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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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gewisse Fehlgriffe nicht weiter übel. Claudia ist etwas sensibler. Bis ich an diesem kleinen Hintern eine Windel einigermaßen befestigt habe, bin auch ich den Tränen nahe. Claudia heult schon länger. Ein voller Erfolg, unsere Aktion, das kann ja heiter werden daheim. Die Müller-Wurz muß auch ran. Immerhin, es gibt so was wie Gerechtigkeit. Kaum am Wickeltisch, sieht sie das Elend. Uns. Aufgelöst und erledigt. Sie wäre nicht die Müller-Wurz, wenn sie diese phantastische Chance auf Belehrung und Vortrag nicht nutzen würde. Angewidert schnappt sie sich eine der Einmalwindeln, nicht ohne mir von dubiosen Wollfetthosen und Mullwindeln vorzuschwärmen. Und während sie ihr Tiefkühlhühnchen, das ja angeblich ein Sohn sein soll, professionell windelt, erklärt sie mir die ökologischen Folgen des falschen Windelgebrauchs. Schwester Christel rettet mich. Wer hätte gedacht, daß ich der Salzteig- und Lipglosstante noch mal danken würde! Sie unterbricht die Müller-Wurz, fummelt dem Konstantin Samuel David noch mal an seinem Nabelrest rum und scheucht uns dann wieder zurück in unser Zimmer. Melanie, die kleine Tratschner, wird von Christel gewickelt. Ich liege kaum im Bett, da ist sie schon fertig.
    Rasant. »Morgen kommt der Kinderarzt, und Sie, Frau Müller-Wurz, dürfen eventuell heim«, erläutert sie uns noch den nächsten Tag. Wie im Club-Urlaub. Abends hängen die High-Lights des folgenden Tages am schwarzen Brett. Morgen Bingo mit Friederike im großen Saal. Na fein. Der Kinderarzt kommt. Da sind wir aber alle schon bös aufgeregt. Komischerweise wirklich ein bißchen. So eine Untersuchung hat ja was von einem Test. Vorsorge. Wird mein Kind durchkommen? Oder hat es Mängel? Brutale Gedanken. »Ich würde den Damen raten, die Nacht einzuläuten und soviel wie möglich zu schlafen«, empfiehlt Schwester Christel. Und leicht drohend kommt ein »Sie werden Ihre Kräfte noch brauchen« hinterher. »Nachts rumzulungern bringt nichts«, mahnt sie noch mal mit speziellem Blick in meine Richtung. Was will die von mir? Soll ich ihr ewige Bettruhe versprechen. Fest zusagen, daß ich auf keinen Fall nachts mit aufmüpfigen Sonnenstudiobesitzerinnen auf der Toilette eine rauche? Kollektiv brummeln wir der Ordnungshüterin der Station ein »Gute Nacht, Schwester Christel« entgegen und müssen, als sie endlich raus ist, allesamt erst mal richtig rausprusten. Wie sehr eine gemeinsame Abneigung eint, ist immer wieder unglaublich. Jeder äfft die Lipglossliesel noch mal nach, und dann, mittlerweile ist es kurz nach sieben, beschließe ich, echt zu schlafen. Nicht, um Schwester Christel einen Gefallen zu tun, sondern einfach aus Müdigkeit. Und Langeweile.
    Ich werde wach von Geklatsche. Keinem verbalen, sondern schlichtem Händeklatschen. Die Müller-Wurz hockt im Bett und klatscht begeistert in die Hände. »Was geht denn hier ab«, grunze ich wenig liebenswürdig und voll verpennt in ihre Richtung. Ein erstes Einatmen, bewußtes Einatmen klärt die Situation. Meine guten Wünsche für Frau Tratschners Verdauung haben geholfen. Unser Zimmer stinkt erbärmlich, und es sieht glatt so aus, als wäre es Tag. »Ist die Nacht schon rum oder was?« blöke ich, sicherlich nicht irre intelligent klingend, ins Zimmer. »Morgenstund hat Gold im Mund«, kichert Frau Tratschner. Die Nacht war aber flott vorbei. Auch von Claudia habe ich überhaupt nichts mitbekommen. Habe ich mein Kind verhungern lassen? Es einfach überhört? Die Tratschner beruhigt mich. Als könnte sie Gedanken lesen. »Die Schwester Christel hat Ihre Kleine heut nacht mitverpflegt. Sie haben so süß und selig geschlummert, da hat sie Mitleid gehabt.« Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Wollte sie mich nicht wecken, damit ich nicht wieder in nächtliche Versuchungen geführt werde? Oder ist ein Anflug von nettem Charakter über sie gekommen? War ihr klar, daß es schwerer sein könnte, mich zu wecken, als mal eben mein Kind selbst zu füttern? So oder so, eine Nacht am Stück ist etwas Wundervolles. Ein richtiges Geschenk. »Ich will für immer hierbleiben«, denke ich und rolle mich noch mal richtig in meine Decke. So eingekuschelt stört mich auch der fiese Geruch gar nicht mehr so. Irgendwie fühle ich mich sogar erleichtert. Fast schon körperlich. Weil Frau Tratschner endlich konnte. Man wächst halt zusammen in so einem 3-Bett-Zimmer. Trotzdem ist es angenehm, daß Schwester Huberta, die erfreulicherweise anscheinend wieder Tagdienst hat, die Pfanne

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