Frisch geküsst, ist halb gewonnen
Morgen, Dad“, sagte sie. „Mir geht es gut. Und dir?“
„Für diesen Bullshit bin ich zu beschäftigt.“ Er wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht. „Und?“
„Sehr feinfühlig. Ja, ich kann sehen.“
„Gut. Du wirst einen Anruf von einem Mann bekommen, mit dem ich zusammenarbeite. Er heißt Bill. Stell mir jetzt keine lächerlichen Fragen wie ‘Ist er süß?’. Woher sollte ich das wissen? Er ist ein Geschäftsfreund, und ich muss sicherstellen, dass er im Moment glücklich und zufrieden ist. Also wenn er dich fragt, sagst du Ja, verstanden?“
Sie war nicht mal überrascht. Nach all den Jahren konnte sie ihrem Vater endlich nützlich sein.
„Ich hab dich verstanden“, sagte sie kühl. „Aber ich werde auf keinen Fall mit ihm ausgehen.“
„Natürlich wirst du das.“ Jed überragte sie um einen ganzen Kopf. Er schaute auf sie herunter. „Das ist wichtig, Izzy. Die Dinge stehen schlecht, und du bist mir was schuldig.“
„Wofür? Dafür, dass ich geboren wurde? Ich denke nicht, dass das für dich sonderlich anstrengend war. Also nein. Ich bin dir gar nichts schuldig.“
Jed plusterte sich auf wie eine verwirrte Krähe. „Ich hab dich aufgezogen.“
„Du hast Kindermädchen bezahlt, mich aufzuziehen, und mich so ziemlich mein ganzes Leben lang ignoriert.“ Sie zeigte auf die Tür. „Geh jetzt bitte.“
„Ich werde nicht eher gehen, bis du mir versprochen hast, Bills Anruf anzunehmen.“
„Das ist es doch gar nicht, was du willst. Du willst, dass ich mit ihm ins Bett gehe.“
„Warum nicht? Du hast doch auch mit jedem anderen geschlafen.“
Wut baute sich in ihr auf. Sie wusste, dass ein Teil daher stammte, ihr Leben lang von ihrem Vater ignoriert worden zu sein. Aber ein anderer großer Teil kam von der Sache mit Nick. Der Verrat brannte immer noch in ihr und vermischte sich mit ihrem Ärger.
„Ich bin nicht deine Hure, die du für deine Zwecke auf den Strich schicken kannst.“ Sie sprühte vor Wut und funkelte ihren Vater zornig an. „Ich werde es nicht tun.“
„Den Teufel wirst du. Treib es nicht zu weit, kleines Mädchen. Die Konsequenzen werden dir nicht gefallen.“
„Hör auf, mir zu drohen.“
„Du bist meine Tochter. Ich tue, was immer ich will.“
„Ich glaube nicht.“
Sie reagierte, ohne nachzudenken. Vielleicht hatte es sich schon seit Jahren in ihr angestaut. Vielleicht glaubte sie in ihrem Herzen, dass er es verdiente. Vielleicht lag es auch einfach nur an Nick. Was für einen Grund es auch immer hatte, sie holte aus und verpasste Jed eine Ohrfeige.
Der Aufprall schickte einen stechenden Schmerz durch ihren Arm, aber das war es wert, fand sie, als er zurücksprang und aufschrie. Blut tropfte von einer Wunde, die ihr Ring gerissen hatte.
„Du Schlampe.“
„So bin ich.“ Izzy unterdrückte den Drang, ihre Hand auszuschütteln. Stattdessen öffnete sie die Tür. „Du gehst jetzt besser.“
Er holte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und tupfte sich damit den Riss in der Wange. Dann fluchte er wieder. „Das war’s. Für mich bist du jetzt gestorben, kleines Mädchen. Ich werde dir nicht einen Penny hinterlassen.“
„Als ob du das je vorgehabt hättest.“
Er sagte nichts. Stattdessen stolzierte er zur Tür hinaus und den Gehweg hinunter.
Izzy schloss die Tür hinter ihm und lehnte sich gegen die harte Oberfläche. Ihr Herz brauchte ein paar Minuten, um sich zu beruhigen, aber als es so weit war, war sie überrascht, wie viel besser sie sich insgesamt fühlte. Vielleicht hätte sie ihren Vater schon vor Jahren ohrfeigen sollen.
Norma redet zwar nicht mehr mit mir, aber wenigstens ist sie nicht auch gegangen, dachte Nick dankbar, als er von der Küche in sein Büro ging. Anders als Aaron, den er seit Tagen nicht mehr gesehen hatte.
Die Kinder, die morgen kommen sollten, würden also was Warmes zu essen bekommen. Das war gut, denn viel mehr stand noch nicht fest. Er hatte länger als erwartet dafür gebraucht, das Reinigungspersonal zu beauftragen, was vor allem daran gelegen hatte, dass er Aarons Archivierungssystem nicht verstand und über zwei Stunden nach der Telefonnummer gesucht hatte. Rita sprach auch nicht mit ihm, aber sie würde dafür sorgen, dass die Pferde parat standen. Das war ja immerhin etwas.
Das Haus war ihm nie größer oder leerer vorgekommen. Bevor Aaron zu ihm gekommen war, hatte er ein paar Jahre alleine hier gelebt. Damals hatten ihm die Stille und die Einsamkeit gefallen. Aber heute nicht mehr. Jetzt lasteten
Weitere Kostenlose Bücher