Frisch getraut: Roman (German Edition)
und er zog sie näher zu sich heran. »Alle halten dich für lieb. Süß. So ein braves Mädchen.«
Sie legte die Hände auf seine Brust und schluckte. Der sanfte Druck ihrer Berührung erhitzte seine Haut durch die blaue Wolle seines Hemds und wärmte seinen Bauch. »Ich bemühe mich eben, ein guter Mensch zu sein.«
Sebastian lachte und fuhr mit den Fingern durch ihr weiches Haar. Mit einer Hand hielt er sie am Hinterkopf fest. »Mir gefällt es, wenn du dich nicht so sehr bemühst.« Er schaute ihr in die Augen und sah das Begehren, das sie so verzweifelt vor ihm zu verbergen versuchte. »Wenn du die echte Clare zum Spielen rauslässt.«
»Ich glaube nicht …« Er küsste sie auf den Mundwinkel. »Sebastian, ich halte das für keine gute Idee.«
»Mach auf«, flüsterte er und streifte mit den Lippen über ihren Mund. »Dann überzeuge ich dich vom Gegenteil.« Nur einmal. Nur eine Minute oder auch zwei. Nur um sicherzugehen, dass er sich nicht irrte, was das letzte Mal betraf, als er sie geküsst hatte. Nur um sicherzugehen, dass er den Kuss in seiner Erinnerung nicht übertrieben hatte, um seinen nicht jugendfreien Fantasien Nahrung zu geben.
Er fing langsam an. Neckend und schmeichelnd. Seine Zungenspitze berührte den Saum ihrer vollen Lippen, und er küsste sanft ihre Mundwinkel. Sie stand völlig regungslos da. Stocksteif, abgesehen von ihren Fingern, die sich vorn in sein Hemd krallten. »Komm schon, Clare. Du willst es doch auch«, raunte er knapp über ihrem Mund.
Ihre Lippen öffneten sich, und sie atmete ein, sog seinen Atem tief in ihre Lunge. Seine Zunge berührte das Innere ihres heißen, feuchten Mundes. Sie schmeckte nach Schokolade und dem Verlangen, das sie sich zu versagen versuchte. Doch dann wandte sie ihm das Gesicht zu und verschmolz mit seiner
Brust. Ihre Hände glitten zu seinen Schultern und zu seinem Hals. Sebastian verstärkte den Druck, und sie reagierte mit einem süßen Stöhnen, das sich über seine Haut ausbreitete und seinen Unterleib mit einer glühend heißen Faust packte. Doch als der Kuss richtig gut wurde, klappte die Haustür, und Clare fuhr erschreckt zusammen. Hastig trat sie ein paar Schritte zurück, und Sebastian ließ die Hände sinken. Ihre Pupillen waren geweitet, und ihr Atem ging unregelmäßig.
Sebastian hörte die Schritte seines Vaters, kurz bevor Leo die Küche betrat. »O«, sagte sein alter Herr und blieb auf der anderen Seite des Tisches stehen. »Hallo, Sohn.«
Sebastian war im ganzen Leben noch nie so erleichtert gewesen, dass er ein Wollhemd von Pendleton locker über seiner Hose trug. »Wie geht es dir?«, fragte Sebastian und griff nach seiner Tasse.
»Besser.« Leo schaute zu Clare hinüber. »Ich wusste nicht, dass Sie hier sind.«
Clare lächelte ihr typisches Lächeln und setzte ihren neutralen Gesichtsausdruck auf. »Sebastian hat mir mit den Lichterketten geholfen.«
»Gut. Wie ich sehe, hat er Ihnen etwas Heißes serviert, um Sie von innen aufzuwärmen.«
Ihre Augen weiteten sich entsetzt. »Was?«
Sebastian versuchte, nicht zu lachen – eine halbe Sekunde lang. Dann schallte sein amüsiertes Lachen durch die Küche.
»Kakao mit knackigen Marshmallows mochte er schon immer«, fuhr Leo unbeirrt fort und richtete seine Aufmerksamkeit auf seinen Sohn. »Worüber lachst du?«
»Ach so«, stieß Clare mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung hervor und ersparte Sebastian eine Erklärung. »Kakao.
Ja, Sebastian war so nett und hat Kakao gemacht.« Sie ging ein paar Schritte und griff nach ihrem Mantel. »Ich muss noch die Tischwäsche aus dem Kofferraum holen, und dann war’s das für heute«, verkündete sie und zog sich ihren Mantel über. »Es sei denn, Mutter hat noch mehr Aufträge für mich.« Sie wickelte sich den Schal um den Hals. »Was sage ich da? Natürlich hat sie noch mehr Aufträge für mich. Die hat sie immer.« Sie warf noch einen Blick zurück. »Leo, passen Sie auf sich auf, damit Ihre Erkältung nicht schlimmer wird. Wir sehen uns morgen auf Mutters Party.« Sie schaute Sebastian an. »Danke für deine Hilfe.«
»Ich bring dich noch raus.«
Sie hielt abwehrend die Hand hoch, und ihre blauen Augen weiteten sich entsetzt. »Nein!« Ihr Lächeln geriet ins Wanken, blieb jedoch unumstößlich. »Bleib bei deinem Vater.« Sie schnappte sich ihre Handschuhe und rauschte aus der Küche. Kurz darauf schloss sich die Tür hinter ihr.
Leo warf Sebastian einen verwunderten Blick zu. »Das war seltsam. Ist irgendwas
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