten Stand hatte bei seiner Bank, wegen – sagen wir –
ein paar ungünstiger Geschäfte?«
»Nicht?«, Rehna Reemts war
sichtlich verblüfft. »Uns gegenüber hat er immer alles sehr positiv
dargestellt. Manchmal fand ich ihn ja ein bisschen zu prahlerisch. Umso weniger
mochte Menno ihn …«, Rehna sah wieder nach unten, dann in Richtung des
Treckers, der am anderen Ende des Ackers seine Furchen zog.
»Da hat er wohl übertrieben. Er
hatte keinen guten Stand. Das macht den Fall für uns nicht gerade einfacher.
Ihr Mann, Frau Reemts, wenn er nicht klipp und klar sagt, was er in der
Unfallnacht getan hat, dann zählt er zum Kreis der Verdächtigen.«
»Oh nein! Frau Itzenga, ich habe
Ihnen das im Vertrauen gesagt. Ich habe darum gebeten. Und es zeigt allenfalls,
dass er so etwas nicht tun würde. Das wollte ich nicht, Sie dürfen mich nicht
falsch verstehen! Ich wollte Ihnen sagen, dass er das nicht tun würde! Ich bin
mir selbst nicht sicher, ob er am Unfallort war. Es sind nur Vermutungen. Ich
wollte Ihnen helfen und ich habe Angst. Er hat sicher nichts getan. Am besten
sage ich nichts mehr, Sie legen es ja doch nur zu unseren Ungunsten aus«, Rehna
Reemts flüsterte nur. Sie hatte sich das Gespräch mit der Hauptkommissarin
anders vorgestellt. Sie dachte, so von Frau zu Frau … Sie konnte einfach nicht
mit Unwahrheiten leben. Das war schon immer so gewesen. Und zum ersten Mal in
ihrem Leben hatte sie eine Ahnung, dass ihr Mann ihr gegenüber nicht die
Wahrheit sagte. Doch es war nur eine Ahnung.
»Frau Reemts, es war
schon richtig, mich darauf anzusprechen. Ihr Mann könnte im Affekt …«
Rehna Reemts wurde blass, hielt
sich am Zaunpfahl
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