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Frisch getraut: Roman (German Edition)

Frisch getraut: Roman (German Edition)

Titel: Frisch getraut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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dem Abend, an dem er sie geküsst und daran erinnert hatte, wie es war, eine Frau zu sein. Als er das Verlangen tief in ihr neu entflammt hatte, das durch ihre Beziehung zu Lonny fast erloschen war. Sie wusste nicht mit Sicherheit, ob Sebastian die ganze Palette beherrschte, aber er wusste ganz sicher, wie man eine Frau küsste. »Wahrscheinlich seh ich ihn die nächsten zwanzig Jahre nicht mehr.« Leo hatte Thanksgiving bei ihm in Seattle verbracht, und soweit Clare wusste, wollte er auch Weihnachten dort verbringen. Was traurig war. Schließlich hatte Leo Weihnachten stets mit ihr und Joyce gefeiert. Clare würde ihn vermissen. »Ich muss jetzt los«, sagte sie und stand auf. »Ich hab meiner Mutter versprochen, ihr dieses Jahr bei ihrer Weihnachtsfeier zu helfen.«
    Lucy schaute erstaunt auf. »Ich dachte, nach der im letzten Jahr hättest du ihr jede Hilfe verweigert.«
    »Ich weiß, aber sie hat sich über Thanksgiving anständig benommen und nicht mal Lonnys Aspik erwähnt.« Sie griff nach ihrem wollenen Kolani über der Stuhllehne und steckte die Arme hinein. »Es hat sie fast umgebracht, aber sie hat Lonny mit keinem Wort erwähnt. Zur Belohnung hab ich versprochen, ihr zu helfen.« Sie schlang sich ihren roten Schal um den Hals. »Im Gegenzug musste sie mir versprechen, keine Lügen mehr über meine Schreiberei zu verbreiten.«
    »Glaubst du, sie hält ihr Versprechen?«
    »Natürlich nicht, aber sie versucht’s.« Sie schnappte sich ihre rote Krokodilledertasche. »Wir sehen uns am zehnten«, verkündete sie, verabschiedete sich von ihren Freundinnen und verließ das Restaurant.
    Die Temperatur draußen war gestiegen, und der Schnee auf dem Boden begann zu schmelzen. Kalte Luft streifte ihre Wangen, als sie über die Terrasse zum Parkhaus lief. Sie zog ihre roten Lederhandschuhe aus der Jackentasche und streifte sie über. Ihre Stiefelabsätze klapperten über weiß-schwarze Platten, als sie an einem italienischen Restaurant nach rechts abbog. Wäre sie geradeaus weitergegangen, wäre sie direkt im Balcony Club gelandet – dem Lokal, von dem Lonny ihr stets versichert hatte, dass es keine Schwulenbar war. Jetzt wusste sie, dass er sie belogen hatte, genau wie bei vielen anderen Dingen. Und sie hatte ihm nur allzu bereitwillig geglaubt.
    Sie stieß die Türen zum Parkdeck auf und ging zu ihrem Wagen. Beim Gedanken an Lonny schmerzte ihr Herz nicht mehr in der Brust. Was sie vor allem empfand, war Wut. Auf Lonny, weil er sie angelogen hatte, und auf sich selbst, weil sie ihm so verzweifelt hatte glauben wollen.
    Die Temperatur in dem Betonparkhaus war kälter als draußen, und ihr Atem hing wie eine Wolke vor ihrem Gesicht, als sie ihren Lexus aufschloss und sich ans Steuer setzte. Wenn sie so darüber nachdachte, war sie eigentlich gar nicht mehr so wütend. Das einzig Gute, das ihre gescheiterte Beziehung mit Lonny gebracht hatte, war, dass sie dazu gezwungen gewesen war, innezuhalten und ihr Leben gründlich zu betrachten. Endlich. In ein paar Monaten wurde sie vierunddreißig, und sie hatte Beziehungen satt, die von vornherein zum Scheitern verurteilt waren.
    Das offensichtliche Aha-Erlebnis, auf das sie gewartet hatte und das all ihre Probleme auf einen Schlag lösen sollte, war nicht eingetreten. Vor etwa einem Monat, als sie ihre Wäsche zusammengelegt und dabei Springfield Story geschaut hatte, war ihr klar geworden, dass der Grund für das Ausbleiben der großen Erleuchtung der war, dass es nicht nur eine Erklärung gab, sondern mehrere. Angefangen bei ihrem Vaterkomplex mit gleitendem Übergang zu dem unbewussten Wunsch, ihre Mutter zu ärgern oder ihr zu gefallen. Und Clare war mit Männern ausgegangen, auf die beides zutraf. Sie gab nur ungern zu, dass ihre Mutter so viel Einfluss auf ihr Privatleben gehabt hatte, aber es war so. Zu allem Übel war sie auch noch liebessüchtig. Sie liebte die Liebe, und während das ihrer Karriere durchaus zuträglich war, war es ihrem Privatleben nicht besonders förderlich.
    Sie fuhr aus ihrer Parklücke und zur Schranke. Es war ihr leicht peinlich, dass sie erst dreiunddreißig werden musste, um die destruktiven Muster in ihrem Leben zu ändern.
    Es war allerhöchste Zeit, selbst die Kontrolle zu übernehmen. Zeit, den passiv-aggressiven Kreislauf der Beziehung zu ihrer Mutter zu durchbrechen. Zeit, sich nicht mehr in jeden Mann zu verlieben, der ihr Beachtung schenkte. Keine Liebe mehr auf den ersten Blick – nie mehr –, und diesmal war es ihr ernst.

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