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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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zeigt Mobilität bei den Tätigkeiten vor dem Schlafen. Das habe ich Rudi natürlich nicht gesagt.
     
    Selbst Claudia hat aufgehört zu schreien. Es scheint, auch sie ist entsetzt von dem, was sie hier zu sehen bekommt. Inge hingegen meint, Claudia rieche die Muttermilch, und schiebt noch schnell einen klitzekleinen Vortrag über die erheblichen Vorteile von Muttermilch gegenüber Flaschennahrung hinterher: »Du züchtest dir eine Allergikerin mit fehlendem Urvertrauen heran, ich hoffe das hast du bedacht … « Das Schlimme: Vieles von dem, was sie mir da erzählt, stimmt wahrscheinlich, aber ich wollte schlicht
nicht stillen. War bestenfalls das, was man als unentschlossen bezeichnen könnte. Meine Schwester hat sich damals direkt bös aufgeregt: »Mutti hat uns auch gestillt. Und ich habe die Desdemona selbstverständlich auch ein halbes Jahr gestillt. Das sind Traditionen. Und du trittst sie mit Füßen.« Schweres Atmen und bedeutungsvoller Räusper. Birgit, meine Schwester, hat stellenweise wirklich Sinn für Dramatik. Die Tradition mit Füßen treten. Als wäre ich die Erste im Schnidt-Klan, die zum Islam übertritt, ab jetzt verschleiert durchs Leben rennt oder Ostern kein morgendliches Eierdotzen beim Frühstück mehr macht. Nach ihrem salbungsvollen Vortrag war ich dann erst recht lustlos, was das Stillen angeht. Endlich war mein Moment gekommen, und ich konnte mich mal gegen meine große Schwester auflehnen. Miss »So macht man alles richtig« und Miss »Hier geht’s lang« und Miss »Wo ich bin, da ist vorne«. Nach meinem Nein war sie nur noch Miss »Dumm gucken mit offenem Mund«. Ätsch. Außerdem bin ich tief in meinem Inneren eine erbärmliche Egoistin, die ihre Brüste am liebsten für sich hat. Oder für ein paar Auserwählte in meinem Alter. Nicht zuletzt gefiel mir der praktische Gedanke, dass Christoph dann auch mal aufstehen und unsere Tochter verpflegen kann. Was er allerdings eher selten tut. Weil er angeblich nichts hört. Nachts veranstalten wir regelrechte Wettkämpfe, bei denen beide beteiligten Parteien aber so tun, als wären sie nicht am Start. Das Szenario ist folgendes: Claudia schreit. Ich warte, liege still und hoffe, Christoph steht auf und macht ein Fläschchen. Er stellt sich tot. Wer zuerst mangels Geduld aufgibt oder das meiste Mitleid hat, steht auf und hat den Wettbewerb damit leider verloren. Meistens bin ich es. Ich werde vom Schreien nämlich
sofort wach. Christoph kann es perfekt in seinen Schlaf integrieren. Ich glaube, er hört es manchmal wirklich nicht. »Dann weck ihn, weise ihn auf seine Vaterpflichten hin«, hat mich meine Freundin Heike aus München ermahnt. »Wenn du jetzt schwächelst, prägt das die Arbeitsaufteilung für die nächsten Jahre.« Sie hat Recht, wie meistens, und ich habe es auch zwei-, dreimal probiert. Das mit dem Wecken. »Christoph, deine Tochter ist wach. Ich glaube sie hat Durst oder will ein bisschen Wohnungs-Sightseeing machen«, habe ich ihn sanft an seine vorgeburtlichen Versprechungen erinnert. Bis der wach war oder jedenfalls nicht mehr hartnäckig so getan hat, als ob er noch schliefe, das hat gedauert. Und dann war er richtiggehend beleidigt. »Was soll denn das, du warst doch eh wach. Was bringt das jetzt, dass ich auch noch mitten in der Nacht senkrecht im Bett stehe. In der Zeit hättest du sie doch schon längst gefüttert. Moin muss ich für Recht und Gesetz kämpfen. Und ich kann’s dir doch eh nie recht machen.« Da ist leider was dran. Nicht an dem Recht-und-Gesetz-Gesülze, aber es stimmt, ich habe Schwierigkeiten, entspannt im Bett liegen zu bleiben, wenn Christoph sich zwei Zimmer weiter einen abwurschtelt. Obwohl ich insgeheim den Verdacht habe, dass er sich genau deshalb so doof anstellt. Damit ich angeschlurft komme, motze, ihm Claudia abnehme und er dann wie der aufopferungsvolle, aber verschmähte Superpapi wieder unters warme Plumeau kriechen kann. Dabei weiß ich natürlich, dass solches Verhalten grob fahrlässig ist und man sie machen lassen muss. Ihnen was zutrauen. Aber das ist leicht gesagt mit dem Zutrauen, gerade wenn man den Kerl kennt. Außerdem neige ich zu dem typisch weiblichen Gefühl, nur ich könnte alles perfekt und kindgerecht erledigen.
Wie sagt meine Mutter immer so schön: »Eine Mutter ist eben eine Mutter, Emanzipation hin oder her.« Jetzt zitiere ich schon meine Mutter. Nicht mehr lange, und ich rede den gleichen Mist.
     
    »Was ist jetzt, soll die verhungern, deine Süße«, reißt mich

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