Friesenwut - Kriminalroman
fest.
»Sagen Sie so etwas nicht, Frau
Itzenga. Das ist völlig unmöglich. Ich habe nichts gesagt. Gar nichts. Am
besten gehen Sie jetzt!«
Typische Reaktion, dachte Tanja
Itzenga, doch eventuell war die sanfte Tour jetzt die bessere Strategie?
»Frau Reemts, Entschuldigung, es
ist nichts bewiesen. Bitte verstehen Sie, dass ich allen Hinweisen und
Vermutungen nachgehen muss. Die einzige Person, die Ihren Mann entlasten kann,
ist er selbst. Nur die Wahrheit kann ihm weiterhelfen! Wenn er also am
Unfallort war, dann muss er es sagen.«
»Das wird er nicht tun.«
»Er muss es.«
»Er ist ein wahnsinniger Dickkopf.
Mit all den guten und schlechten Seiten, die wir alle haben. Wenn de sück wat
in’n Kopp sett, denn kummt dor keeneen bi hum dran! Und – er würde doch
Ihre Verdächtigungen nur bestätigen!«
Tanja Itzenga tat die
Bäuerin leid. Sie war sichtlich durcheinander, hatte Angst, ihr Mann könnte
etwas mit der Geschichte zu tun haben, konnte sich jedoch nicht vorstellen,
dass er, ihr Menno … Die Hauptkommissarin überlegte, ob sie das Ehepaar Reemts
noch zappeln lassen sollte. Vielleicht kämen so neue Fakten ins Spiel. Sagen,
dass der Hauptverdächtige schon in U-Haft saß, das wollte und durfte sie zu
diesem Zeitpunkt nicht. Gleichwohl würde es nicht lange dauern, bis es bekannt wurde.
Rehnas Blick ging indes in die Ferne, über den frisch gepflügten Acker, an
dessen Ende ihr Mann jetzt gerade den Vier-Schar-Volldrehpflug und den Trecker
wendete, um dem Abschluss seines Tagwerks noch ein Stück näher zu kommen. Tanja
Itzenga wollte sich gerade verabschieden, als sie bemerkte, dass der Trecker
plötzlich mit angehobenem Pflug beidrehte und direkt auf die beiden Frauen
zufuhr. Es dauerte nicht lang, bis Menno Reemts am Rand des Grundstückes
angelangt war. Er stellte den Motor nicht ab, kletterte aus der Kabine und
schritt mit sichtlich verärgertem Gesicht auf seine Frau und die
Hauptkommissarin zu.
»Was gibt es denn hier zu
beraten?«, fragte er mit deutlichem Missfallen.
»Ich hatte eigentlich mit Ihnen
sprechen wollen«, begann Tanja Itzenga, »da Sie jedoch auf dem Acker waren, hat
mich Ihre Frau eingeladen, den Garten anzuschauen.«
»Den Garten anschauen, wie nett!«,
nahm Menno die Situation nicht ernst und ergänzte:
»Sie haben sich wohl kaum nur über
Kartoffeln, Bohnen und Petersilie unterhalten?« Er musterte zunächst seine
Frau, dann die Polizistin.
»Nun, natürlich spielten die
Geschehnisse der letzten Tage eine Rolle«, versuchte Itzenga, die Gereiztheit
aus der Atmosphäre zu nehmen, die von Menno ausging.
»Wir hatten alles gesagt, was zu sagen
war, oder, Rehna?«
»Ja, natürlich. Um mehr ging es
nicht«, sie blickte ihren Mann ein wenig scheu an.
»Ich wollte mich nur vergewissern,
ob Ihnen nicht doch neue Aspekte eingefallen sind, die etwas mehr Klarheit
geschaffen hätten«, versuchte Tanja Itzenga, ihre Gesprächspartnerin zu
unterstützen. Menno Reemts schien es gar nicht zu gefallen, dass die beiden
Frauen sich allein unterhalten hatten.
»Und?«
»Ihre Frau sagte ja bereits:
nichts Neues!«
»Dann ist doch alles in bester
Ordnung«, Menno sprach diese Worte so aus, dass jeder verstand: Also beenden
wir nun den Gartenplausch.
»Sicher. Ich wollte sowieso gerade
gehen. Ich verstehe das so, dass Sie nichts mehr hinzuzufügen haben, Herr
Reemts?«
»Ganz und gar nichts!«, machte
Menno deutlich und betonte noch einmal: »Es ist alles gesagt, aus unserer
Sicht, nicht wahr, Rehna?«
»Ja, sicher«, pflichtete sie ihrem
Mann bei.
Tanja Itzenga verabschiedete sich.
Was sollte sie von diesem Gespräch halten? War der Fall nicht gelöst? Morgen
wollte Ulferts mit den Kollegen ein wenig Geburtstag feiern, in der
Dienststelle. Der Polizeipräsident hatte sich angekündigt, der sicherlich ein
paar offizielle Worte über die Aufklärung des Falles verkünden würde. Eilsen
hatte sich tatsächlich schon eine Belobigung für den Kollegen Ulferts
zurechtgelegt, das wäre doch nett, so zum Geburtstag.
40
Polizeipräsident
Eilsen prostete der Hauptkommissarin Tanja Itzenga zu. »Gute Arbeit, letztlich
sehr gute Arbeit, Frau Kollegin. Was lange währt, wird endlich gut, sozusagen …
Zunächst ein wenig Wildwuchs, aber dann doch die gezielte polizeiliche Arbeit,
die zum Erfolg führt. Sehr gut!« Die Zuhörenden sahen aus, als sehnten sie
schon jetzt das Ende der Rede herbei.
Von wegen Wildwuchs, was hättest
du denn gemacht?, dachte die Hauptkommissarin.
Weitere Kostenlose Bücher