Frisch gemacht!
siebe Berge zu meim Zwerg.« Das ist einfach zu viel verlangt, finde ich, und Christoph fügt sich. Er hätte das seinen Eltern zugemutet. »Warum nicht, so viel haben die als Rentner doch nicht zu tun, und Erholung brauchen die doch auch keine, wovon denn auch?«, fragt er spitz. Dass sie sich wahrscheinlich immer noch von seiner Aufzucht erholen müssen, spare ich mir als Kommentar. Ich tue mich schwer damit, Claudia auch nur zwei Wochen nicht zu sehen. »Ich glaube, das schaffe ich nicht«, gebe ich ihm zu bedenken. »Das halte ich nicht aus. Ohne die Maus.« »Dann musst du dich eben kümmern«, ist seine pragmatische Schlussfolgerung, und er ist raus aus der Verantwortung. Erleichtert. Jetzt ist es mein Problem. Er hätte ja eine Lösung gehabt. Wenn ich sie nicht will, muss ich sehen, wie ich klarkomme. Unverschämtheit. Ich hatte eher an eine gemischte arbeitsteilige Lösung gedacht. Zweieinhalb Tage er, zweieinhalb Tage ich. Eine völlig abwegige Idee, findet er. »Du meldest dich krank, und schon ist die Lösung da«, stiftet er mich zum Lügen an. Jetzt langt es aber. Wieso soll ich mich krankmelden? Jeder von uns
nimmt das Kind die halbe Woche. Es ist schließlich das Kind von uns beiden. Jetzt muss ich beharrlich bleiben. Wenn ich kneife, habe ich lebenslang verloren. Man setzt schließlich Standards. »Wir werden sehen«, sagt Christoph. »Werden wir«, denke ich. »Das werden wir«.
Der Sommer kommt und die Ferien auch. Drei Wochen wollen wir wegfahren. Ans Meer. Costa de la Luz. Südspanien. Claudia soll Sand, Strand und Sonne kennen lernen. Leider ist die erste Woche der Krippenferien die Woche, die wir zwei noch arbeiten müssen. Ich nehme Claudia mit in den Sender. Schließlich zahlt sie später die Rente von Will und Konsorten, da wird es ja mal möglich sein, zwei, drei Tage die persönliche Rentenhoffnung live zu ertragen. Ich bin komplett equipt, trage unseren halben Hausstand mit an meinen Arbeitsplatz. Deckchen, Gläschen, Spielzeug und Schnuller. Die Begeisterung der Kollegen hält sich in Grenzen. Giselle ringt sich ein »apart« ab. Was das heißen soll, ist mir schleierhaft. Sagt man apart nicht zu Menschen, die leider nicht hübsch sind? Denen man aber doch was Nettes sagen will? Menschen wie Giselle. Egal, schließlich ist Giselle nun wirklich kein Maßstab, was guten Geschmack angeht. Will ist entgeistert. »Was ist denn das?«, fragt er mich entsetzt. »Ein Kind«, kläre ich ihn auf. »Genauer gesagt, mein Kind. Claudia.« »Und was macht das hier?« Er schafft es noch nicht mal, ihren Namen zu sagen. »Das« nennt er Claudia. »Sie hatte Lust, dich mal in echt zu sehen, nicht nur im Fernsehen«, schmiere ich ihm etwas Honig ums Maul. »So, das hat sie ja nun, dann kann sie ja jetzt nach Hause gehen«, kommt seine wenig charmante Antwort. »Ihre Fahrerin ist leider noch beschäftigt,
oder darf die auch heim?«, erkundige ich mich, so freundlich es geht. »Deine Ironie kannst du dir sparen«, zischt mich der Kinderhasser an. »Wie lange soll das hier denn gehen?«, fragt er weiter. »Solange die Krippe zu ist, muss das hier gehen«, antworte ich. Er schnaubt. »Andrea, zwei, drei Tage von mir aus, aber ab Donnerstag in der heißen Vorsendungsphase ist damit Schluss.« Perfekt. Immerhin: bis Mittwoch kann ich Claudia mitnehmen. Gewonnen. Das Arbeiten mit Kleinstkind ist nicht so einfach. Die Einzigen, die begeistert sind, sind die von der Putzkolonne. Unsere türkische Putzfrau gerät fast in Ekstase. »Sehr hübsche Kind, so freundlisch und groß«, lobt sie meine Tochter. Endlich mal eine, die die wahren Qualitäten von Claudia auf den ersten Blick erkennt. Ich könnte sie küssen. Nie mehr werde ich über schmierige Bildschirme oder staubige Ecken meckern. Bei einer so zauberhaften Person. Claudia mag den Sender nicht besonders. Auf einer Decke den halben Tag auf dem Fußboden zu liegen ist ihr anscheinend zu langweilig. Ich kann’s verstehen, aber nicht wirklich ändern. »Besser als allein daheim«, ermahne ich sie. Von Einsicht keine Spur. Sie fängt an zu jammern. Weinen. Schreien. Tim kommt entnervt in mein Büro. »Wie soll der Mensch bei so was nachdenken, hast du dir das schon mal überlegt?«, meckert er los. »Nein«, sage ich, »denn wie soll ich bei so was überlegen?« Er lacht nicht mal. Humorloser Arschkeks. Ich nehme Claudia auf den Schoß. Das gefällt ihr schon wesentlich besser. Sie wird ruhiger. Tatscht auf die Tastatur. Ein toller Spaß. Auch für die
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