Frisch gemacht!
für ihre vermeintliche Karriere. Als Redaktionsassistentin. Lächerlich. Wäre es nicht so peinlich, wäre es fast lustig.« Ich reagiere nicht. Nur weil er beleidigt ist, muss er mich ja nicht beleidigen. Konservativer Knochen. Trotzdem, bei allem Ärger: Wenn er was von mir will, muss er mich immer noch direkt ansprechen. Auf Second-Hand-Ansprachen via Tochter reagiere ich nicht.
Nach drei Stunden, als Claudia selig schlafend im Bett liegt, probiere ich zaghaft eine Annäherung. Nicht zur Versöhnung, sondern zur Klärung der Lage. Austausch der Standpunkte. Kontroverse Diskussion von mir aus. Ich kann Kritik ab. Jedenfalls theoretisch. Aber – das weiß nun wirklich jede Frau, der Mann an sich drückt sich gerne vor Diskussionen. Da ist Christoph kein bisschen anders als seine Artgenossen. Er sitzt stur vor dem Fernseher. »Morgen bringst du der Trundel ein paar herrliche Blumen mit, und dann verzeiht sie dir sicher sofort. So ergeben wie die dir ist«, schlage ich beherzt vor. »Du kannst ja locker alles auf mich schieben«, ergänze ich noch freundlich. Er guckt kurz in meine Richtung: »Mir verzeihen! Die Trundel. Mir?«, er lacht spöttisch. »Mir?« Ende der Diskussion.
Weitere 20 Minuten Schweigen. Ich zwicke ihn in die Seite. »Du wirst unsterblich sein, mit der Aktion weiß jeder in der Kanzlei, wer du bist«, versuche ich ihn aufzuheitern. Man sollte doch in der Lage sein, auch über sich selbst zu lachen. Ein Irrtum und der Spruch – ein verbaler Fehlschlag. »Danke, Andrea, das weiß jetzt wohl wirklich jeder. Wer ich bin. Und wer meine Tochter ist auch. Schließlich hat sie den gesamten Teppich im Eingangsbereich der Kanzlei dekoriert. Voll gekotzt. Die Flecken werden noch da sein, wenn ich längst in irgendeinem Altersheim davon träume, im nächsten Leben Partner einer Kanzlei zu sein. Einer der Partner hatte etwas Kotze am rechten Schuh hängen, als er in Robe zum Ausgang ist. Toll.« Er holt kurz Luft und guckt, als würde er gleich losheulen. Dann geht’s weiter: »Und jeder weiß jetzt auch, dass ich zu Hause anscheinend gar nichts zu melden habe. Ein Mann, der nicht mal seine eigene Frau im Griff hat, solch ein Mann wird sicher zum Idol werden. Es irre weit bringen in der Kanzlei.« Das scheint mir das Schlimmste für ihn zu sein. Der Gedanke, was die anderen über unsere Hierarchieverhältnisse denken. Aber er ist nicht zu weiteren Gesprächen bereit. Für heute Abend waren das seine letzten Worte. Er entzieht sich weiteren Fragen oder Vorschlägen von mir, indem er ins Bett geht, die Augen zupetzt und so tut, als würde er schlafen. Echt kindisch. Mein latent schlechtes Gewissen schwindet immer mehr. Etwas mehr Größe hätte ich ihm doch zugetraut. Souveränität. Gelassenheit. Und so sehr anstellen muss er sich auch nicht, schließlich hat die Trundel die Hauptarbeit gehabt. Leider ist eins klar: Wenn ich das Programm morgen nochmal durchziehe, lässt der mich einliefern, oder die Trundel kündigt.
Mit mieser Laune, nicht zuletzt wegen meiner Inkonsequenz und dem unguten Gefühl, dass Christoph letztlich doch gewonnen hat, melde ich mich am nächsten Tag in der Redaktion krank. Die spitzen Bemerkungen von Tim überhöre ich. Ich hüstele dreimal und schnuffele das gesamte Telefonat vor mich hin. Wenn schon Lüge, dann so raffiniert wie möglich. Und genau genommen fühle ich mich auch krank. Sogar ziemlich krank. Seelisch. Ich habe einen Schwachkopf als Mann, mit dem ich sogar freiwillig zusammenlebe und der noch dazu der Vater meiner Tochter ist. Ich habe ihn mir selbst ausgesucht, kann die Schuld nicht mal auf meine Eltern schieben, weil sie mich ihm versprochen haben. Alles auf der Welt hat Vor- und Nachteile. Eigene Entscheidung – eigene Schuld. So ist es nun mal.
Christoph hat auch heute Morgen keinen unnötigen Laut von sich gegeben. Keinerlei Konversation. Kein Zeichen von ›Ich will Frieden, lass uns wieder Freunde sein.‹ Statt Tschüs und Abschiedskuss gibt’s ein verächtliches: »Tu, was du nicht lassen kannst, aber denke vorher ausnahmsweise darüber nach. Das macht man mit dem Teil zwischen den Ohren. Dem Gehirn. Denke vielleicht auch an mögliche Konsequenzen deines Handelns.« Er macht ein Gesicht wie der Vorsitzende der Oberlehrerkonferenz. Sauertöpfisch und staatstragend. »Schöner macht das auch nicht«, will ich ihm hinterschreien, aber zu spät, er ist weg. Und ich angeblich krank.
Auch Claudia ist mies drauf. Vielleicht hat ihr der Trundeltag
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