Frisch getraut: Roman (German Edition)
abzuschwatzen und aus den Händen zu reißen. Es gefiel ihm zwar nicht unbedingt, aber es war nicht zu leugnen, dass er in den letzten Monaten viel an sie gedacht hatte. Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse. Aus Gründen, die er sich nicht mal annähernd selbst erklären konnte, ging ihm Clare Wingate einfach nicht aus dem Kopf.
»Das schmeckt ziemlich gut«, murmelte sie, als sie ihre Tasse sinken ließ. Er beobachtete, wie sie sich Schokolade von der Oberlippe leckte. Sein Unterleib begann, sich zu regen. »Bleibst du über Weinachten hier?«
Er wollte Clare, und zwar nicht nur als Freund. Klar, er mochte sie, aber jetzt, wo er so nah bei ihr stand, wollte er ihr die Schokolade vom Mund lecken. »So weit hab ich gar nicht vorausgeplant. Heute Morgen war ich noch in Denver und hab Dad angerufen. Er hustete und keuchte, und da hab ich meinen Flug von Seattle nach Boise umgebucht.«
»Er ist erkältet.«
Die Anziehung zwischen ihnen war rein körperlich. Nichts weiter. Er wollte ihren Körper. Jammerschade, dass sie nicht der Typ Frau war, der bereit dazu wäre, sich gegenseitig als Lustobjekt zu benutzen. »Er klang, als würde er keine Luft mehr kriegen«, erklärte er und wollte nicht mal dran denken, was für eine Angst ihm das eingejagt hatte. Er hatte sofort bei der Fluggesellschaft angerufen und sein Reiseziel geändert. Während der fast zwei Stunden, die er nach Boise brauchte, hatte
er sich verschiedene Szenarien vorgestellt, eins schlimmer als das andere. Als er endlich landete, hatte er Magenschmerzen gehabt und im Geiste bereits diverse Särge ausgesucht. Das sah ihm gar nicht ähnlich. »Aber vermutlich hab ich überreagiert, denn als ich ihn vom Flughafen in Boise anrief, hat er in der Küche deiner Mutter Silber poliert und rumgemotzt, er sei im Haus eingesperrt wie ein Kleinkind. Er klang gereizt, weil er sich von mir kontrolliert fühlte.«
Ihre vollen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, und sie lehnte sich mit einer Hüfte an die Theke. »Ich finde es süß, dass du dir Sorgen machst. Weiß er, dass du hier bist?«
»Ich war noch nicht im Herrenhaus. Ich war vom Anblick deines Hinterns abgelenkt, der aus dem Busch ragte«, scherzte er, statt zuzugeben, dass er sich lächerlich vorkam. Wie ein paranoides altes Weib. »Aber er hat bestimmt den Mietwagen gesehen und kommt rüber, sobald er fertig ist.«
»Was hast du in Denver gemacht?«
»Gestern Abend hab ich in Boulder eine Vorlesung gehalten, an der Universität von Colorado.«
Auf ihrer glatten Stirn zuckte eine Augenbraue nach oben, während sie in ihre heiße Tasse pustete. »Worüber?«
»Die Rolle des Journalismus in Kriegszeiten.«
Das Haar fiel ihr auf einer Seite über die Wange. »Klingt interessant«, sagte sie und trank einen Schluck.
»Echt fesselnd.« Er strich ihr das Haar hinters Ohr, und diesmal fuhr sie nicht erschreckt zusammen und packte ihn am Handgelenk. »Ich hab mich für einen Hintergedanken entschieden.« Er ließ die Hand wieder sinken.
Sie legte den Kopf schief und stellte ihre Tasse neben seine auf die Theke. Ihr voller Mund verzog sich missbilligend.
»Keine Sorge. Du musst nur mitkommen, wenn ich ein Weihnachtsgeschenk für meinen Vater suche.«
»Du hast wohl vergessen, was passiert ist, als du ein Geburtstagsgeschenk für Leo verpacken lassen wolltest.«
»Keinesfalls. Ich hab gute fünfzehn Minuten gebraucht, um das ganze pinkfarbene Zeugs von der Angelrute zu schneiden.«
Ihre Missbilligung verwandelte sich in ein zufriedenes Lächeln. »Vermutlich hast du deine Lektion gelernt.«
»Was für eine Lektion?«
»Mich nicht an der Nase rumzuführen.«
Jetzt lächelte er. »Clare, dir gefällt es doch, von mir an der Nase rumgeführt zu werden.«
»Was hast du denn geraucht?«
Statt zu antworten, trat er noch näher. »Als ich dich das letzte Mal an der Nase rumgeführt hab, hast du mich geküsst, als könntest du nicht genug bekommen.«
Sie legte den Kopf in den Nacken und schaute zu ihm auf. »Du hast mich geküsst. Nicht ich dich.«
»Du hast mir praktisch die Luft aus der Lunge gesaugt.«
»Ich hab da ganz andere Erinnerungen.«
Er strich mit den Handflächen an den Ärmeln ihres dicken, unebenen Pullis hinauf. »Lügnerin.«
Zwischen ihren Augenbrauen erschien eine Falte, und sie lehnte sich leicht zurück. »Ich bin dazu erzogen worden, nicht zu lügen.«
»Schätzchen, ich bin mir sicher, du tust vieles, wozu dich deine Mama nicht erzogen hat.« Seine Hände glitten in ihr Kreuz,
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