Frisch getraut: Roman (German Edition)
bewusst, dass ich, sollte eine Reise vonnöten sein, meine Tochter mitnehmen möchte.« Er war sich nicht sicher, doch er glaubte, einen Funken in diesen ernsten Augen wahrgenommen zu haben, die ihn anblickten, als würde der Gedanke ans Reisen sie reizen.
»Ja, Eure Hoheit.«
Clare schrieb noch ein paar Seiten, bevor sie die Arbeit an Der gefährliche Duke , dem dritten Buch ihrer Gouvernanten-Serie, unterbrach. Um neun griff sie zum Telefon. Sie hatte den Großteil der Nacht wach gelegen und sich vor diesem Anruf gefürchtet. Wovor sie am meisten Angst hatte, mehr als davor, die wenigen Erinnerungsstücke an Lonny zusammenzupacken, war der Anruf in Dr. Lindens Praxis.
Sie tippte die sieben Ziffern ein, und als die Sprechstundenhilfe ranging, stieß sie hervor: »Ich hätte gern einen Termin.«
»Sind Sie eine Patientin von Dr. Linden?«
»Ja. Mein Name ist Clare Wingate.«
»Müssen Sie den Doktor persönlich sprechen, oder genügt ein Termin bei Schwester Dana?«
Sie war sich nicht sicher. Sie hatte das noch nie gemacht. Sie öffnete den Mund, um es einfach auszuspucken. Es einfach zu sagen. Ihre Kehle wurde trocken, und sie schluckte. »Ich weiß nicht.«
»Wie ich sehe, hatten Sie im April Ihre jährliche Kontrolle. Vermuten Sie, dass Sie schwanger sind?«
»Nein … nein. Ich … Ich hab vor Kurzem etwas herausgefunden. Ich habe meinen … nun, ich habe meinen Freund erwischt … Ich meine, mein Exfreund hat mich betrogen.« Sie atmete tief durch und fasste sich an die Kehle. Unter ihren Fingern hämmerte ihr Puls. Das war doch absurd. Warum fiel ihr das so schwer? »Deshalb … muss ich mich testen lassen wegen … Sie wissen schon, HIV.« Ein nervöses Lachen entstieg ihrer trockenen Kehle. »Ich meine, ich halte es nicht für wahrscheinlich, aber ich muss es sicher wissen. Er hat gesagt, er hätte mich nur das eine Mal betrogen und sich geschützt, aber kann man einem Betrüger wirklich trauen?« Du meine
Güte. Erst Stottern, dann Schwafeln. »So bald wie möglich, bitte.«
»Ich schaue mal nach.« Am anderen Ende der Leitung war das Klappern einer Tastatur zu hören, und dann: »Wir geben Ihnen den nächstmöglichen Termin. Ich habe am Donnerstag eine Absage bei Dana. Ist Ihnen 16.30 Uhr recht?«
Donnerstag. Noch drei Tage. Das war eine Ewigkeit. »In Ordnung.« Es herrschte Stille in der Leitung, und Clare zwang sich zu fragen: »Wie lange wird es dauern?«
»Der Test? Nicht lang. Sie bekommen die Ergebnisse, noch bevor Sie die Praxis verlassen.«
Als sie auflegte, lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück und starrte auf den Computermonitor. Sie hatte der Sprechstundenhilfe die Wahrheit gesagt. Sie glaubte wirklich nicht, dass Lonny sie einer Gefahr ausgesetzt hatte, doch sie war erwachsen und musste Bescheid wissen. So oder so. Ihr Verlobter hatte sie betrogen, und wenn sie ihn mit einer Frau im Wandschrank ertappt hätte, hätte sie diesen Anruf ebenfalls getätigt. Betrug war Betrug. Und trotz Sebastians Versuchen, sie zu trösten, machte die Tatsache, dass sie keine männliche »Ausrüstung« hatte, das Ganze auch nicht leichter.
Ihre Stirn war angespannt, und sie hob die Hände und massierte ihre Schläfen. Es war noch nicht mal zehn, und sie hatte schlimme Kopfschmerzen. Ihr Leben war ein einziges Chaos, und daran war nur Lonny schuld. Sie musste sich wegen etwas testen lassen, das sie das Leben kosten konnte, dabei war nicht mal sie diejenige, die in der Gegend rumgevögelt hatte. Sie war monogam. Immer. Sie hüpfte nicht ins Bett mit …
Sebastian.
Sie ließ die Hände in den Schoß sinken. Sie musste es Sebastian
sagen. Bei dem Gedanken platzten ihre pochenden Schläfen fast. Sie wusste nicht, ob sie ein Kondom benutzt hatten, und sie musste es ihm sagen.
Oder auch nicht. Höchstwahrscheinlich würde der Test negativ ausfallen. Sie sollte noch warten, bis sie das Resultat selbst kannte. Wahrscheinlich würde sie es ihm gar nicht erzählen müssen. Wie standen die Chancen, dass er zwischen heute und Donnerstag Sex hatte? Das Bild, wie er sein Handtuch fallen ließ, schoss ihr durch den Kopf.
Sehr wahrscheinlich, folgerte sie und griff nach einer Flasche Aspirin, die sie in ihrer Schreibtischschublade aufbewahrte.
Vier
Das Tonbandgerät neben meinem Schreibblock, schaue ich über den Tisch zu dem Mann, den ich nur als Smith kenne. Um mich herum schwatzen und lachen die Einheimischen, aber es kommt mir aufgesetzt vor, weil sie ein wachsames Auge auf mich und Smith haben.
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