Frisch getraut: Roman (German Edition)
Männer waren, hatten sie nichts gemeinsam. Sebastian war größer, kräftiger und von einer intensiven Testosteron-Aura umgeben. Lonny war kleiner, schmächtiger und hatte im Einklang mit seinen Gefühlen gestanden. Vielleicht war das auch sein Reiz gewesen. Er hatte keine Bedrohung für sie dargestellt. Clare wartete auf die Glocken der Erleuchtung in ihrem Kopf, aber sie läuteten nicht.
Sebastian stellte die Kanne wieder auf die Kaffeemaschine, und Clare richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Tonbandgerät
neben ihrer rechten Hand. »Schreibst du an einem Artikel?«, fragte sie. Als er nicht antwortete, schaute sie auf.
Durchs Küchenfenster strömte Licht über seine Schulter und sein Profil. Es ergoss sich über seine stoppelige Wange und fing sich in seinen Wimpern. Er hob den Becher an die Lippen und beobachtete sie, während er in den Kaffee pustete. »Schreiben? Nicht so richtig. Schon eher immer denselben ersten Absatz tippen und wieder löschen.«
»Du steckst fest?«
»So ähnlich.« Er trank einen Schluck.
»Wenn ich stecken bleibe, liegt es normalerweise daran, dass ich versuche, das Buch an der falschen Stelle anzufangen, oder dass ich es vom falschen Winkel her angehe. Je mehr ich es erzwingen will, desto verfahrener wird es.«
Er ließ den Becher sinken, und sie rechnete fest mit einer abschätzigen Bemerkung über das Schreiben von Liebesromanen. Sie klammerte sich an die Tischkante, wappnete sich und wartete darauf, dass er sie darüber aufklärte, wie wichtig seine Veröffentlichungen doch waren, und ihre als alberne Fantasiegeschichten für gelangweilte Hausfrauen abtat. Verflixt, nicht mal ihre Mutter nahm ihre Arbeit ernst. Weshalb sollte sie ausgerechnet von Sebastian Vaughan etwas Besseres erwarten?
Doch statt mit einer herablassenden Schmährede loszulegen, schaute er sie wieder so an wie eben. Als grübelte er über etwas nach. »Mag sein, aber ich bleibe nicht ›stecken‹. Wenigstens bisher noch nicht, und noch nie so lange.«
Clare wartete ab, was als Nächstes kam, doch er trank nur seinen Kaffee, und sie legte den Kopf schief und schaute ihn an, als verstünde sie ihn nicht.
Jetzt war es an ihm zu fragen: »Was ist?«
»Ich glaube, ich habe gestern erwähnt, dass ich Liebesromane schreibe«, sagte sie schließlich.
Er zog amüsiert eine Augenbraue hoch und ließ den Becher sinken. »Ja. Das hast du erwähnt, zusammen mit der Tatsache, dass du deine sexuellen Recherchen höchstpersönlich durchführst.«
Das stimmte. Verflixt. Er hatte sie dazu provoziert, Dinge zu sagen, die sie jetzt am liebsten wieder zurücknehmen würde. Dinge, die nun auf sie zurückfielen. Dinge, die ihr in der Wut herausgerutscht waren, die sie normalerweise hinter einer gelassenen Fassade zu verstecken gelernt hatte. »Und dir fällt dazu keine einzige herablassende Bemerkung ein?«
Er schüttelte den Kopf.
»Keine einzige schmierige Frage?«
Er lächelte. »Nur eine.« Er drehte sich um und stellte den Becher neben seiner Hüfte auf der Theke ab.
Sie hielt abwehrend die Hand hoch wie ein Verkehrspolizist. »Nein. Ich bin keine Nymphomanin.«
Sein Lächeln verwandelte sich in ein Lachen, und Lachfältchen zerknitterten seine Augenwinkel. »Das ist nicht die schmierige Frage, aber danke, dass wir das geklärt haben.« Er verschränkte die Arme vor seinem zerknautschten T-Shirt. »Die wahre Frage lautet: Wo führst du deine Recherchen durch?«
Clare ließ die Hand sinken. Es gab mehrere Möglichkeiten, auf diese Frage zu reagieren. Sie konnte die Entrüstete spielen und ihm raten, endlich erwachsen zu werden, oder sie konnte sich entspannen. Zwar schien er heute auf Fairplay gepolt zu sein, doch hier hatte sie es mit Sebastian zu tun. Dem Mann, der ihr vorgelogen hatte, sie hätten miteinander Sex gehabt.
»Traust du dich etwa nicht, es mir zu erzählen?«, stachelte er sie an.
Sie hatte keine Angst vor ihm. »Ich hab in meinem Haus eine spezielle Kammer«, log sie.
»Wie ist sie ausgestattet?«
Er wirkte bierernst. Als würde er ihr sogar glauben. »Tut mir leid, aber diese Art von Information kann ich einem Reporter gegenüber nicht preisgeben.«
»Ich schwöre auch, es nicht weiterzuerzählen.«
»Tut mir leid.«
»Komm schon. Ich hab so lange nichts Pikantes mehr gehört.«
»Gehört oder erlebt?«
»Was befindet sich in deiner perversen Sex-Kammer, Clare?«, beharrte er. »Peitschen, Ketten, Schaukeln, Schlingen, Ganzkörperanzüge aus Latex?«
Schlingen? Heiliger Bimbam. »Du
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